Siemens-Werk in der Vogelweiherstraße in Nürnberg
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Siemens-Werk in der Vogelweiherstraße in Nürnberg, wo Elektromotoren gebaut werden

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Innomotics: Siemens-Trennung vom einstigen Kerngeschäft

Innomotics: Siemens-Trennung vom einstigen Kerngeschäft

Dass Siemens seine Großmotorensparte verkaufen will, lag lange in der Luft. Nun ist der Verkauf an den US-Finanzinvestor KPS in trockenen Tüchern. Der Betriebsrat sieht mit dem neuen Eigentümer auch neue Chancen.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Was schon länger angekündigt war, ist nun in trockenen Tüchern: Siemens trennt sich von seiner Großmotorensparte. Hauptsitz von Innomotics ist die Nürnberger Vogelweiherstraße. Hier sind rund 1.800 Menschen beschäftigt. Ebenfalls von der Übernahme betroffen sind die beiden im vergangenen Jahr von Siemens zugekauften Unternehmen Sykatec aus Erlangen sowie Weiss Spindeltechnologie in Maroldsweisach im Landkreis Haßberge. Weltweit sind 15.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bei Innomotics beschäftigt, am Stammsitz in Nürnberg rund 1.800.

Siemens-Großmotoren: Einst Kerngeschäft – jetzt aus Portfolio geflogen

Großmotoren sind das, was Siemens einst groß gemacht hat. Doch Geschichte und Nostalgie allein genügen dem Münchner Technologiekonzern nicht. Schon vor über zwei Jahren ist hinter den Siemens-Kulissen die Entscheidung gefallen, sich von seinem Großmotorengeschäft zu trennen. Im vergangenen Jahr wurde die Sparte bereits unter dem Namen "Innomotics" als GmbH ausgegliedert. Nach der Vorbereitung folgt nun die endgültige Trennung: Siemens verkauft sein Großmotorengeschäft an den US-Finanzinvestor KPS Capital Partners. Der Deal bringt Siemens 3,5 Milliarden Euro ein.

US-Finanzinvestor KPS wohl keine "Heuschrecke"

Zuletzt waren noch zwei Kaufinteressenten im Rennen: der japanische Industrie-Mischkonzern Nidec und der US-Finanzinvestor KPS Capital Partners mit Sitz in New York. Letzterer bekam am Ende den Zuschlag. In seiner Sitzung am Mittwoch gab der Siemens-Aufsichtsrat für den Verkauf grünes Licht.

Die Innomotics-Betriebsratsvorsitzende Kerstin Donn stuft KPS als seriös ein. Natürlich gebe es Finanzinvestoren, denen es nur um das Kapital und das Wissen eines Unternehmens gehe, weiß Donn. Bei KPS könne man aber durchaus feststellen, dass der Investor sich im Industriebereich auskenne und am industriellen Geschäft von Innomotics "sehr, sehr stark interessiert" sei. So habe KPS insgesamt über die Jahre weltweit in 222 Fertigungsstandorte investiert. In Deutschland habe das Unternehmen unter anderem Beteiligungen bei Bosch und Adidas.

Investitionen versprochen

Zum Konzept, das KPS beim Verkauf von Innomotics vorgelegt hat, gehören auch Investitionen. Laut der Betriebsratsvorsitzenden Kerstin Donn geht es dabei um Investitionen, die man schon seit Jahren vom bisherigen Mutterkonzern Siemens gefordert hatte. Frisches Geld soll demnach in die Bereiche Elektrifizierung, neue Energien, Urbanisierung und Energieeffizienz gesteckt werden. "Da wird erheblich Geld in die Hand genommen", sagt Donn. Konkrete Zahlen gibt es noch nicht.

