Mit diesen Schildern machen Klima-Aktivisten unweit des Hauses der Kulturen der Welt auf das Ziel des Pariser Klimaabkommens aufmerksam, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. In Ägypten beraten knapp 200 Staaten zwei Wochen lang darüber, wie der Kampf gegen die Erderhitzung beschleunigt werden kann. Die Zeit drängt, denn die vergangenen sieben Jahre waren die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Der Sommer in Europa war geprägt von Dürren, die im Zuge der Klimakrise häufiger werden.
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Vom 6. bis 18. November findet die UN-Weltklimakonferenz COP27 in Scharm el Scheich statt. Wird sie das 1,5-Grad-Ziel retten können?

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Grund zur Hoffnung? Der Weltklimagipfel COP27

Grund zur Hoffnung? Der Weltklimagipfel COP27

Viele offene Fragen werden auf der diesjährige UN-Klimakonferenz diskutiert: Wird die Politik Entscheidungen fällen, die den Klimawandel bremsen können? Werden den Versprechungen der vergangenen Jahre Taten folgen? Was bringt der Klimagipfel?

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Seit Sonntag beraten knapp 200 Staaten rund zwei Wochen lang darüber, mit welchen Mitteln der Klimawandel aufzuhalten oder zu bremsen wäre: Bis zum 18. November findet die 27. UN-Weltklimakonferenz (COP27) im ägyptischen Scharm el Scheich statt. Und es geht um viel, denn vielen Worten und Versprechungen der vergangenen Jahre müssen Taten folgen, wenn die Mitgliedsstaaten des Klimagipfels der Erderwärmung wirklich Wesentliches entgegensetzen wollen.

Im Paris-Protokoll von 2015 haben sich zwar 194 Staaten dazu verpflichtet, die globale Klimaerwärmung auf nur 1,5 Grad über der globalen Durchschnittstemperatur in vorindustriellen Zeiten zu halten (1,5-Grad-Ziel), zumindest aber deutlich unter zwei Grad.

Aber was ist danach passiert?

1,5-Grad-Ziel gefährdet

Jeder einzelne Staat, der das Paris-Protokoll unterzeichnet hat, musste daraufhin genaue nationale Klimaziele festlegen. Mit der bereits vertraglich vereinbarten Absicht, diese Ziele in den folgenden Jahren nochmals nachzuschärfen. Doch an der konkreten Umsetzung dieser Verpflichtungen hapert es weltweit. Inzwischen mahnen Forschende, dass das 1,5-Grad-Ziel kaum noch zu halten ist. Der Klimawandel schreitet voran, schneller und stärker als sowieso schon gefürchtet.

"Derzeit steuern wir auf einen Temperaturanstieg von 2,8 Grad zu. Wenn jetzt nicht alle Vertragsparteien des Pariser Klimaabkommens ihre Ziele entscheidend nachschärfen, wird das 1,5-Grad-Limit deutlich verfehlt werden." Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH)

Bisherige Versprechen verpuffen größtenteils

Aber auch diese Erkenntnis ist nicht neu, sondern wurde schon bei anderen Weltklimakonferenzen durchgekaut. Beim Klimagipfel 2021 in Glasgow waren sich beispielsweise die Staaten einig, dass der bisherige Klimaschutz bei Weitem nicht reiche und alle Staaten ihre konkreten Anstrengungen verstärken müssten. Doch der Klimaforscher Niklas Höhne, Leiter des New Climate Institute, das auch den Climate Action Tracker veröffentlicht und selbst an der Klimakonferenz teilnimmt, ist enttäuscht: Bei 172 Ländern von den knapp 200 Mitgliedsstaaten der Klimakonferenz sei in den vergangenen elf Monaten davon nichts zu merken gewesen. Sie hätten ihre Anstrengungen in keinster Weise verschärft, sagte er auf einer Pressekonferenz des Science Media Center (SMC) am 3. November.

Klimaforscher Niklas Höhne im Interview: Wie groß sind die Auswirkungen des Klimawandels schon jetzt? Was fürchten Forscher?
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Klimaforscher Niklas Höhne: Die Klimakrise endlich als Krise begreifen

Was nützen Weltklimakonferenzen noch?

Der Glaube an die Wirksamkeit von Weltklimakonferenzen ist stark gesunken. Bringt es also überhaupt etwas, wenn Jahr für Jahr Tausende auf dieser zweiwöchigen Tagung zusammenkommen? Ja, sagt Wolfgang Obergassel, der am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie die internationale Klimapolitik erforscht: Man müsse den richtigen Maßstab anlegen. Die Transformation der Weltwirtschaft, die für einen erfolgreichen Kampf gegen den Klimawandel nötig sei, sei so grundlegend, dass sie in ihrer Größe mit der industriellen Revolution vergleichbar sein. Dass so etwas nur langsam vorangehe, sei nicht überraschend, sagte er auf der SMC-Pressekonferenz am 3. November.

