Mit "Das Kanu des Manitu" hat Michael "Bully" Herbig den bisher bestbesuchten Kinofilm des Jahres gelandet. Rund fünf Millionen Menschen sahen ihn deutschlandweit, wie die Filmförderungsanstalt (FFA) unter Berufung auf einen Branchendienst berichtete. Die offiziellen Kinozahlen kommen erst in einigen Wochen. Damit könnte erstmals seit Jahren wieder eine deutsche Produktion der meistgesehene Titel des Jahres sein. Zuletzt hatte das die Komödie "Fack ju Göhte 3" im Jahr 2017 geschafft.
Auch sonst ist man in der deutschen Branche zufrieden. "Ich denke, das Jahr 2025 war aus Arthouse-Sicht ein stabiles Jahr", sagt Torsten Frehse, Chef des führenden Independent Verleihs Neue Visionen mit Sitz in Berlin. Weil immer mehr Filme starteten, sei es zwar immer schwieriger, die Aufmerksamkeit auf die eigenen Filme zu lenken. Aber prinzipiell sei er zufrieden mit dem Jahresergebnis, auch mit Blick auf die Vergleichszahlen in den anderen europäischen Ländern wie Italien oder Frankreich, in denen man 2025 eher Rückgänge zu verzeichnen hatte. "Deutschland ist eines der Länder, das sich gesteigert hat." Wie gut das Jahr sei, komme auch immer darauf an, "wie groß der Anteil an nationalen Filmen im Gesamtmarkt ist".
Bully Herbigs Film "Das Kanu des Manitu" brachte es 2025 auf mehr als fünf Millionen Besucher, fast 25 Jahre nach dem Kassenerfolg "Der Schuh des Manitu". Die Deutschen mögen es offenbar gerne nach bewährtem Rezept, meint Christian Pfeil, Kinobetreiber der Neokinos an Standorten in Thüringen und Bayern. Es gebe eine nostalgische Hinwendung zu Dingen, an die sich die Leute erinnerten. "Dieses Comeback von Marcus H. Rosenmüller mit Pumuckl ist sensationell."
Filmflut als Problem
Die Filmflut Woche für Woche sei aber ein stetes Problem. Weil man nicht einen Film langfristig aufbauen und zum Erfolg führen könne, sondern nach dem Charterfolg des ersten Wochenendes entscheiden müsse, wie man programmiert, sagt Christian Pfeil, der auch im Vorstand der Interessenvertretung AG Kino aktiv ist. "Es ist natürlich insofern problematisch, weil wir den Menschen ein Überangebot zumuten." Ähnlich wie beim Streaming bringe das die Menschen in die Situation, dass sie gar nicht mehr wissen, "was sie sich denn ankucken sollen und dann lieber zu Hause bleiben".
Auch wenn Netflix Top-Zahlen schreibt und sich anschickte, die Warner Bros Studios samt Rechten zu kaufen, ist der reine Streaming-Hype etwas abgeflaut. Der Online-Markt wird wie das Kino mit zu vielen ähnlichen Inhalten überflutet - und das hat Konsequenzen, meint Verleiher Frehse: "Ich denke, die Leute wollen in Zukunft mehr rausgehen, anstatt immer Algorithmus-Sachen zu sehen, die am Ende ja doch nicht neu sind."
Unbeeindruckt von Krisen zeigten sich 2025 die amerikanischen Majors, wie zum Beispiel der Disney-Konzern. Kino sei immer noch die Premiumunterhaltungsmarke - und da spiele man ganz vorne mit, sagt Johanna Pfeiffer, Vice President Marketing bei Disney für Deutschland, Österreich und die Schweiz: "Wir hatten viele verschiedene Filme für ganz unterschiedliche Zielgruppen, seien es Musikfilme wie über Bob Dylan oder unsere 'Marvel'-Filme." Oder zuletzt auch "Zoomania 2".
Mehr Realismus bei der Filmförderung
Aber anders als bei der durchkonfektionierten Massenware der großen Filmstudios mit millionenschweren PR-Konzepten liegt in Deutschland ein Schwerpunkt immer noch auf der Klein- und Mittelware. Aber diesen Filmen, so sagt Christian Pfeil, fehle die Unterfütterung für einen marktgerechten Einstieg. "Es kommen halt zu viele schlecht ausgestattete Filme auf den Markt. Wenn ich als Filmverleiher mit weniger als 100.000 Euro einen Film auf den Markt werfen kann, ist das für uns ein Problem. Weil mit 100.000 Euro kann ich keine bundesweite Aufmerksamkeit kaufen."
In Deutschland liegt der Schwerpunkt der Förderung traditionell auf der Produktion - und neben den Bundesförderungen, die Kulturstaatsminister Weimer "bedeutend erhöhen" möchte, wetteifern viele Länderförderungen um Dreharbeiten und damit gestreute Investitionen. Der Markt leidet am Überangebot: zu viele Ausbildungsstätten wie Filmhochschulen werfen zu viele Absolventen auf den Markt, die dann wiederum meist unterfinanzierte Filme in geringer Kopienzahl auf den Markt bringen, die per se oft keine Chance haben und in den meisten Fällen im Fernsehen besser aufgehoben wären.
Der Film werde in Deutschland, das beklagt Christian Pfeil, der auch in vielen Jurys sitzt, immer noch primär von der Finanzierung her gedacht - und nicht vom Inhalt her, vom Medium, von dem, was er braucht. Sein Wunsch für 2026: ein bisschen mehr Realismus bei der Filmförderung.
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