Eine mit einem Impfstoff aufgezogene Spritze (Symbolbild)
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Vogelgrippe H5N1: Darum impft Finnland, Deutschland aber nicht

Vogelgrippe H5N1: Darum impft Finnland, Deutschland aber nicht

Finnland impft als erstes Land Menschen gegen die Vogelgrippe – in Deutschland sei das nicht notwendig, meint der STIKO-Vorsitzende Klaus Überla. Was die beiden Länder unterscheidet und wie gefährlich das Virus H5N1 derzeit für den Menschen ist.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Als weltweit erstes Land impft Finnland gegen die Vogelgrippe H5N1. Zwar wurden dort bisher keine Infektionen bei Menschen festgestellt, trotzdem ist nun – falls ein erhöhtes Risiko vorliegt – eine Impfung gegen die Vogelgrippe (Aviäre Influenza) möglich. Die Impfung soll verhindern, dass mehr Erkrankungen auftreten und so möglicherweise eine neue Pandemie entsteht. Impfen lassen können sich Tierärztinnen und Tierärzte sowie Menschen, die auf Pelztier- oder Geflügelfarmen arbeiten.

In Finnland gab es bereits mehrere Ausbrüche der Vogelgrippe in Nerzfarmen - etwa im vergangenen Jahr – fast 500.000 Tiere wurden aus Sorge vor einer weiteren Ausbreitung getötet. Die Tiere in den Farmen leben auf engem Raum und bieten Viren ideale Bedingungen, um sich auszubreiten und zu mutieren. Zudem besteht in den Zuchten mit ihren offenen Baukonstruktionen Kontakt zwischen Nerzen und Wildvögeln. Das löste Befürchtungen aus, auch Menschen könnten sich bei Nerzen anstecken, da beide ähnliche Atemwege haben – weshalb Finnland mit den Impfungen begonnen hat.

Vogelgrippe-Virus infiziert auch Säugetiere

Das Vogelgrippe-Virus H5N1 hat sich in den vergangenen Jahren zu einer weltweiten Seuche entwickelt. Gefährdet sind insbesondere Wasservögel wie Schwäne, Gänse, Enten und Möwen sowie Hühnervögel. Aber auch Säugetiere, zum Beispiel Mäuse und Katzen, infizierten sich gelegentlich.

In den USA kursiert das Virus seit einigen Monaten in Kuhherden. Tiere in rund einem Dutzend Bundesstaaten und in über hundert Herden haben sich angesteckt. Vier Vogelgrippe-Infektionen wurden dort bei Menschen bereits registriert, nachdem sie Kontakt mit Kühen hatten. So erkrankte zuletzt etwa eine Arbeitskraft eines Milchviehbetriebs im Bundesstaat Colorado. Einziges Symptom war eine Bindehautentzündung.

Je nach Virusvariante kann die Vogelgrippe H5N1 aber auch schwere Lungenentzündungen auslösen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) registrierte zwischen 2003 und 2023 insgesamt 878 Vogelgrippe-Fälle bei Menschen. 458 davon verliefen tödlich. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch wurde bisher nicht gemeldet.

STIKO-Vorsitzender: Impfung in Deutschland derzeit nicht nötig

Trotz der jüngsten Vogelgrippe-Infektionen bei Säugetieren hält Klaus Überla, Direktor des Virologischen Instituts am Universitätsklinikum Erlangen und Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (STIKO), vorbeugende Impfungen von Menschen derzeit nicht für notwendig. Gegenüber BR24 sagte er angesichts der Ausbrüche des H5N1-Virus in Nerzfarmen in Finnland: In dieser Situation könne es sinnvoll sein, die Mitarbeiter, die in Kontakt mit erkrankten Tieren kommen, durch eine Impfung zu schützen. In Deutschland müsse man das frühestens dann tun, wenn Infektionen bei Kühen oder Nerzen nachgewiesen werden.