Für Obergassel liegt der wesentliche Nutzen in Klimakonferenzen wie der jetzigen COP27 darin, dass die Klimakrise wieder ganz oben auf der Tagesordnung der Politik lande: Die regelmäßigen Klimagipfel nötigen alle teilnehmenden Staaten, einmal im Jahr öffentlich Rechenschaft darüber abzulegen, was sie eigentlich für den Klimaschutz tun und wie sie ihre Bemühungen verstärken wollen.

Lambert Schneider, der am Öko-Institut in Berlin die internationale Klimapolitik erforscht, sieht das ebenso: Auch wenn wir mit den Klimazielen längst nicht dort seien, wo wir eigentlich sein müssten, brächten Klimakonferenzen einen wichtigen Wandel voran. Ohne das Paris-Protokoll wären die heutigen Klimaziele noch viel weniger ambitioniert. Einigen könnten sich die Staaten zwar immer nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, doch auch der verschiebe sich ganz allmählich. Leider wartet der Klimawandel aber nicht auf die internationale Politik.

Dürre: Notstand in Teilen Italiens
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Dürre: Notstand in Teilen Italiens

2022: Zeit des Erwachens?

Dürren, Hitzeperioden, Feuersbrünste und Wetterextreme schreckten in diesem Jahr vermutlich viele auf: Ist der Klimawandel schon derart spürbar? Nur ein Vorgeschmack, so warnt der jüngste Klimabericht des Weltklimarates IPCC, der vom Sommer 2021 bis Sommer 2022 in drei Teilen veröffentlicht wurde. So ein "Sachstandsbericht" des IPCC erscheint nur alle paar Jahre. Tausende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten daran, um den aktuellen Wissensstand zum Klimawandel ausführlich wiederzugeben und daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten. Und dieser sechste IPCC-Bericht war so drastisch, dass er jeden Entscheidungsträger aufrütteln sollte.

Jetzt handeln, um den Klimawandel zu begrenzen

Der Weltklimarat richtet sich explizit an politische Entscheidungsträger. Denn alles Wissen um den Klimawandel und was ihn vorantreibt, nützt nichts, wenn die Menschheit in ihrem Handeln nichts ändert. Jetzt ist es an der Politik, die unliebsamen Entscheidungen zu treffen, die tatsächlich den globalen CO2-Ausstoß verringern könnten.

Denn auch Deutschland hat sich zwar das Ziel gesetzt, bis 2030 den CO2-Ausstoß um 65 Prozent (im Vergleich zu 1990) zu senken. Doch die Umsetzung hinkt hinterher. Ohne schärfere Regelungen wird Deutschland das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 schlicht verpassen. Die Klimaziele 2021 wurden verfehlt und die aktuelle erweiterte Nutzung von Kohlekraftwerken aufgrund der Energiekrise wird die Situation nicht verbessern. Ganz zu schweigen davon, dass wir wie andere Industriestaaten auch einen großen Teil unserer Treibhausgas-Emissionen in ärmere Regionen der Welt exportieren, etwa durch die Finanzierung von Öl- und Gasprojekten in Afrika oder Lateinamerika, wie Müller-Kraenner bemängelt.

Hans-Martin Henning, Vorsitzender des Expertenrates für Klimafragen (ERK)
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Deutschland wird seine Klimaziele verfehlen, warnt Hans-Martin Henning, Vorsitzender des Expertenrates für Klimafragen.

Energiekrise contra Klimakrise?

Die Klimaforscher Höhne und Obergassel hoffen, dass die Klimakonferenz COP27 die Klimakrise wieder zum Thema Nummer eins der Politik macht, statt der derzeitigen Energiekrise. Denn die sorgt zwar dafür, dass die Energiewende der Politik plötzlich viel dringender erscheint, führt aber leider auch zu ausgesprochen Klima-schädlichen Entscheidungen. Etwa, wenn jetzt wieder in die Bohrung neuer Gasfelder oder den Bau von Flüssiggas-Terminals investiert wird. Höhne warnt, dass das 1,5-Grad-Ziel nur dann einzuhalten ist, wenn die Gewinnung fossiler Energieträger gar nicht mehr finanziert werde.

Dazu hatte sich Deutschland auch, zusammen mit vielen anderen Staaten, auf dem letzten Weltklimagipfel 2021 in Glasgow verpflichtet. Und jetzt? Nur Schall und stattdessen viel Rauch?

