Siggi Gaugg  vor der Antoniuskapelle unterhalb der Pleisenspitze, die er für seinen Vater Toni gebaut hat.  Bild Siggi Gaugg vor der Antoniuskapelle unterhalb der Pleisenspitze, die er für seinen Vater Toni gebaut hat.
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Siggi Gaugg vor der Antoniuskapelle unterhalb der Pleisenspitze, die er für seinen Vater Toni gebaut hat.

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Lebenstraum Berghütte: Eine Vision in Kriegsgefangenschaft

Lebenstraum Berghütte: Eine Vision in Kriegsgefangenschaft

Fünf Jahre war Toni Gaugg nach dem Zweiten Weltkrieg in Kriegsgefangenschaft. Über diese Zeit half ihm sein Traum von einer Berghütte im Karwendel. Sein Sohn Siggi führt die Pleisenhütte bis heute weiter. Und hat dem Vater noch eine Kapelle gebaut.

Über dieses Thema berichtet: STATIONEN am .

Die Pleisenhütte auf 1.757 Meter unterhalb der Pleisenspitze ist im Sommer ein Ziel für Wanderer, im Winter ein Treffpunkt für Skitourengeher. Für Erbauer Toni Gaugg war es ein besonderer Ort, erzählt Sohn Siggi. "Meinem Papa hat der Platz hier alles bedeutet. Das war ein Jugendtraum von ihm, hier oben eine Hütte zu haben."

Eine Hütte an dem Platz, wo er als Bub Schafe gehütet hat

Der Traum von der Hütte und das Vertrauen, dass er Wirklichkeit wird, brachte Toni Gaugg durch eine schwere Zeit. Fünf Jahre und vier Monate war er nach dem Zweiten Weltkrieg in russischer Gefangenschaft. "Wenn man da keine Vision hat, ein Ziel vor Augen, was man nach der Gefangenschaft machen möchte, dann überlebt man sowas nicht, denke ich", sagt sein Sohn Siggi Gaugg.

Die Vision seines Vaters war: Eine Berghütte an dem Ort zu bauen, wo er als kleiner Bub Schafe gehütet hat.

"Mein Vater hatte ein großes Gottvertrauen"

Nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft nach Scharnitz wird sein Traum Wirklichkeit: 1953 bekommt er die Genehmigung, eine Hütte unterhalb der Pleisenspitze zu bauen. Damals führt noch kein Weg auf den Berg, ohne Bagger, ohne Kran, nur mit den Händen baut Toni Gaugg gemeinsam mit Freunden die Hütte. "Das ist eine unglaubliche Leistung gewesen, das kann man sich heute nicht mehr vorstellen", sagt Sohn Siggi.

Gebaut wurde die Hütte in russischer Blockbauweise, die Balken liegen nicht versetzt, sondern direkt übereinander, erklärt Siggi Gaugg. "Die Bauweise hat mein Vater in russischer Gefangenschaft gelernt, weil er da als Zimmerer gearbeitet hat. So hat auch eine Gefangenschaft etwas Gutes."

Sein Vater hatte ein großes Gottvertrauen: "Ich denke, die Mischung macht es. Nur mit der Hilfe von oben baut man keine Hütte. Man muss schon auch arbeiten. Aber wenn du nicht auf die Hilfe von oben vertraust, dann brauchst auch nicht anfangen, eine Hütte bauen. Weil dann wird es auch nix."

Sohn baut Kapelle für seinen Vater

Siggi Gaugg ist 19 Jahre alt, als er die Hütte übernimmt. Weil sein Vater ein tiefgläubiger Mensch war, erfüllt er ihm den Wunsch, neben der Hütte eine Kapelle zu bauen. Sein Vater hatte jahrzehntelang ein Bild seines Namenspatrons aufgehoben, das nun in der Kapelle hängt. Direkt daneben durfte Toni Gaugg sogar beerdigt werden.

Die Pleisenhütte führt Sohn Siggi mit seiner Frau Andrea weiter. Und längst ist es auch für die beiden ein besonderer Platz geworden. "Wenn ich gefragt werde, was ich hier oben spüre, in Bezug auf Gott, kann ich nur sagen: Das alles, was wir haben, ist Gott. Die Bäume, die Natur, die Berge, die Wolken, das Wetter. Alles das ist für mich Gott."

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In russischer Blockbauweise gebaut: Die Pleisenhütte im Karwendel. Gelernt hat Zimmerer Toni Gaugg die Bauweise während seiner Gefangenschaft.

Mehr zum Thema "Die Magie der Berge" in der Sendung STATIONEN in der ARD Mediathek.

Dieser Artikel ist erstmals am 04.05.2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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