Aus dem Klassenzimmer in die eigene Firma. Der Freistaat will das fördern.
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Aus dem Klassenzimmer in die eigene Firma. Der Freistaat Bayern will das fördern, sagt er

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Startup-Szene: Wie Schüler zu Unternehmern werden

Startup-Szene: Wie Schüler zu Unternehmern werden

Bayern ist Spitzenreiter in der deutschen Startup-Szene. Der Freistaat will das mit Geld, Projekten und Co. weiter kultivieren – am besten schon in der Schule. Wie das funktionieren kann, zeigt ein Projekt in Unterfranken.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Bereits während der Schulzeit ein Unternehmen gründen? Zwei Schüler aus Unterfranken haben genau das vor. Ben Tovote und Valentin Hemm sind beide 17 Jahre alt und haben eine eigene App namens "Timeable" entwickelt. Die soll mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) den Schulalltag organisieren, Hausaufgaben den entsprechenden Fächern zuordnen und anzeigen, bis wann etwas fällig ist.

Eine App als Hausaufgaben-Heft

Das Programmieren hat Valentin Hemm sich laut eigener Aussage als Sechsjähriger selbst beigebracht. Einige Jahre später kam ein passender Anwendungsfall dazu: Er und Ben Tovote wollten keine Hausaufgaben mehr vergessen und mehr Freizeit haben, erzählen sie. Sie bauen also eine App. Das habe sich schnell herumgesprochen und immer mehr Mitschülerinnen und Mitschüler wollten "Timeable" nutzen.

Inzwischen haben die Elftklässler mit ihrer Idee den ersten Platz bei der Bayern-Challenge von der Organisation "Startup Teens" erreicht. Aktuell befinden sie sich im Vorentscheid für das Finale der zugehörigen bundesweiten Business-Plan-Challenge.

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App-Ersttester Noah Kolbert und die Leitung des Gymnasiums Marktbreit mit Timeable-Erfindern Valentin Hemm und Ben Tovote (links nach rechts).

Warum Gründungsförderung früh ansetzt

"Startup Teens" hat es sich zur Aufgabe gemacht, Schülerinnen und Schüler ab 14 Jahren dazu zu befähigen, eigene Ideen umzusetzen und Probleme zu lösen, so Mitgründer Hauke Schwiezer. Dabei helfen sollen kostenlosen Mentoring-Programme, verschiedene Kurse und Wettbewerbe. Gefördert werden diese auch von der Initiative Gründerland Bayern des Bayerischen Wirtschaftsministeriums, mit rund 50.000 Euro jährlich.

Im letzten Jahr haben Startups in Bayern mit 2,3 Milliarden Euro die höchste Finanzierungssumme aller Bundesländer eingesammelt. Auf Anfrage des BR teilt das Wirtschaftsministerium mit, dass es gerade in der Gründungsförderung wichtig sei, bereits in jungen Jahren anzusetzen. Das Durchschnittsalter der Gründerinnen und Gründer lag laut Ministerium im Jahr 2024 bei ungefähr 34 Jahren.

Förderung: Früh und unabhängig vom sozialen Hintergrund

Auch Startup-Teens-Gründer Schwiezer betont die Notwendigkeit, unternehmerisches Denken und Handeln früh zu fördern, unabhängig vom sozialen Hintergrund und unabhängig von einer tatsächlichen Unternehmensgründung. Startup Teens stellt deshalb Angebote außerhalb des schulischen Umfelds bereit. Die Organisation gibt es seit 2015. Hauke Schwiezer betont: "Unser Auftrag ist nicht die Gründung unter 18 Jahren, sondern Entrepreneurship Education." Die fehle seiner Meinung nach an deutschen Schulen.

Unternehmerisches Denken vermitteln

Bayerns Wirtschaftsministerium schreibt dazu: "Es muss nicht jeder Schüler ein Gründer werden. Unternehmerisch und eigenständig denkende Mitarbeiter sind gleichermaßen essenziell für unsere Unternehmen, aber auch für die Verwaltung." Aus dem Bayerischen Kultusministerium heißt es, dass ökonomische Bildung ein "selbstverständlicher Bestandteil" der Lehrpläne in Bayern sei, etwa auch mithilfe externer Partner, Projektarbeiten und Wettbewerben wie "Jugend gründet".

Schwiezer findet es darüber hinaus jedoch unabdingbar, dass "Entrepreneurship Education" als eigenes Schulfach eingeführt wird. Das würde später zu mehr und nachhaltigeren Gründungen führen. Letztlich gehe es auch um die Zukunftsfähigkeit des Landes. Das Problem sei, dass sich junge Menschen nicht befähigt fühlen, ihre Ideen umzusetzen – und die Angst vor dem Scheitern. Die Konsequenz: Ungenutztes Innovationspotential bei 16- bis 25-Jährigen. "Wir nutzen in Deutschland nicht die Chancen, die wir haben", findet Hauke Schwiezer.

Der Weg zum Startup

Ben Tovote und Valentin Hemm haben das Mentoring von Startup Teens für bürokratische und rechtliche Fragen in Anspruch genommen. In der Zwischenzeit hat sich ihr Team um drei Jugendliche aus Baden-Württemberg erweitert, die an einer ähnlichen Idee gearbeitet haben. Im nächsten Schritt wollen die 17-Jährigen eine GmbH gründen. Da sie nicht volljährig sind, brauchen sie das Einverständnis der Erziehungsberechtigten und von einem Familiengericht.

An ihrem Gymnasium in Marktbreit haben die beiden jetzt jedenfalls schon etwas bewegt: Dem stellvertretenden Schulleiter Michael Bötsch zufolge plane man unternehmerische Bildung mehr zu fördern, durch freiwillige Angebote am Nachmittag – eventuell später auch mithilfe von Ben und Valentin.

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