Die Tropenmediziner vom Bernhard Nocht-Institut in Hamburg gehen in diesem Frühjahr von deutlich weniger Stechmücken aus als in anderen Jahren um diese Zeit. Feuchtgebiete, Teiche und Tümpel haben weniger Wasser oder sind teilweise ausgetrocknet.
Deswegen gebe es einfach weniger Brutplätze, wo sonst im Frühjahr Mücken ausgebrütet werden, so Renke Lühken von dem renommierten Tropeninstitut. "Dasselbe sieht man auch in künstlichen Brutgewässern, Regentonnen etc., dass die auch schon leer gelaufen sind." Dadurch gebe es in Gärten ebenfalls weniger Mücken.
Niedrigwasser in den Seen und Trockenheit in den Gärten
Andere Beobachter bestätigen das: "Ich persönlich habe noch nie so wenige Stechmücken gesehen wie in diesem Jahr", sagt etwa Carsten Pusch, Insekten-Experte beim Naturschutzbund (NABU) in Schleswig-Holstein. Das gelte für Gärten wie für Seen. Denn auch die niedrigen Wasserstände in Seen machen den Stechmücken zu schaffen.
An den bayerischen Seen fehlen derzeit die Überschwemmungsbereiche an den Ufern, wo sich Mücken gut vermehren können, sagt Felix Hälbich vom Bund Naturschutz in Bayern. "Die Mücken vermehren sich nicht im oder am See, sondern drum rum, bzw. im flachen Uferwasser. Dort bilden sich manchmal Pfützen, wo Wasser nicht gleich abläuft."
So vermehren sich Stechmücken
Stechmücken brauchen Wasser für ihren Nachwuchs. Entweder sie legen ihre Eier direkt auf den Wasserspiegel oder sie deponieren trockenheitsresistente Eier an Stellen, die später durch Überschwemmungen oder Regen zu Gewässern werden. Über den Lebenszyklus einer Stechmücke schreibt die Regensburger Firma Biogents: "Einige Arten legen ihre Eier in Astlöcher oder andere kleinste Wasseransammlungen, andere in Gräben, Tümpel oder Sickergruben, wieder andere in große Überschwemmungsgebiete. Aus den Eiern schlüpfen die Mückenlarven. Bei den meisten Arten hängen sie mit einem Schnorchel am Hinterleib an der Wasseroberfläche."
Mückenmangel ist eine Momenterscheinung: Keine Entwarnung für den Sommer
Eine Entwarnung für den Sommer ist die aktuelle Mückenflaute jedoch nicht: "Dieses trockene Frühjahr, genauso wie extrem kalte Winter, haben keinen Effekt darauf, wie der Sommer mit den Stechmücken wird. Also im Juli, August kann man trotzdem sehr zerstochen werden" dämpft Experte Lühken die Erwartungen.
Etwa bei den sogenannten Überschwemmungsmücken seien die Bedingungen im Sommer entscheidend, da ihre Eier für mehrere Jahre trockenresistent seien. "Wenn es sehr stark regnet, dann werden deren Eier überschwemmt und dann hat man trotzdem Stechmücken-Plagen."
Problemfall Asiatische Tigermücke in Süddeutschland heimisch
Besonders im Fokus bleibt die Asiatische Tigermücke (Aedes Albopictus), die sich weiter in Deutschland ausbreitet: "Sie ist ja fest etabliert in Süddeutschland, jetzt schon fast zehn Jahre. Die nördlichste Population sei Berlin", so Lühken. Er warnt, dass die Asiatische Tigermücke sehr wahrscheinlich "zur Übertragung von wirklich tropischen Viren in Deutschland führen" werde. Das sei unaufhaltsam.
Nach Angaben des Umweltbundesamtes kann die Asiatische Tigermücke in betroffenen Regionen unter anderem das West-Nil-Virus, Dengue- und Zika-Viren übertragen. Deswegen sollen die besonders aggressiven Mücken bei Verdachtsfällen eingeschickt werden. In Bayern gibt es ein spezielles Stechmücken-Monitoring. Trotz Sicherungs- und Bekämpfungsmaßnahmen heißt es da: "Während im Jahr 2023 in 10 bayerischen Landkreisen Asiatische Tigermücken gefunden wurden, waren es in 2024 17 Landkreise."
Die Tiere sind den Angaben zufolge kleiner als eine Ein-Cent-Münze, haben einen schwarzen Körper, eine auffällig weiße Musterung, fünf weiße Ringe am hinteren Beinpaar sowie einen weißen Längsstreifen auf dem Vorderrücken. Fängt man ein solches Exemplar, ohne es zu zerquetschen, solle man es über Nacht einfrieren und möglichst bald in einem kleinen Behälter übersenden.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!