Luise F. Pusch, hier auf einer Aufnahme aus dem Jahr 2018. Die Sprachwissenschaftlerin lebt in Hannover und Boston
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Luise F. Pusch, hier auf einer Aufnahme aus dem Jahr 2018. Die Sprachwissenschaftlerin lebt in Hannover und Boston

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Vorkämpferin für gerechte Sprache - Luise F. Pusch wird 80

Vorkämpferin für gerechte Sprache - Luise F. Pusch wird 80

Bevorzugt unsere Sprache die Männer? Sind bei "Piloten" Frauen "mitgemeint"? Fragen, die Luise F. Pusch schon in den 1970ern stellte - lange, bevor es das "Gendern" überhaupt gab. Nun wird die Pionierin der feministischen Sprachkritik 80 Jahre alt.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Am Anfang war da dieses Spiel. Mit ihrer Mutter hatte das Kind Luise, das sie einmal war, das Schreibquiz "Berühmte Männer" gespielt. Zehn Minuten Zeit, um auf einem Blatt berühmte Männer mit einem bestimmten Anfangsbuchstaben aufzuschreiben. Eine Art "Stadt, Land, Fluss" also. Irgendwann zwischen den wuchernden Männerlisten fragte sich das Kind, ob es nicht auch berühmte Frauen gegeben habe.

Berühmte Frauen - gab es die eigentlich auch?

Die Erinnerungskultur, so begriff Luise F. Pusch früh, hatte bis dato fast ausschließlich Männer im Blick. Und so begann sie sich als spätere Sprachwissenschaftlerin, um weibliche Biografien zu kümmern. Bis heute betreibt Luise F. Pusch eine digitale Plattform mit Biografien von Frauen [externer Link]. Einfach, um die weibliche Perspektive auf die Welt sichtbarer, ein Stück weit nacherlebbarer zu machen.

Eine Perspektive, die Pusch auch sprachlich abgebildet wissen wollte: "Wir fingen zunächst an, die Sprache dieses Sexismus zu bekämpfen und die Sprache zu reparieren, indem wir einfach die Doppelform benutzten", erzählt sie im BR24-Interview.

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Sind das Piloten? Pusch war eine der ersten, die das "generische Maskulinum" kritisierten - jene Sprachform, bei der Frauen "mitgemeint" sind.

"Hörerinnen und Hörer"

"Statt 'Liebe Leser' und 'liebe Hörer' haben wir vorgeschlagen zu sagen: 'Liebe Hörerinnen und Hörer', 'liebe Leserinnen und Leser'. Und dann stießen wir nur auf beißenden Spott in den 80er Jahren vonseiten der Männer, die sagten: 'Ihr seid verrückt, diese Verdoppelung kann niemand aushalten. Die ganze Sprache wird verhunzt und verschandelt.' Und daraufhin haben wir dann gesagt: Gut, wir finden auch, es ist zu lästig, die Männer immer mitzuerwähnen. Dann reden wir doch jetzt einfach nur noch von Leserinnen und die Männer sind immer herzlich mitgemeint. Also die ganze Sache mal umgedreht - und wir haben das auch verkauft als Empathie-Training für Männer, damit sie mal sehen, wie das eigentlich ist, immer raten zu müssen: Bin ich nun gemeint oder nicht?"

Über Jahrzehnte analysierte Pusch "Das Deutsche als Männersprache" - wie ein Buchtitel von ihr heißt. 1984 erschienen, ist es mittlerweile das bestverkaufte sprachwissenschaftliche Werk der deutschen Nachkriegsgeschichte. Sprachermittlung, die seziert, provoziert, offenlegt, wo Sprache allein männliche Sicht- und Denkweisen transportiert. Das als Zielvorgabe. Als Lebensaufgabe. Aber kann man in diesem skeptischen Blick auf die Sprache nicht auch eine tiefe Liebe zur selben erkennen?

Eine große Liebe zur Sprache

"Ja, selbstverständlich", sagt Pusch. "Ohne eine große Liebe zur deutschen Sprache wäre ich ja auch nie Sprachwissenschaftlerin geworden. Dann wäre ich vielleicht Ingenieurin geworden oder Reitlehrerin. Ich habe eine ganz große Liebe zur Sprache, ganz allgemein und natürlich speziell zur deutschen, weil ich die am besten kann und natürlich mit ihr aufgewachsen bin. Das sind also ganz, ganz tiefe Verbindungen da in unserem Gehirn, die wir der Sprache verdanken. Und ich bin dieser Verbindungen einfach nur besonders bewusst als Sprachwissenschaftlerin."

Am 14. Januar 1944 in Gütersloh geboren, begreift sie als Studentin, dass sie sich zu Frauen hingezogen fühlt. 1983 schreibt sie im Sammelband "Feminismus, Inspektion der Herrenkultur" über ihre Erfahrungen als lesbische Frau - damals unter Pseudonym. Sie habe, so Pusch, ihre Liebe zu Frauen erst als pervers und sündig, und dann später in den 1960er Jahren als eine (hoffentlich) heilbare Krankheit empfunden. Dann als eine Veranlagung wie Farbenblindheit oder Linkshändigkeit. Sie brauchte zahlreiche Therapien, um sich als "normal" zu akzeptieren, erzählt die heute meist an der US-Ostküste lebende Linguistin. Dieser Normalität auch und gerade in einer gendergerechten Sprache, findet sie, seien wir heute näher gekommen:

"Durch die Queer-Community etwa seit 2000 hat diese sprachkritische Bewegung einen großen Schub bekommen, weil sich diesmal erstmals viele Männer beteiligt haben. Und Männer haben bekanntlich ein viel größeres Anspruchsdenken als Frauen. Frauen sind ja erzogen worden dazu, zurückhaltend und bescheiden zu sein. Und Männer stellen Forderungen und fahren dann auch mit dem Traktor auf die Straßen und so weiter, also die sind laut und deutlich. Deswegen hat die sprachkritische Bewegung dann sehr viel Schub bekommen. Und ich finde das sehr gut."

Das Maskulinum ist nicht mehr, was es mal war

Das Maskulinum, so hat es Pusch einmal gesagt, ist nicht mehr das, was es einmal war. Kann man verkürzt sagen, dass das auch ihre Lebensleistung ist?

"Das gehört wahrscheinlich dazu, das Bewusstsein geschärft zu haben darüber, dass unsere Sprache, so wie wir sie vorgefunden haben, in den 70er, 80er Jahren, als ich mich da dran gemacht habe, dass diese Sprache extrem sexistisch ist, schädlich für Frauen, und dass Männer damit bevorzugt werden. Und das kann eigentlich nicht so bleiben, das ist antidemokratisch."

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