Die Alternative für Deutschland (AfD) ist inzwischen in allen 16 deutschen Landesparlamenten vertreten. Zwar ist sie überall in der Opposition, aber auch ohne Regierungsbeteiligung übt die AfD Einfluss auf die Bildungspolitik aus. In Bayern etwa hatte die AfD in der letzten Legislaturperiode mit Markus Bayerbach den Vorsitz im Bildungsausschuss inne, bis dieser abgewählt wurde. Welche Ziele hat die AfD im Bereich Schule? Und was würde ein Erreichen dieser Ziele für die Gesellschaft bedeuten? Das analysiert derzeit die Universität Augsburg mit einer Studie (externer Link).
Wahlprogramme, Positionspapiere, Social Media
Das Forschungsteam geht für ihre Analyse der schulpolitischen Positionen der AfD in drei Schritten vor: Im ersten Schritt, der jetzt abgeschlossen ist, wurden die AfD-Wahlprogramme ausgewertet, die zu den Landtagswahlen in Thüringen 2014, 2019 und 2024 veröffentlicht wurden. Darüber hinaus wurde ein bildungspolitisches Positionspapier der Thüringer AfD-Landtagsfraktion analysiert. In einem nächsten Schritt werden dann Parlamentsdebatten untersucht. Und zuletzt sollen noch AfD-Social-Media-Posts analysiert werden. Bis 2028 läuft das Forschungsprojekt. Jetzt, nach der Auswertung der Wahlprogramme und des Positionspapiers, veröffentlichten die Erziehungsexpertinnen und -experten einen ersten Zwischenstand.
Grundprinzipien der AfD-Schulpolitik
Schule müsste nach dem Willen der AfD ganz anders aussehen, als es gegenwärtig der Fall ist, so das Augsburger Forschungsteam: Bei der AfD-Schulpolitik stehen das Leistungsprinzip und die Elitenförderung im Vordergrund. Für den schulischen Erfolg sei nach Auffassung der AfD jeder selbst verantwortlich. Dass die Schule auch eine Rolle bei der Integration hat, wird in den Programmen nicht angesprochen, Schule wird als Instrument für Qualifikation und Selektion betrachtet. Schülerinnen und Schüler sollten an den Leistungsgedanken der Gesellschaft gewöhnt werden. Deswegen werde auch ein nach Notenspiegel stark aufgeteiltes Schulsystem befürwortet, damit Schülerinnen und Schüler mit schlechterer Leistung die besseren nicht behinderten, so die Studie.
Was soll nach dem Willen der AfD in der Schule (nicht) unterrichtet werden?
Die bisherigen Bildungsinhalte sollten nach dem Willen der AfD geändert werden, berichtet Rita Nikolai, Professorin für Pädagogik und Forschungsleiterin der Studie: "Heimatliebe, regionale Kultur und dass das im Geschichtsunterricht vermittelt werden soll, aber auch in den anderen Unterrichtsfächern." Im Geschichtsunterricht sollen darüber hinaus Schwerpunkte auf andere Inhalte gesetzt werden, erklärt Nikolai, die Position der AfD: "Ganz starke Fokussierung (auf das) 19. Jahrhundert, weniger Thematisierung der nationalsozialistischen Geschichte und auch der Shoa. Und das ist als geschichtsrevisionistische Position zu interpretieren."
Außerdem möchte die AfD Sexualkunde noch nicht im Kindergarten oder der Grundschule sehen, weil ein Eingriff in die natürliche Scham und die Privatsphäre befürchtet wird. Nikolai widerspricht: "Natürlich muss man mit Kindern und Jugendlichen auch über den Körper sprechen. Denn nur dann sind Kinder auch sprachfähig, wenn sie zum Beispiel Übergriffe erleben. Und da muss eine Sexualpädagogik auch Kinder stark machen."
Experten sehen Gefahr für Pluralismus und Bildungsgerechtigkeit
Enrico Glaser von der Amadeu Antonio Stiftung hat sich die Studienergebnisse angesehen: "Die AfD versucht den Eindruck zu erzeugen, es gibt Kernfächer, die eine besonders herausragende Bedeutung haben. Es gibt eine starke Betonung auf handwerkliche Fähigkeiten, sowas wie Mathematik, vielleicht auch auf Deutsch. Demgegenüber: Alle Fächer, die irgendwas mit dem sozialen Zusammenleben der Menschen zu tun haben, werden nachrangig behandelt."
Gerade in einer Welt mit komplexen Konflikten und großen gesellschaftlichen Veränderungen sei es falsch und gefährlich, Kindern weniger über das gemeinsame Zusammenleben beizubringen: "Da ist der hier vorgeschlagene Weg einer, der eher den Rückwärtsgang antreten und sagen will: 'Das hat ja mir auch nicht geschadet.' Und wenn man aber genau hinguckt: Eine autoritärere Erziehung, die weniger auf soziales Miteinander setzt, hat den Menschen geschadet", entgegnet Glaser: Die AfD-Herangehensweise würde soziale Ungleichheiten vertiefen und den Zugang zu Bildung erschweren.
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