Es ist kalt geworden. Ab wann jemand friert, hängt von vielen Faktoren ab: Alter, Statur, Stoffwechsel - und das Geschlecht. Vor allem für Frauen kann die Kälte zum Problem werden. Zu ihrer Ehrenrettung: Sie sind keine überempfindlichen Mimosen, ihr Kälteempfinden ist tatsächlich anders.
Warum frieren wir überhaupt?
Menschen haben eine konstante Körpertemperatur. Um diese zu halten, lässt sich der Körper einiges einfallen. Im Sommer schwitzen wir, um uns zu kühlen. Und im Winter fährt der Körper auf Sparflamme, wenn es zu kalt wird: Er gibt weniger Wärme nach außen ab, indem sich die Blutgefäße verengen.
So wird die Körpermitte mit ihren lebenswichtigen Organen besser mit Blut versorgt, Arme und Beine aber kühlen aus und wir haben frostige Extremitäten wie eisige Füße oder Hände. Bei Frauen setzt dieser Mechanismus früher ein als bei Männern. Gleichzeitig sträuben wir unser nicht vorhandenes Fell, um uns damit zu wärmen: Wir bekommen eine Gänsehaut. Im nächsten Schritt fängt der Körper an, selbst Wärme zu produzieren. Wir fangen an zu zittern.
Warum klappert man beim Frieren mit den Zähnen?
Selbst mit den Zähnen versuchen wir, Wärme zu erzeugen. Die Kaumuskulatur zieht sich immer wieder zusammen, die Zähne klappern. Auch wenn in diesem Fall nur ganz kleine Muskelpartien beteiligt sind, helfen sie, die Betriebstemperatur des Körpers zu halten. Je stärker wir frieren, desto mehr Körperpartien werden mit einbezogen.
Männer-Bonus: dickere Haut, weniger Fett, mehr Muskeln
Männer frieren in der Regel weniger als Frauen, denn sie unterscheiden sich physiologisch von ihnen:
- Mehr Muskeln: Muskeln produzieren Wärme, die sich im ganzen Körper verteilt - und das nicht nur beim Zittern. Je mehr Muskeln man hat, umso mehr Wärme kann man produzieren. Und da Männer im Schnitt 25 Prozent mehr Muskelmasse haben als Frauen, sind sie klar im Vorteil.
- Dickere Haut: Ein weiterer Pluspunkt für die Männer - zumindest hinsichtlich Kälteempfinden: Ihre Haut ist dicker als die der Frauen. Sie sind also besser isoliert und verlieren nicht so schnell an Körperwärme.
- Weniger Fett: Bei Frauen sind circa 24 Prozent des Körpergewichts Fett, beim Mann um die 15 Prozent. "Die Frau hat zum Beispiel mehr Unterhautfettgewebe. Das isoliert einerseits das Innere des Körpers gegenüber der Haut. Aber die Haut nimmt die Temperatur des Körpers von außen wahr, sodass die Haut sich dann bei der Frau kühler anfühlt als beim Mann", sagt Internist Georg Ertl von der Uniklinik Würzburg.
Die unterschiedlichen Hormone sind schuld
Verantwortlich für diese Unterschiede zwischen Mann und Frau sind in erster Linie ihre unterschiedliche Ausstattung an Sexualhormonen. Während das männliche Hormon Testosteron für mehr Muskelaufbau sorgt, wird durch das weibliche Hormon Östrogen die Fettproduktion angekurbelt.
So wird "von der Natur" gewährleistet, dass der Körper der Frau durch den höheren Fettanteil allzeit bereit ist, ein Kind auszutragen. Das Fett sorgt als Energiespeicher dafür, dass Mutter und Kind in dieser Zeit ausreichend versorgt sind. Es ist also wissenschaftlich erklärbar: Frauen frieren häufig schneller als Männer.
Gesenkte Raumtemperaturen: Nur Frösteln oder mehr?
Wohin führt uns dieses Wissen, wenn zum Beispiel Büros nur auf sparsame 19 Grad geheizt werden? Geht es da nur um ein bisschen ungerecht verteiltes Unwohlsein? Geht es nicht, sagen die Autoren einer Studie von 2019. Denn je nach Temperatur ändert sich auch die kognitive Leistung bei Männern und Frauen. Der Einfluss der Temperatur variierte bei Männern und Frauen deutlich. Bei höheren Temperaturen konnten die Frauen besser rechnen und bessere verbale Ergebnisse erzielen. Bei Männern zeigte sich der gegenteilige Effekt: Sie punkteten bei niedrigeren Temperaturen.
Was kann man tun, um auf Wohlfühltemperatur zu bleiben?
Bleibt die Frage, was Frauen machen sollen, wenn es am Arbeitsplatz unangenehm kühl wird. Schließlich will niemand auf weibliche kognitive Bestleistungen verzichten. Der Tipp: einzelne Körperteile gezielt wärmen. Das heißt, die Extremitäten, die ja zuerst auskühlen, mit dicken Socken und gefütterten Schuhen warmzuhalten. Im Homeoffice kann es auch mal eine Wärmflasche sein, die die Eiszapfen auftaut, bevor sie wieder eingemummelt werden.
Im Video: Kälte in Bayern
Frostige Wiesen, dicke Eiszapfen - so schön war die kalte Nacht in Bayern.
Dieser Artikel ist erstmals am 18. Oktober 2022 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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