Nach Ansicht von Obergassel bietet die Energiekrise auch eine Chance im Kampf gegen den Klimawandel. Wenn die Politik begreife, dass es auf Energie- und Klimakrise gemeinsame Antworten geben müsse - etwa den Ausbau erneuerbarer Energien und die Steigerung der Energieeffizienz.

Deutschlands Rolle auf dem Weltklimagipfel

Auf dem internationalen Klimapolitik-Parkett präsentiert sich Deutschland gerne als Vorreiter und fordert verstärkte weltweite Anstrengungen. Zum Beispiel von den Schwellenländern, die sich gerade zu großen Treibhausgas-Ausstoßern entwickeln, wie etwa Indien. "Wichtig ist, dass alle großen Emittenten nun folgen", sagt die Sonderbeauftragte für internationalen Klimaschutz im Auswärtigen Amt, Jennifer Morgan.

Doch bei einem Thema, das in diesem Jahr eine entscheidende Rolle bei der Klimakonferenz spielen wird, hält sich auch Deutschland deutlich zurück: Bei der Frage nach Klimagerechtigkeit bzw. finanziellem Ausgleich für die Entwicklungsländer, die zum Klimawandel bislang noch wenig beigetragen haben, jedoch besonders stark unter ihm leiden.

Ein alter Mann und ein junger Mann sitzen auf der Schwelle eines von der Flut zerstörten Hauses.
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Flutopfer in Pakistan

Entwicklungsländern fehlt das Geld, sich an den Klimawandel anzupassen

Die Entwicklungs- und Schwellenländer mahnen die Industriestaaten, endlich die finanziellen Hilfen zur Anpassung an den Klimawandel bereitzustellen, zu denen sie sich 2009 verpflichtet hatten. 100 Milliarden Euro pro Jahr haben die Industrienationen vor 13 Jahren versprochen - davon ist bislang nur ein Bruchteil auf dem Tisch.

Doch der Klimawandel, vorangetrieben in erster Linie vom jahrzehntelangen CO2-Ausstoß der Industrienationen, kostet anderswo auf der Welt Menschenleben. Etwa am Horn von Afrika, mahnt die internationale Hilfsorganisation Care, wo die schlimmste Dürre seit vierzig Jahren akut 36 Millionen Menschen hungern lasse. Die Welthungerhilfe fordert, insbesondere Afrika ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken, da hier der Klimawandel Millionen der ärmsten Menschen mit Dürren, Überschwemmungen und extremer Hitze bedrohe.

Rechtzeitig vor Beginn der Weltklimakonferenz hat das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) am 3. November in seinem "Adaptation Gap Report" die Geberländer kritisiert: Sie stellten zu wenig Geld für die Entwicklungsländer bereit, damit diese sich an den Klimawandel anpassen können. Der Bedarf der Länder im globalen Süden sei fünf- bis zehnmal höher als die internationalen Hilfszahlungen.

"Der aktuelle Bericht macht deutlich, dass es der Weltgemeinschaft nicht gelingt, die Menschen vor den gegenwärtigen Auswirkungen der Klimakrise zu schützen." UN-Generalsekretär António Guterres

Die Angst der Industrienationen vor Schadensersatz

Obergassel, der die internationale Klimapolitik erforscht, betont, dass selbst die 100 Milliarden Euro jährlich nicht abdecken werden, was der Klimawandel an Schaden und Verlusten anrichte. Doch genau das sei das Problem: Bei der ganzen "Loss and damage"-Diskussion der Klimakonferenzen fürchten die Industriestaaten, in eine Haftungsdiskussion zu geraten, die sogar juristische Folgen zeitigen könnte. Was kostet es, wenn ein ganzes Land etwa durch Dürren oder steigenden Meeresspiegel unbewohnbar wird? Die Schäden könnten schlicht unbezahlbar sein.

Damit die Entwicklungsländer aber weiterhin willens und in der Lage sind, sich dem Kampf gegen die Klimaerwärmung anzuschließen, muss dringend auf deren Bedürfnisse eingegangen werden.

UN-Klimakonferenz braucht mehr als Absichtserklärungen

Nur eine schnelle, umfassende und nachhaltige Reduzierung von Treibhausgasen könnte es noch möglich machen, dass die Menschheit ihre selbstgemachte Erderwärmung auf 1,5 bis zwei Grad Celsius begrenzt. Absichtserklärungen sind längst nicht mehr genug. Jetzt geht es um tatkräftige Entscheidungen aller Staaten der internationalen Klimakonferenz, ein gründliches Umdenken in der Politik.

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