Außerdem dürfe man nicht vergessen, dass es weitere Hygienemaßnahmen gebe, die verhinderten, dass sich Mitarbeiter durch die Tiere infizieren – zum Beispiel Schutzkleidung und -brillen, Handschuhe und Masken. Grundsätzlich stehe das H5N1-Virus jedoch schon lange auf der Liste der Erreger mit beträchtlichem Pandemiepotential. "Je länger sich das Virus in den verschiedensten Tierarten vermehrt, desto größer ist das Risiko, dass Virusvarianten entstehen, die sich effizient von Mensch zu Mensch ausbreiten könnten", so Überla. Deshalb sei es sinnvoll, die Ausbreitung von H5N1 insbesondere unter Nutztieren einzuschränken, wo es möglich ist.

Influenzaviren verändern sich noch effizienter als Coronaviren

Die beim Menschen beobachteten Infektionen mit der aktuell zirkulierenden H5N1-Variante, der sogenannten Klade "2.3.4.4b", zeigten laut Überla meist milde Verläufe. Es sei aber ungewiss, welche Variante letztlich überspringe und wie gut die Impfung dann wirke. Ein wesentlicher Unterschied von Influenzaviren im Vergleich zu Coronaviren sei, dass diese sich noch effizienter verändern könnten. Insbesondere wenn ein Mensch oder ein Tier gleichzeitig mit verschiedenen Influenzaviren infiziert sei, entstünden schlagartig neue Stämme. Diese können andere Eigenschaften hinsichtlich der Übertragung oder der Schwere der Erkrankung aufweisen.

Vogelgrippevirus ist immer noch ein Vogelvirus

Die Infektionen von Kühen und auch Menschen in den USA seien allerdings kein Zeichen dafür, dass die Vogelgrippe für Menschen gerade gefährlicher werde, sagt Christa Kühn. Sie ist Tiermedizinerin und Präsidentin des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) auf der Ostseeinsel Riems, das auf die Erforschung von Tierseuchen spezialisiert ist. Bei dem Virus, das in den USA zirkuliere, sehe es so aus, als ob bereits ein paar Mutationen enthalten seien, die es etwas näher an den Menschen "heranbringen" könnten. "Das sind aber Mutationen, die wir schon seit einiger Zeit kennen und die nicht wirklich einen neuen Sprung bedeuten", erklärt Kühn im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk.

Das Virus habe sich zwar in den vergangenen zwanzig Jahren erheblich verändert, und zwar zuungunsten der Vögel, die massenweise verendeten. Für Menschen sei die Gefahr aber nach wie vor gering: "Das Virus hat es nicht geschafft, einen Rezeptor, den wir Menschen oder auch andere Säugetiere in uns tragen, als Andockstation zu finden. Das Virus ist immer noch ein Vogelvirus und sucht einen Vogelrezeptor."

Virus kann sich im Euter stark vermehren

Die aktuelle Ausbreitung unter Milchkühen bedeutet also nicht, dass das Virus für Menschen allgemein eine Gefahr darstellt. Anders sieht es bei Kühen aus: Die Zellen im Euter haben Rezeptoren, an die das Vogelgrippevirus andocken und sich dort stark vermehren kann. Über kontaminiertes Melkgeschirr werden dann weitere Tiere des Bestands infiziert.

Für einen wirklichen Entwicklungssprung müsste das Virus aber auch an die Rezeptoren der Zellen anderer Säugetiere, zum Beispiel in den Atemwegen, andocken können. Außerdem müsste es auch das Immunsystem überwinden. Für beides gebe es keinerlei Hinweise, sagt Kühn. Gerade bei Menschen sei das Immunsystem gut an die Influenza-A-Viren angepasst.

H5N1 sei schon immer als "Pandemie-Kandidat" angesehen worden, sagt Kühn. Die jüngsten Infektionen seien aber nicht die nächste Stufe auf dem Weg zu einer Pandemie. Zudem sei die Influenza A für den Menschen nichts Neues und es gebe bereits zugelassene Impfstoffe. In Europa seien bereits 600.000 Dosen bestellt, vorgesehen insbesondere für exponierte Personen. Hinzu käme die Option auf 40 Millionen weitere Dosen. In Deutschland ist eine Impfung für Menschen aber bisher nicht geplant – es gibt hierzulande keine Nerzfarmen und bisher auch keine Rinderherde, in der das Virus entdeckt wurde.

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