27.03.2025: Eine Informationstafel ist vor einem ehemaligen Wachturm auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg angebracht.
LIVESTREAM beendet
Bildrechte: picture alliance/dpa/Armin Weigel
Livebeitrag

KZ-Gedenkstätte Flossenbürg

Livebeitrag
>

Jetzt live: Flossenbürg - Gedenkfeier zu Jahrestag der Befreiung

Jetzt live: Flossenbürg - Gedenkfeier zu Jahrestag der Befreiung

In der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg wird an die Befreiung des Konzentrationslagers vor 80 Jahren erinnert. Zum Gedenkakt werden etwa 1.000 Menschen erwartet, darunter auch einige der letzten Überlebenden - die Gedenkfeier sehen Sie hier im Livestream.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Sie wurden in die Außenlager des KZ-Komplexes Flossenbürg verschleppt, um Zwangsarbeit zu leisten für die deutsche Kriegsindustrie. Heute sind die meisten von ihnen weit über 90 Jahre alt: Leszek Żukowski, Leon Weintraub, Lydia Tischler, Josef Salomonovic und Shelomo Selinger wollen zu den Gedenkfeierlichkeiten nach Flossenbürg reisen. Ebenso wie die Herzöge Max Emanuel und Franz von Bayern, die als Kinder zusammen mit anderen Mitgliedern der Familie Wittelsbach für einige Wochen als Geiseln der Nazi-Führung in Flossenbürg inhaftiert waren.

BR24 überträgt die Gedenkfeier - zu sehen oben im Livestream.

Ausbeutung durch Zwangsarbeit

Das KZ Flossenbürg wurde im Jahr 1938 errichtet. Bis Kriegsende wurden dort insgesamt rund 84.000 Männer und 16.000 Frauen aus 47 Nationen inhaftiert, unter ihnen auch Kinder und Jugendliche. Rund 30.000 von ihnen wurden ermordet. Im Gegensatz zu frühen Lagern wie dem KZ Dachau diente Flossenbürg nicht vornehmlich der Vernichtung des politischen Widerstands gegen die Nationalsozialisten, sondern vor allem der Ausbeutung der Häftlinge durch Zwangsarbeit.

Die Schutzstaffel (SS), die im ganzen Reich für Betrieb und Bewachung der KZ zuständig war, hatte sich seit Hitlers Machtübernahme zu einer weitverzweigten Organisation mit eigenen Wirtschaftsunternehmen entwickelt. Dazu gehörten auch die Deutschen Erd- und Steinwerke, für die Flossenbürg wegen seiner Steinbrüche von Interesse war. Um die dortigen Granit-Vorkommen auszubeuten, ließ die SS ab Mai 1938 das KZ Flossenbürg errichten. Dazu wurden zunächst rund 100 Gefangene aus dem KZ Dachau in die Oberpfalz deportiert. Ihre Zahl wuchs in den darauf folgenden Jahren kontinuierlich an.

Verdrängte und verleugnete Opfer

Die meisten wurden von den Nazis als sogenannte "Berufsverbrecher" oder "Asoziale" inhaftiert, ein Stigma unter dem viele Überlebende auch nach der Befreiung zu leiden hatten. "Da waren zum Beispiel Wilderer aus dem Bayerischen Wald darunter oder Alkoholiker aus dem Arbeitermilieu", erklärt der Leiter der KZ-Gedenkstätte, Jörg Skriebeleit. "Das ist eine über viele Jahrzehnte verleugnete und verdrängte Opfergruppe."

Im Steinbruch zu Tode geschunden

Die Häftlinge mussten im Steinbruch unter unmenschlichen Bedingungen für die SS Zwangsarbeit leisten: 12 Stunden täglich bei jedem Wetter, kaum Pausen, unzureichende Verpflegung und Kleidung, keinerlei Sicherheitsvorkehrungen. Viele überlebten diese Strapazen nicht. Dazu kamen Schikane, Demütigungen, Folter und öffentliche Hinrichtungen auf dem Appellplatz. Die Todesrate war bald so hoch, dass ein eigenes Krematorium gebaut werden musste. Später wurde Flossenbürg auch Tatort systematischer Mordaktionen an Menschen mit Behinderungen, sowjetischen Kriegsgefangenen, polnischen Häftlingen und ausländischen Zwangsarbeitern.

Billige Arbeitskraft für Deutschlands Kriegswirtschaft

Im Zweiten Weltkrieg entwickelte sich Flossenbürg schließlich zu einem rund 80 Außenlager umfassenden KZ-Komplex, der von Würzburg bis Prag und von Sachsen bis Niederbayern reichte. Männer und Frauen aus ganz Europa mussten dort Zwangsarbeit für die deutsche Kriegswirtschaft leisten, unter ihnen viele Jüdinnen und Juden, die teils aus Auschwitz und anderen Vernichtungslagern ins Deutsche Reich deportiert wurden. Anfang 1943 verlagerte der Rüstungskonzern Messerschmitt einen Teil seiner Fertigung von Regensburg nach Flossenbürg. Auch zahlreiche andere Firmen, Dienststellen und Privatleute der Region profitierten von der Sklavenarbeit der Gefangenen.

Als sich die Niederlage der Wehrmacht längst abzeichnete, ließ die Nazi-Führung prominente Geiseln und Widerstandskämpfer nach Flossenbürg bringen, unter ihnen den Theologen Dietrich Bonhoeffer. Die SS erhängte ihn am 9. April 1945 im Hof des Arrestbaus.

In den letzten chaotischen Tagen vor dem militärischen Zusammenbruch räumte die SS die Lager und trieb die Häftlinge auf Todesmärschen. Als die US Army am 23. April 1945 das Flossenbürger Stammlager befreite, fand sie dort noch 1.500 schwerkranke Menschen vor, die die SS ihrem Tod überlassen hatte.

Nach der Befreiung – vergessen und verdrängt

Nach der Befreiung wurde die Geschichte des KZ und das Leid der Häftlinge schnell verdrängt, auf Teilen des KZ-Geländes wurde eine Wohnsiedlung errichtet, der Steinbruch war noch bis 2024 in Betrieb. Es dauerte bis zum Jahr 2007, bis in der ehemaligen Wäscherei des KZ eine Dauerausstellung installiert wurde.

Interesse am Erinnerungsort wächst

Das Interesse an dem Erinnerungsort hat laut Gedenkstättenleiter Skriebeleit zuletzt stark zugenommen. Ein Grund dafür sei sicherlich der massive gesellschaftliche Rechtsruck: "Am 'Höllenschlund' Flossenbürg wird einem bewusst, was Menschen Menschen antun können." Viele hätten angesichts der aktuellen politischen Entwicklung Angst, dass derartiges wieder passieren könne. Ein Ort wie Flossenbürg könne Kraft geben, sich dem entgegenzustellen. "Unser Ziel ist keine Ritualisierung des Gedenkens, sondern ein starkes menschliches Signal."

Im Video: Die Todesmärsche aus Flossenbürg (Archiv)

Konzentrationslager Flossenbürg
Bildrechte: BR
Videobeitrag

Konzentrationslager Flossenbürg

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!