Auspuff eines Autos (Symbolbild)
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90 statt 100 Prozent: Was die Zahlen zum Verbrenner-Aus bedeuten

90 statt 100 Prozent: Was die Zahlen zum Verbrenner-Aus bedeuten

Die EU-Kommission will das sogenannte Verbrenner-Aus kippen. Noch ist vieles ungeklärt. Doch erste Informationen sorgen schon für reichlich Diskussionen – etwa wie es gemeint ist, dass die CO₂-Emissionen um 90 statt 100 Prozent gesenkt werden sollen.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

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2022 hatte die EU beschlossen, dass Neuwagen ab 2035 in der Europäischen Union im Betrieb kein CO₂ mehr ausstoßen dürfen. Laut EVP-Fraktionschef Manfred Weber hat sich die EU-Kommission darauf verständigt, dass statt 100 Prozent die CO₂-Emissionen bis 2035 um 90 Prozent gesenkt werden sollen.

Doch was heißt das überhaupt? So kommentierte BR24-User "cundy2007" daraufhin: "'Statt 100 Prozent sollen die CO₂-Emissionen bis 2035 um 90 Prozent gesenkt werden.' Ok, wie auch immer das gehen soll."

Und auch bei BR24 auf Instagram tauchte ein ähnlicher Kommentar auf: "Ich verstehe technisch gesehen nicht, was mit dieser 90-prozentigen Reduktion gemeint ist. (...)"

Es geht um Fahrzeugflotten der Hersteller

Schon jetzt gelten für die Hersteller bestimmte Flottengrenzwerte in der EU. Diese beziehen sich auf den durchschnittlichen Emissionsausstoß der Neuwagenmodelle eines Herstellers. Es geht also nicht um den einzelnen Neuwagen, sondern um die ganze Flotte. Bei CO₂ wird der Ausstoß in Gramm pro Kilometer ausgedrückt. So galt bis 2025 ein Flottengrenzwert von 95 g CO₂/km. Von diesem Jahr an bis 2029 müssen die CO₂-Grenzwerte im Vergleich zu 2021 noch einmal um 15 Prozent gesenkt werden (externer Link). Ab 2030 soll es nach der bisherigen Regelung noch einmal um 37,5 Prozent heruntergehen. Und ab 2035 sollen eben im Betrieb gar keine Emissionen mehr ausgestoßen dürfen. Wie das Ziel erreicht wird, bleibt den Herstellern und den Kunden überlassen. Denn es geht um verkaufte Neuwagen.

Ziele wurden bereits gelockert

Allerdings gibt es Unterschiede bei den Grenzwerten zwischen den Herstellern. So wird bei der Berechnung berücksichtigt, welche Autos der Konzern anbietet. Die Marken Audi, BMW und Mercedes gelten als Premiumhersteller mit vor allem größeren Fahrzeugen als zum Beispiel VW, Opel oder Ford. Deshalb bekommen Hersteller größerer Pkw auch einen höheren CO₂-Grenzwert eingeräumt. Das Gleiche gilt auch für Kleinserienhersteller, wie zum Beispiel Ferrari.

BMW ist übrigens aktuell offensichtlich der einzige Hersteller, der mit seinem Produktmix seine aktuellen Flottengrenzwerte erreicht, dank seiner Elektroautos. So lag das CO₂-Flottenziel 2024 erstmals – wenn auch knapp – unter 100 Gramm je Kilometer. Das waren den Angaben nach 30 Gramm unter dem erlaubten CO₂-Flottenziel. Die Werte für dieses Jahr werden im Januar 2026 veröffentlicht.

VW befürchtet dagegen bereits Strafzahlungen und hat entsprechende Rückstellungen in seiner Bilanz. Dabei wurden die Ziele bereits gestreckt, das heißt die seit diesem Jahr geltenden, strengeren CO₂-Grenzwerte gelten zwar weiterhin, aber die Hersteller haben nun zur Erreichung bis 2027 Zeit. Es gilt also kein starres Datum, sondern der Zeitraum. Wer in diesem Jahr das Ziel verfehlt, muss also im nächsten und übernächsten Jahr die Ziele übererfüllen.

Wem hilft eine mögliche Abkehr vom Verbrenner-Aus?

Da gehen die Meinungen weit auseinander. BR24 User "Herr_Düsentrieb" kommentierte kürzlich zur Emissionssenkung um 90 statt 100 Prozent: Ich sehr gespannt, wie man das umsetzen wird. Nachdem vermutlich in den kommenden Jahren diese Regelung noch ein paar Mal weiter aufgeweicht wird, knallen in China derweil die Sektkorken... "

Ob China wirklich von der Entwicklung in der EU profitiert, kann man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht eindeutig sagen. Noch sind Details der neuen Regelungsvorschläge der EU-Kommission nicht bekannt. Sie sollen am Dienstag vorgestellt werden. In der Branche wird damit gerechnet, dass man erst einige Stunden nach Veröffentlichung Stellung beziehen kann. Man braucht offenbar einiges an Zeit für eine erste Bewertung. Deshalb kann man auch noch nicht konkret sagen, ob und inwieweit konkret es der deutschen Autoindustrie nun hilft oder nicht.

Allerdings haben im Vorfeld bereits zahlreiche Experten vor möglichen Folgen einer Lockerung der bisherigen Regeln gewarnt. Unter anderem wird befürchtet, dass durch ein Zurück die deutsche Industrie den Anschluss zur immer stärker werdenden Konkurrenz verliert. Hier kommt seit einiger Zeit der Druck vor allem aus China.

Was bedeuten die möglichen Lockerungen für die Verbraucher?

Für Verbraucher könnte es teurer werden. Denn in der Branche wird viel über "effiziente" Verbrenner geredet. Die Frage ist, was damit gemeint ist. Meist werden darunter Plug-in-Hybride verstanden. Das sind Autos, die sowohl einen Elektro- als auch einen Verbrennungsmotor haben.

Autoexperte Prof. Ferdinand Dudenhöffer hat dazu jüngst die Angebotspreise der aktuellsten Verbrenner, Elektrofahrzeuge und Plug-In-Hybride miteinander verglichen. Ergebnis: Der Preis des Plug-In-Hybrids liege mehr als 13.000 Euro über dem Verbrenner und mehr als 11.000 Euro über dem Elektro-Auto.

Interessant dürfte auch werden, was Sprit, Strom oder alternative Kraftstoffe in ein paar Jahren kosten, beziehungsweise ob und wie künftig kontrolliert wird, ob ein Plug-in-Hybrid auch wie vorgesehen genutzt wird, also ob auch elektrisch mit dem Fahrzeug gefahren wird. Aktuell wird dies noch nicht kontrolliert.

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