Florian Lipowitz schaute ein bisschen ungläubig. Der Mann aus Laichingen auf der Schwäbischen Alb, stand beim Etappenrennen Critérium du Dauphiné, das zu den wichtigsten Vorbereitungsrennen für die Tour de France gilt, auf dem Podium direkt neben den internationalen Rad-Topstars Tadej Pogacar und Jonas Vingegaard.
Einen völlig verdienten dritten Platz hatte sich der 24-Jährige vom oberbayerischen Team Red Bull BORA hansgrohe herausgefahren. Und plötzlich ist Lipowitz, der vor wenigen Jahren noch auf Skiern auf den Biathlonstrecken dieser Welt unterwegs war, der deutsche Hoffnungsträger für die prestigeträchtige Frankreich-Rundfahrt.
Platz drei bei der Tour-Generalprobe lässt aufhorchen
Ein solches Ergebnis war nicht unbedingt zu erwarten: "Die Vorbereitung lief super. Ich wusste, dass ich gut in Form bin, aber ich hätte niemals damit gerechnet, dass ich ja hier so weit vorne mitfahren kann", so Lipowitz.
Nach Platz sieben bei der Vuelta 2024 startet er dieses Jahr richtig durch: Erst schaffte er es aufs Podium bei Paris-Nizza. Nun also Platz drei bei der Tour-Generalprobe, bei der er sogar den viertplatzierten Doppel-Olympiasieger Remco Evenepoel, einen klaren Podiumsanwärter für die Tour, klar distanzierte.
Viel Lob von den Topstars für Lipowitz: "Er ist nah an uns dran"
Das macht auch Rolf Aldag, den sportlichen Leiter von BORA hansgrohe, glücklich: "Ja, riesig! Wir haben ja letztes Jahr bei der Vuelta gesehen, dass er schon mit den Besten der Welt mitkam. Und jetzt hat er noch mal einen Schritt gemacht, ist stabiler, sehr solide, macht keine Fehler."
Dafür gibt es auch Lob von den Topstars. Vingegaard sagt, auf diesen starken Lipowitz müsse man immer ein Auge haben. Und auch Pogacar hält viel vom jungen Deutschen: "Er fährt schon sehr beeindruckend. Das wussten wir. Deshalb haben wir ihn die Tage in der Ausreißergruppe nicht weggehen lassen. Lipowitz ist super nah an uns dran."
Großer Hoffnungsträger für die Tour de France
Deshalb hat er wohl auch einen Startplatz bei der Tour de France sicher, wie Aldag andeutet. "Das braucht man, glaube ich, nicht zu diskutieren. Fakt ist: BORA hat dieses Jahr schon viele Rückschläge einstecken müssen, hat aber mit Lipowitz auch eine Hoffnung, denn - so Aldag: "Ich würde sagen, er ist in der Weltspitze angekommen."
Und Lipowitz selbst meint: "Drei Wochen werden hart und stressig, aber ich habe jetzt mehr Selbstvertrauen und freue mich wirklich auf die Tour."
Vom Schnee in den Sattel - Lipowitz kommt vom Biathlon
Umso erstaunlicher ist Lipowitz' Entwicklung, wenn man bedenkt, woher er kommt. Vom Biathlon nämlich. Bei den Junioren gewann er einst einen deutschen Meistertitel. Wegen der besseren Trainingsbedingungen zog er mit seiner Familie nach Stams in Tirol um, wo er das Ski-Gymnasium besuchte.
Doch mehrere schwere Verletzungen warfen ihn zurück. Mehr als Radfahren war nicht möglich, um sich fit zu halten. Und auf dem Rad erwies sich Lipowitz als Naturtalent. 2019, mit 18, gewann er die sehr anspruchsvollen Randmarathons im Engadin und in Imst. Ein Jahr später erhielt er bei Tirol KTM, einer Art Farmteam von BORA-hansgrohe, seinen ersten Vertrag. 2023 folgte der Aufstieg ins World-Tour-Team.
Der Wechsel vom Biathlon zum Radsport, vom Schnee in den Sattel: ein Volltreffer für den einstigen Biathleten, der nun ein ganz großes Ziel ins Visier nimmt: die Tour de France.