Mehr als zwei Wochen ist es nun her, dass die Skisprung-Welt von der Anzug-Manipulation des norwegischen Skisprungverbandes erschüttert wurde. Die Aufarbeitung ist noch lange nicht abgeschlossen. Nun gab Skisprung-Chef Sandro Pertile Einblick in den Prozess, sprach über mögliche Strafen und die Chancen, dass Andreas Wellinger doch noch zum Weltmeister gekürt wird.
Wellinger war am 2. März auf der Normalschanze überraschend zu Silber gesprungen. Besser als er sprang nur der Norweger Marius Lindvik. Eine Woche später kam ans Licht, dass der norwegische Verband mit einem ausgeklügelten Plan, Anzüge manipuliert hat - allerdings im Vorfeld eines anderen Wettbewerbs.
Pertile: Werden sehr konsequent sein
Der Skisprung-Olympiasieger Wellinger könnte dennoch wegen des Anzug-Skandals der Norweger nachträglich zum Einzel-Weltmeister von Trondheim erklärt werden. Dies sagte der Rennleiter Sandro Pertile vor dem Weltcup-Finale in Planica. Bei der WM in Norwegen hatte der Weltverband Fis derart drastische Konsequenzen noch ausgeschlossen.
"Wir wussten an dem Samstagabend nicht, was passiert ist. Man muss die ganze Situation verstehen und verstehen, wann diese Manipulation angefangen hat. Die Entscheidungen werden dann sehr konsequent sein", sagte Pertile der Deutschen Presse-Agentur. Anonym aufgenommene und veröffentlichte Videos haben offenbart, wie die Norweger im Beisein ihres Trainers Magnus Brevig illegal Anzüge manipulieren.
Bronze für Karl Geiger möglich
Für das Großschanzen-Einzel wurden die inzwischen suspendierten Marius Lindvik und Johann André Forfang disqualifiziert, nachdem die Videos publik wurden. Eine Woche zuvor hatte Lindvik vor Andreas Wellinger das Einzel auf der Normalschanze gewonnen. Bei einer nachträglichen Streichung des Resultats von Lindvik bekäme Wellinger Gold statt Silber. Karl Geiger würde von Platz vier auf den Bronze-Rang rücken.
WM-Entscheidung wohl erst im Sommer
In die Anzüge von Lindvik und Forfang wurde ein steifes Band genäht, um die Tragfläche in der Luft zu vergrößern. Beide bestreiten ihr Mitwissen. Norwegens Sportchef Jan-Erik Aalbu sagt, es habe sich bei der Manipulation nur um diesen einen Wettbewerb gehandelt.
Die Fis hat eine externe Kommission mit der Aufarbeitung beauftragt. "Erst brauchen wir Fakten auf dem Tisch", sagte Pertile. Die Ergebnisse werden im Sommer erwartet. Solange sollen die fünf Springer und drei Trainer suspendiert bleiben.
Wellinger beklagt Schaden am Sport
Wellinger hatte eine Woche nach dem Medaillengewinn bei "Blickpunkt Sport" im BR gesagt, er tue sich schwer, Forderungen nach konkreten Konsequenzen zu stellen. Dennoch sei "eine Situation für unseren Sport" eingetreten, "die ich mir in der Form gar nicht vorstellen hätte können", so Wellinger weiter.
"In dem Ausmaß hätte ich mir nie vorgestellt, dass es eskaliert und nicht nur für einen einzelnen Wettkampf dann Auswirkungen hat, sondern rückwirkend und vor allem vorausschauend einen Schaden, eine Situation, die unser Sport überhaupt nicht braucht."
Im Video: Andreas Wellinger über den Anzugskandal
Andreas Wellinger