Hoher Besuch am Donnerstagnachmittag in der Redaktion der Süddeutschen Zeitung. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kam in die Redaktion, um der Zeitung zum 80. Geburtstag zu gratulieren. Laut Redemanuskript (externer Link, evtl. Bezahlinhalt) würdigte er den Anspruch der SZ, einen freien, aber verantwortungsbewussten Journalismus auszuüben. Das sei, so Steinmeier, "ein Journalismus, der sich der Demokratie und der Menschenwürde zutiefst verpflichtet fühlt".
Der Bundespräsident betonte, dass die Süddeutsche Zeitung die demokratische Öffentlichkeit und die politische Kultur der Bundesrepublik mitgeprägt habe. Wer in diesen Tagen aber mit Mitarbeitern der SZ spricht, spürt nicht unbedingt Partystimmung, trotz des runden Geburtstags.
Angespannte Lage in der Branche – Beispiel Süddeutsche Zeitung
Franz Kotteder ist der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende der SZ. 80 Jahre, das sei eine schöne Zahl und die SZ sei es wert, gefeiert zu werden, erklärt er. "Aber man hat natürlich schon ein bisschen ein mulmiges Gefühl zurzeit."
In der SZ-Redaktion wurden in den vergangenen Jahren Stellen abgebaut, Redakteure wurden mit Altersteilzeitregelungen in den vorzeitigen Ruhestand geschickt. Weitere Stellenstreichungen seien derzeit nicht geplant, teilt die Südwestdeutsche Medienholding, die Muttergesellschaft der SZ, auf Anfrage mit. Vor kurzem hat die Süddeutsche Zeitung auch an anderer Stelle Sparmaßnahmen umgesetzt. Seit Anfang Juni ist die Lokalberichterstattung aus dem Münchner Umland deutlich zurückgefahren worden.
Die SZ ist damit kein Einzelfall, erklärt Klaus Meier, Journalistik-Professor an der Uni Eichstätt. "Das ist ein deutschlandweiter Trend: Lokaljournalismus steht unter massivem ökonomischen Druck." Je dünner eine Region besiedelt ist, desto größer seien die Probleme. Viele Verlage und Medienhäuser sind in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Die gedruckten Auflagen schrumpfen, die Zahl der Digitalabos steigt oft langsamer als erhofft. Außerdem gehen Werbeeinnahmen zurück.
Festgefahrene Tarifverhandlungen in Verlagsbranche
Es gibt bessere Voraussetzungen, um Tarifverhandlungen zu führen. Die Gespräche zwischen Verlegern und Journalisten-Gewerkschaften ziehen sich seit Monaten. Die Stimmung ist angespannt. Für beide Seiten geht es um die grundsätzliche wirtschaftliche Perspektive. Franz Kotteder vom SZ-Betriebsrat ist auch Vorsitzender der Deutschen Journalisten-Union in Bayern. Ihm fehlt die Wertschätzung für die Mitarbeiter in den Verhandlungen. "Wir kritisieren, dass an die Belegschaft immer noch zu wenig gedacht wird", sagt Kotteder. Um eine Zeitung am Leben zu erhalten, brauche man journalistische Qualität, das bedeute ausreichend Mitarbeiter.
Die Gewerkschaften warnen davor, dass eine schlechte Bezahlung dazu führen könnte, dass journalistische Berufe immer unattraktiver werden könnten. Das sei eine Gefahr, denn Medien seien zentral für eine funktionierende Gesellschaft.
Was fordern beide Seiten?
Immer wieder wurde in Redaktionen gestreikt, um in den Tarifverhandlungen Druck auszuüben. Zuletzt Anfang der vergangenen Woche auch bei der Süddeutschen Zeitung. Konkret fordert die Deutsche Journalisten-Union eine Gehaltssteigerung für festangestellte Redakteure von 12 Prozent, der Deutsche Journalisten-Verband 10,5 Prozent – jeweils bezogen auf ein Jahr.
Der Verlegerverband BDZV weist diese Forderungen als völlig überzogen zurück. Sein Verhandlungsführer ist Georg Wallraf. Man würde der Arbeitnehmerseite die wirtschaftlichen Probleme zwar immer ausführlich darlegen, erklärt er. "Dann antworten die Gewerkschaften – wissen wir, aber wir fordern trotzdem", kritisiert Georg Wallraf. Es fehle am Verständnis für die wirtschaftliche Situation.
Der BDZV hatte verschiedene Angebote gemacht, die deutlich unterhalb der Gewerkschaftsforderungen lagen. Außerdem schlug er vor wenigen Wochen einen Neustart der Verhandlungen vor. Der BDZV stellte einen sogenannten Kurzläufer in den Raum. Demnach würden die Redakteure rückwirkend zum 1. Januar 2025 einen monatlichen Festbetrag in Höhe von 100 Euro mehr pro Monat erhalten. Die Laufzeit sollte 15 Monate betragen. Dies lehnten die Gewerkschaften ab.
Wie stehen Chancen für Einigung?
Die Situation ist verfahren. Trotzdem kommen von beiden Seiten Signale, dass die Verhandlungsrunde, die heute Mittag in Hamburg beginnen soll, ein Ergebnis bringen wird. Der Deutsche Journalistenverband verkündete in einer Pressemitteilung, nach monatelangen Verhandlungen und zahlreichen Warnstreiks sei ein Tarifabschluss "überfällig". Und Georg Wallraf vom BDZV erklärte, irgendwann seien beide Seiten ermüdet und die Argumente ausreichend ausgetauscht. Man werde verhandeln – und zwar "Open End".
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