Tarifbindung und Standort-Garantie

Auch wenn sie künftig nicht mehr unter dem Dach von Siemens arbeiten: Für die Beschäftigten der Großmotorensparte ändert sich durch den Verkauf an den US-Investor KPS erstmal nichts. Die Tarifbindung bleibe bestehen. Es gelte eine Beschäftigungs- und eine Standort-Garantie. "Die ganzen sozialen Absicherungen, die wir durch Siemens hatten, bleiben bestehen", sagt Kerstin Donn. "Im Endeffekt läuft unser Geschäft genau weiter wie bisher, nur dass wir einen anderen Besitzer haben", so die Betriebsratsvorsitzende. Diese Regelungen gelten zunächst für drei Jahre.

Mehr als 2.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Franken

Vom Verkauf der Siemens-Großmotorensparte sind in Franken mehr als 2.000 Beschäftigte betroffen. Die meisten davon, rund 1.800, sind am Standort in der Nürnberger Vogelweiherstraße beschäftigt. Hier werden unter anderem Großmotoren gefertigt, etwa für den Bergbau oder die Öl- und Gasindustrie. Vor der Ausgliederung der Sparte hatte Siemens im vergangenen Jahr noch zwei fränkische Unternehmen zugekauft und an sein Großmotorengeschäft angegliedert: den Metallverarbeiter Sykatec aus Erlangen und die Firma Weiss Spindeltechnologie aus Maroldsweisach im Landkreis Haßberge. Auch deren Beschäftigte sind nun vom Verkauf an den US-Investor KPS betroffen.

Mögliche Gründe für den Verkauf

Warum Siemens sein einstiges Kerngeschäft mit Großmotoren verkauft – dafür gibt es wohl verschiedene Gründe. Zum einen war aus Gewerkschaftskreisen immer wieder die Vermutung zu hören, dass dem Konzern die Gewinnmarge des Geschäftsbereichs nicht groß genug war. Zum anderen wurde angeführt, dass Siemens sich durch die Trennung von seinem Großmotorengeschäft wohl einen "grüneren Anstrich" verpassen wolle. Weil die Großmotoren häufig in Bergbau-Minen sowie in der Öl- und Gasindustrie eingesetzt werden, gab es in der Vergangenheit immer wieder Kritik von Aktionärinnen und Aktionären. Die größte Rolle dürfte aber gespielt haben, dass Siemens im Großmotorengeschäft vergleichsweise wenig Digitalisierungsmöglichkeiten sieht – und die Sparte daher nicht mehr ins Portfolio passt.

Die Transaktion soll in der ersten Hälfte des kommenden Geschäftsjahres abgeschlossen werden. Siemens-Finanzchef Ralf P. Thomas sprach von einem "wichtigen Schritt bei der Optimierung unseres Portfolios".

Stagnierende Geschäfte im zweiten Quartal

Insgesamt laufen die Geschäfte bei Siemens zäh, wie das Unternehmen am Donnerstag mitgeteilt hat: Während der Umsatz im zweiten Geschäftsquartal bei gut 19 Milliarden Euro stagnierte, sank der Gewinn deutlich. Das Minus von 38 Prozent auf 2,2 Milliarden gehe vor allem darauf zurück, dass Siemens im Vorjahresquartal noch einen Milliardengewinn durch den steigenden Wert seiner Beteiligung an Siemens Energy verzeichnet hatte.

Automatisierungsgeschäft lahmt

Aktuell bremst vor allem die Sparte Digital Industries (DI), die in den vergangenen Jahren besonders gut gelaufen war, nun aber deutliche Rückgänge bei Umsatz und Ergebnis verzeichnet. Im Automatisierungsgeschäft gebe es eine "gegenwärtig gedämpfte Nachfrage", sagte Siemens-Chef Roland Busch. Insbesondere in China hätten die Kunden noch hohe Lagerbestände an den Produkten.

Allerdings ist das Bild zweigeteilt: Während die Automatisierung DI deutlich nach unten zieht, läuft das Softwaregeschäft dort weiter gut. Die beiden anderen Sparten des Kerngeschäfts, Smart Infrastructure und Mobility, lieferten dagegen relativ solide Zahlen.

Mit Informationen von dpa

Die Firmenlogos von Siemens und Innomotics.
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Das Firmenlogo muss bald ausgetauscht werden. Die Großmotorensparte wurde verkauft.

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