Wahlprogramme sind meist so etwas wie politische Wunschzettel. Und wie das mit Wünschen so ist: Nicht alle sind erfüllbar. Schon gar nicht, wenn das Geld heute schon nicht reicht.
Um die Ausgangslage zu definieren: Der Bundeshaushalt sieht Ausgaben von 477 Milliarden Euro vor. Allein die Posten Arbeit und Soziales, Verteidigung, Digitales und Verkehr, und die Zinsen auf die Staatsschulden machen fast drei Viertel der Ausgaben aus. Viel Spielraum für neue Ausgaben, gibt es dabei also nicht. Schon gar nicht, wenn Steuern gesenkt werden sollen.
Mehr Geld für alle: Die Steuerpläne der Parteien
Angesichts der knappen Kassen fallen die Steuerpläne der Parteien zum Teil sehr üppig aus. Im Grunde wollen alle Entlastungen, die einen mehr bei den Unternehmen, die anderen mehr bei den Gering- und Normalverdienern.
Nur ein paar Vorschläge: Die Union und die FDP wollen die Unternehmenssteuern deutlich senken. Außerdem planen sie allgemeine Steuererleichterungen für alle. Diese könnten allerdings insbesondere die oberen Einkommensschichten entlasten, wie das Forschungsinstitut ZEW in Mannheim berechnet hat (zum Artikel auf tagesschau.de).
SPD und Grüne hingegen wollen vor allem den Grundfreibetrag anheben, also die Grenze, ab der ich überhaupt Steuern zahlen muss. Steuererhöhungen haben eigentlich nur die Mitte-Links-Parteien im Wahlprogramm. Diese reichen von höheren Erbschaftssteuern für Betriebe, einer Anhebung der Reichensteuer bis hin zu einer Vermögenssteuer, wie sie etwa Die Linke fordert.
Steuererleichterungen: Was kostet das den Staat?
Alle Pläne und Wünsche der Parteien in Euro und Cent zu berechnen, ist seriös nicht zu leisten. Aber die Änderungen bei den Steuern kann man ganz gut abschätzen. Das Institut der deutschen Wirtschaft hat das mal ausgerechnet (externer Link) und kommt zu einem ernüchternden Ergebnis.
Die Pläne der AfD sind am teuersten mit 149 Milliarden Euro. An zweiter Stelle kommt schon die FDP mit 138 Milliarden. Mit Abstand folgt die Union mit 89 Milliarden, die Grünen mit 48 Milliarden und die SPD ist relativ bescheiden mit 30 Milliarden. Als einzige Partei im Plus kommt Die Linke dabei auf 198 zusätzlichen Milliarden für die Staatskassen – größtenteils durch eine höhere Gewebesteuer und eine Vermögenssteuer.
Verteidigung, Infrastruktur: Welche Ausgaben kommen noch dazu?
Steuerpolitik macht aber nur einen Teil der Wirtschaftsprogramme der Parteien aus. Wie sich die Förderung von Investitionen, ein gedeckelter Strompreis oder die Reform des Bürgergeldes auf die Wirtschaft und damit auf die Staatskassen, auswirken, lässt sich nicht genau beziffern. Davon abgesehen müssen auch noch andere Aufgaben bewältigt werden.
Das Nato-Ziel etwa, die Verteidigungsausgaben anzuheben, fordert circa 86 Milliarden Euro pro Jahr. Für Investitionen in die deutsche Infrastruktur muss die kommende Bundesregierung nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft rund 60 Milliarden Euro einplanen. Da kommen große Summen zusammen.
Neue Schulden oder Sparen: Woher soll das Geld kommen?
Bei der Finanzierungsfrage gehen die Ansichten der Parteien weit auseinander. Union und FDP setzen vor allem darauf, durch Steuersenkungen die Konjunktur anzukurbeln und damit perspektivisch auch wieder mehr Steuern einzunehmen. Ob das gelingt, kann heute aber niemand abschätzen.
Einsparen wollen viele Parteien durch den Abbau der Bürokratie und durch die Digitalisierung. Die Union setzt auf Einsparungen beim Bürgergeld, das sie in eine neue Grundsicherung umwandeln will. Die AfD will außerdem alle Ausgaben, die mit der Klimapolitik zusammenhängen, abschaffen. An der Schuldenbremse wollen Union, FDP und AfD dagegen festhalten.
Reform der Schuldenbremse?
SPD, Grüne, Linke und BSW können sich dagegen eine Reform der Schuldenbremse vorstellen. SPD und Grüne wollen einen Deutschlandfonds einrichten, der über Schulden finanziert wird. SPD, Grüne und BSW aber betonen, dass mit neuen Schulden nur Investitionen finanziert werden dürfen. Als Beispiel nennen die Grünen die Schulen. Renovierung und Ausstattung wären Investitionen, die Gehälter der Lehrer dagegen nicht.
Einen Sonderweg geht dabei Die Linke. Sie fordert einen „demokratischen Sozialismus“, bei dem der Staat über Kredite nicht nur Investitionen, sondern auch sozialen Ausgleich finanzieren kann.
Viel Skepsis bei Ökonomen und Gewerkschaften
Die Pläne der Parteien sind bei den meisten Wirtschaftsexperten auf große Skepsis gestoßen. Sie halten sie für nicht finanzierbar und sie vermissen ein Gesamtkonzept. Der Präsident des Münchner ifo-Instituts, Clemens Fuest, meint, dass sich die Wahlprogramme auf kleine Maßnahmen konzentrierten, aber die großen Herausforderungen wie die Verteidigungsausgaben, die Sicherung der Sozialkassen oder den Klimawandel nicht mitdenken. Und die Vorsitzende des Sachverständigenrats, Monika Schnitzer, vermisst vor allem eine Zukunftsvision, ein Geschäftsmodell für die deutsche Wirtschaft.
Wirtschaftswachstum sei nicht alles, betonen hingegen die Sozialverbände und Gewerkschaften. Dieser müsse auch sozial verträglich gestaltet werden. „Der Sozialstaat ist kein Hemmschuh, sondern ein Garant für Wohlstand. Wer die Zukunft sichern will, darf den Sozialstaat nicht runterschrauben, sondern muss ihn um- und ausbauen“, so Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall.
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Dieser Artikel ist erstmals am 6.2.2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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