Georg Hundhammer klettert über herabgefallene Äste auf dem Hof seiner Familie in Eggstätt im Chiemgau. Auch ihn hat es erwischt: Der Biber war am Werk. Im Sommer hat ein Biber einen Damm im angrenzenden Mühlbach gebaut, die Wiese wurde überschwemmt und der durchnässte Boden führte im August bei einem Sturm dazu, dass auf 40 Metern Länge Bäume umstürzten.
Umgefallene Bäume, Gehölz, Wurzelstöcke – die Aufräumarbeiten schätzt Hundhammer auf rund 3.000 Euro. Wenige hundert Meter weiter steht bereits Wasser in der Nähe von Gebäuden und gefährdet die Fundamente.
"Du gehst drüber – und auf einmal brichst du ein!"
Biber-Frust herrscht auch in Schechen bei Rosenheim: Eine Biberfamilie staut das Wasser. Der Pegel sei schon um zwei Meter gestiegen – "echt wahr!", sagt Landwirt Martin Rinser. Die Folge: sumpfige Wiesen, die nicht mehr entwässern.
Besonders gefährlich sind die Tunnel, die Biber in die Ufer bauen. Sie brechen immer wieder ein und hinterlassen plötzlich Löcher im Feldweg – eines davon misst 80 cm Tiefe. "Das ist echt gefährlich, wie Minen! Du gehst drüber – und auf einmal brichst du ein!", warnt Landwirt Heinzl Franz im BR-Politikmagazin Kontrovers.
Das Risiko macht auch vor Bahngleisen und Bundesstraßen nicht Halt. Das Landratsamt konnte eine "Gefahr für Leib und Leben" nicht ausschließen und hat darum genehmigt, was eigentlich verboten ist: die Biber-Dämme regelmäßig zu zerstören.
Biber-Wiederansiedlung: Eine Erfolgsgeschichte?
Rund 27.000 Biber gibt es inzwischen in Bayern – eine kleine Erfolgsgeschichte, denn bis vor einigen Jahrzehnten galt der Biber als ausgerottet. Der Bund Naturschutz setzte sich in den 60er Jahren für die Wiederansiedlung ein.
Berit Arendt, Bibermanagerin für Nordbayern, ist fasziniert von den Tieren: "Sie sind einzigartig im Tierreich, können Landschaften massiv verändern." Biberburg und Biberdamm sind streng geschützt. