Karsten Wildberger auf der Regierungsbank im Bundestag.
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Fehlt dem neuen Digitalministerium eine entscheidende Kompetenz?

Fehlt dem neuen Digitalministerium eine entscheidende Kompetenz?

Als der Zuschnitt des neuen Digitalministeriums bekannt wurde, gab es viel Lob. Doch in den Augen von Experten fehlt dem Haus eine gerade bei der Digitalisierung der Verwaltung zentrale Zuständigkeit. Was steckt dahinter?

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Im Jahr 2025 bestehen KIs bayerische Abiturprüfungen, doch wer in München die Wohnung wechselt, muss zum Ummelden immer noch persönlich beim Amt antanzen. So blickt wohl mancher sarkastisch auf den Digitalisierungsstand der deutschen Verwaltung.

Und liegt damit falsch. Seit Mai 2024 kann man sich in der bayerischen Landeshauptstadt digital an- oder ummelden. Dazu braucht es die BundID, eine Art digitaler Ausweis, für die sich jeder Bürger mit neuerem Perso und Smartphone anmelden kann. Wie viele das bisher tun, ist eine andere Frage (dazu später mehr).

Tatsächlich ist es jedoch nicht zuletzt die Frage nach der Identifizierung eines Bürgers, die bisher per Perso oder Unterschrift ablief und die digitalen Behördengängen und Antragsstellungen bis heute oft im Weg steht.

"Kernthema der Digitalisierung" außen vor?

Umso überraschender war für viele Experten die erste Zusammenkunft der Regierung Merz am Dienstag, bei der auch der Zuschnitt des neuen Digitalministeriums festgelegt wurde. Im Beschluss war zu lesen, dass das neue Ministerium viele Kompetenzen von anderen Häusern erhält, dass aber "das Pass- und Ausweiswesen sowie das Identitätsmanagement" weiter im Verantwortungsbereich des Innenministeriums liegt.

Vertreter des Digitalwirtschaftsverbandes Bitkom und des zivilgesellschaftlichen Netzpolitik.org zeigten sich am Tag nach Amtsantritt von Quereinsteiger-Digitalminister Karsten Winterberger irritiert. Während sie lobten, dass das neue Ministerium so viel Macht und Gewicht erhalten habe, wurde bemängelt, dass das "Identitätsmanagement" als "Kernthema der Digitalisierung" (Bitkom) im Innenministerium verbleibe.

Für weitere Irritation sorgte das Digitalministerium dann mit seiner ersten Pressemitteilung. Darin erklärte sich das neue Haus ausdrücklich für zuständig für die "Einführung einer digitalen Identitäts-Wallet und von Bürgerkonten". Was ist also Sache?

Ministerium stellt klar

BR24 hat beim Digitalministerium nachgefragt. Das stellt klar: "Die Aufgaben des Referats für 'Digitale Identitäten und Authentifizierung' und somit auch die EUDI-Wallet gehen ans BMDS über". Diese sind demnach nicht Teil der Bereiche "Pass- und Ausweiswesen sowie Identitätsmanagement", die beim Innenminister bleiben.

Befürchtungen, dass sich das wichtige Thema "Digitale Identität" in Kompetenz-Verwirrung verliert, dürften damit fürs Erste kleiner werden. Das Brett, das Wildbergers Ministerium in Sachen Digitalisierung zu bohren hat, dürfte dadurch aber nur noch dicker werden.

Lösungen gibt es, aber …

Das bestätigen auch Aussagen von Thomas Meuche, Professor und Leiter des Kompetenzzentrums Digitale Verwaltung an der Hochschule Hof. "Eine digitale Identität ist die Basis für eine digitale Verwaltung, weil sie der Schlüssel zu behördlichen Leistungen ist", erklärt er gegenüber BR24.

Tatsächlich sei ja schon teils möglich, zumindest manche Behörden-Formulare (an manchen Orten, wie etwa München) ohne Unterschrift und Brief digital an Ämter zu schicken – und sich zum Beispiel mit BundID zu authentifizieren. Doch gibt es ein großes Aber, das laut Meuche eine der großen Herausforderungen für das neue Digitalministerium werden dürfte.

Knackpunkt Verbreitung

"Der Knackpunkt all dieser Lösungen ist die Akzeptanz und damit verbunden die Verbreitung. Bislang lässt diese sehr zu wünschen übrig", erklärt der Experte. Dass in der Vergangenheit ständig neue Digitale-Identitäts-Ansätze wie BayernID, BundID, EUDI Wallet oder Elster präsentiert wurden, sei der Akzeptanz auf keinen Fall dienlich gewesen.

Wichtig für eine zukünftig schnelle Verbreitung ist für Experte Meuche zudem, dass der Staat die Bürger aktiv dabei unterstützt, Zugang zu den digitalen Lösungen zu bekommen. Auch etwa, indem man etwa bei Behördenbesuchen die entsprechenden Apps vorstellt und beim Einrichten hilft. "Das kostet zunächst Zeit und keine Behörde wird begeistert sein, solche Zusatzleistungen zu erbringen. Ohne das wird jedoch die Digitalisierung der Verwaltung nur langsam voranschreiten, weil zu viele mangels Zugang außen vor bleiben", so Meuche.

Ungenutzte Möglichkeiten

Wie wenig die schon vorhandenen digitalen Lösungen bisher verbreitet sind, deuten Zahlen aus München an: So gingen seit Einführung der digitalen Möglichkeiten vor gut vor einem Jahr nur gut 7 bis 8 Prozent der An- und Ummeldungen in der Landeshauptstadt digital vonstatten, wie das Münchner Kreisverwaltungsreferat auf BR-Nachfrage angab.

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