Das Rathaus in München und die Münchner Frauenkirche sind bei Nacht zu sehen. Sie werden nicht künstlich beleuchtet. Das Foto ist zur Earth Hour im Jahr 2020 aufgenommen worden. Bei der Earth Hour wird eine Stunde lang die künstliche Beleuchtung als Zeichen für Umwelt- und Klimaschutz ausgeschaltet.
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Das Rathaus in München und die Münchner Frauenkirche sind bei Nacht zu sehen. Sie werden nicht künstlich beleuchtet.

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Weniger Lichtverschmutzung durch Energiesparmaßnahmen?

Weniger Lichtverschmutzung durch Energiesparmaßnahmen?

In Deutschland gehen nachts die Lichter aus: Öffentliche Denkmäler und Kirchen werden nicht mehr angestrahlt, ab 22 Uhr sind beleuchtete Werbereklamen verboten. Das könnte einen positiven Nebeneffekt haben: weniger Lichtverschmutzung.

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Bislang war künstliches Licht billig. Es schaut gemütlich aus, es stinkt nicht, es erleuchtet unsere Straßen, Gärten und Siedlungen, und seit der Einführung von LED-Lampen kostet es immer weniger Strom. Kein Wunder, dass wir immer weiter erleuchtet werden: Jährlich wird das nächtliche Deutschland um rund ein bis zwei Prozent heller.

Doch Kleinvieh macht auch Mist – und deshalb gilt seit dem 1. September ein halbes Jahr lang eine neue Energieverordnung der Bundesregierung. Diese betrifft auch das Licht: So sollen beleuchtete Werbeanlagen ab 22.00 Uhr bis 16.00 Uhr des Folgetages nicht betrieben werden dürfen – das betrifft auch Schaufenster. Baudenkmäler und Gebäude dürfen von außen nicht beleuchtet werden, eine Ausnahme gibt es nur für Sicherheits- und Notbeleuchtung.

Doch dem Ganzen gibt es auch positive Aspekte abzugewinnen: Denn die Lichtverschmutzung, auch Lichtsmog genannt, dürfte dadurch zumindest vorübergehend abnehmen.

Lichtverschmutzung ist schädlich für Menschen und Ökosysteme

Lichtverschmutzung ist auch für uns Menschen schädlich. "Wir leiden unter Schlafmangel oder Schlafstörungen, weil die Ausschüttung von Melatonin durch bläuliches Licht behindert wird", sagt Michael Remy, Referent für Energie und Klima beim Bund Naturschutz. Melatonin ist das Hormon, das bei uns Menschen den Tag-Nacht-Rhythmus steuert. Aber nicht nur der Mensch, auch andere tagaktive Organismen sind von unserem Licht betroffen: So fangen beispielsweise Vögel früher am Morgen mit dem Singen an und Bäume im künstlichen Dauerlicht verlieren eher ihre Blätter.

60 Prozent der Lebewesen nachtaktiv

"Vor allem sind aber 60 Prozent aller Lebewesen nachtaktiv", sagt Michael Remy. Insbesondere Insekten seien von der Lichtverschmutzung gestört – in den vergangenen Jahren realisieren Forscherinnen und Forscher immer mehr, dass die Lichtverschmutzung einen nicht zu vernachlässigenden Beitrag zum Insektensterben leistet. "Insekten werden durch künstliches Licht regelrecht aus ihrer ökologischen Aufgabe herausgesaugt", sagt Sibylle Schroer vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei.

Insekten durch künstliches Licht irritiert

Das künstliche Licht irritiert die Insekten, weil sie sich normalerweise nachts anhand von natürlichen Lichtquellen orientieren. Sie kreisen um die Laternen, gehen vor Erschöpfung zugrunde oder werden gefressen. Eine einzige Straßenlaterne kann in einer Sommernacht Tausende Insekten von ihren natürlichen Tätigkeiten ablenken - und in Deutschland gibt es rund neun Millionen Straßenlaternen.

Sibylle Schroer nennt als Beispiel die Eintagsfliege: Diese lebt natürlich länger als einen Tag, aber eben nur für sehr kurze Zeit an Land und in der Luft, wo sie sich paart. Sie ist in und an Gewässern heimisch – und auf diesen legen die Weibchen normalerweise auch ihre Eier ab.

Selbst wenn ein Weibchen sich nicht von Uferbeleuchtung und sonstigen künstlichen Lichtquellen ablenken lassen sollte, bekommt die Eintagsfliege aufgrund unseres Lichts Nachwuchsprobleme: "Nachts spiegelt sich natürliches Licht auf dem Wasser, aber die Spiegelung künstlichen Lichts auf glatten Oberflächen wie Straßen oder Autos ähnelt der Reflexion von Mond und Sternen auf Wasseroberflächen – und dadurch werden die Eier auf ungeeignetem, meist trockenem Lebensraum abgelegt", sagt Schroer.

Auch mit weniger Beleuchtung wird es nicht zappenduster

Und so begrüßt Sibylle Schroer die neue Verordnung in Bezug auf das Einsparpotenzial bei der Lichtverschmutzung. Auch Michael Remy hält das verringerte Licht für den richtig Weg. "Gerade wenn man sich die Außenbeleuchtung von Gebäuden und die beleuchteten Werbereklamen von Geschäften ansieht, sieht man sehr viel Licht, das eigentlich unnötig ist", sagt er. Christopher Kyba vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ geht sogar noch einen Schritt weiter: "Wenn heute Abend aus irgendeinem Grund jedes Licht nur halb so hell wie gestern scheint, würde das niemand merken."

"Das Problem daran ist: Wenn man eine extrem helle Werbetafel neben einer normalen Straße hat, dann sieht die Straße dunkel aus", sagt er. Das sei sie aber überhaupt nicht. "Im Gegenzug wirkt eine schwach beleuchtete Werbereklame in einer sehr hell beleuchteten Straße so, als wäre sie überhaupt nicht beleuchtet", sagt Christopher Kyba. Das erklärt teilweise, warum die Innenstädte heller und heller werden – jeder will am hellsten scheinen. Außerdem werden wir durch helle Lichtquellen, die in alle Richtungen strahlen, geblendet – wenn wir dann an einen dunkleren Ort gehen, haben wir das Gefühl, dass wir gar nichts sehen können.

Ein halbes Jahr weniger Lichtverschmutzung: Was bringt es?

Ob ein halbes Jahr weniger künstliches Licht durch Werbung und angestrahlte Gebäude jetzt eine wirkliche Erholung für unsere Umwelt bedeuten, sei dahingestellt. Und natürlich ist eine Einkaufsstraße in einer Stadt kein ideales Biotop. "Aber gerade in den großen Städten in Deutschland haben wir immer mehr Zuzug von Vögeln und Wildtieren", sagt Sibylle Schroer. "Und in Gewässerbereichen ist es für gut, wenn wir weniger Licht in Städten erzeugen."

"Ich glaube, es geht auch darum, eine Verhaltensänderung zu bewirken", sagt Michael Remy. "Ich hoffe, dass wir merken, dass nur, weil jetzt ein paar Lichter aus sind, es nicht massig Überfälle gibt und auch der Straßenverkehr nicht zusammenbricht, wenn einige Ampelanlagen ausgeschaltet sind. Ich glaube, dass der Angst bei einigen Menschen, die irgendwo unterschwellig existiert, der Wind aus den Segeln genommen werden kann. Und auch wenn es jetzt energietechnisch nicht den größten Beitrag leistet: Jedes Bisschen hilft."

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