"Ich sag’ immer allen, die neu anfangen auf der Schiene: Sucht euch ein Ventil, sucht euch einen Ausgleich, quasi so eine Art inneren Schienenersatzverkehr," sagt Anke Engelke in der neuen Serie "Boah, Bahn!". Eine Webserie, die von der Deutschen Bahn in Auftrag gegeben wurde und nun in kurzen, knapp zweiminütigen Clips auf dem Youtube-Kanal der Bahn zu sehen ist.
Anke Engelke ging auf die Bahn zu
Anders als man vermuten würde, ist allerdings nicht die Deutsche Bahn auf Anke Engelke zugekommen, sondern umgekehrt: Die 59-jährige Komikerin und Schauspielerin kam auf die Bahn zu – und zwar mit der Idee, ein Praktikum im Zug zu machen. Das sei gar nicht so ungewöhnlich für sie, sagt Engelke im Gespräch mit dem BR, denn sie sei "sehr neugierig", was auch damit zu tun habe, dass sie einst beim Radio gearbeitet habe. Zwölf Jahre sei sie beim damaligen Südwestfunk gewesen und habe da gelernt, "Zustände zu verstehen" und sich "eine möglichst objektive Meinung leisten zu können."
Inzwischen hat Anke Engelke eine Bahncard 100, aber auch die zwölf Jahre beim Südwestfunk sei sie beim Pendeln zwischen Köln und Baden stets mit dem Zug gefahren. Sie habe "also wirklich über viele, viele Jahrzehnte inzwischen beobachten können, was besser geworden ist und was nicht klappt."
Entscheidung für die Serie nach vielen Einblicken
Zur Entscheidung, die Webserie zu machen, kam durch das "Sammeln des Materials" während ihrer Praktikums-Tage bei der Bahn: "Ich habe im Zeitraum eines halben Jahres immer mal wieder einen freien Tag gehabt und konnte dann Einblick finden. Ich hatte eine sogenannte UBK, also eine Unternehmensbekleidung, und bin dann durch die Züge gegangen und habe Fahrkarten kontrolliert." Sie habe im Bistro gearbeitet, aber auch außerhalb des Zuges. Sie habe auch vorne mal mitfahren dürfen, sei in der Logistik und in der Verkehrsleitzentrale gewesen. "Das waren dann so viele Erfahrungen, dass ich gemerkt habe, das muss und möchte ich gerne verwursten."
Im Writer's Room habe sie schließlich mit anderen Autorinnen und Autoren die Serie konzipiert und geschrieben. Dort ist ihr auch die Idee gekommen, Arne Feldhusen, Regisseur von "Stromberg" anzufragen, der schließlich auch die Regie für die Serie gemacht hat.
No-Gos zur Diskussion gestellt
Es habe zwar zunächst No-Gos gegeben vonseiten der Bahn, "dass die gesagt haben, bitte nicht die Verspätung thematisieren." Woraufhin das Team sagte: "Moment mal, das ist aber euer Kernproblem. Wenn wir das ignorieren, ist das ja ein totaler Witz!" Und so sei schließlich etwas entstanden, was sehr nah dran ist am Arbeitsalltag der Bahn-Mitarbeiter.
Dazu gehöre auch die Wut, "die denen entgegenschlägt und die zunimmt, und die man nachvollziehen kann." Im Kern würden sich Menschen ärgern, dass sie einen wichtigen Termin verpassen, dass sie ihren Urlaubsflieger nicht kriegen, dass Familien nicht zueinander finden. Das sei oft eine Katastrophe. "Aber dafür dann die Menschen, die jeden morgen wieder zur Arbeit kommen, obwohl sie auf die Mütze kriegen, anzupöbeln, gehört sich einfach nicht," so Engelke.
Eine Serie für die Bahn-Mitarbeiter
Trotzdem thematisiert die Serie die vielen Probleme der Bahn, findet einen sehr selbstironischen Umgang damit. Doch, so Engelke: "Ich singe gar nicht mit in diesem Chor des Meckerns und der Aussichtslosigkeit." Sie sei Optimistin und voller Hoffnung und sie "wertschätze, Dinge, die funktionieren und bei denen, die nicht funktionieren, übe ich konstruktive Kritik."
Auf die Frage, ob die Serie eine PR-Aktion für die Bahn wäre, oder ein Feigenblatt für das, was tatsächlich schiefläuft bei der Bahn, antwortet Engelke: "Beides für mich nicht." Sie habe ihre Arbeit gemacht als Schauspielerin. "Ich kann die Bahn nicht retten, ich kann nur eine Serie machen, die die 200.000 Menschen, die dort arbeiten, wertschätzt." Und die eben auch diesem "allgemeinen hässlichen Groll etwas dagegen hält".
Die Serie "Boah, Bahn" mit Anke Engelke ist seit dem 8. Oktober auf dem Youtube-Kanal der Deutschen Bahn verfügbar.
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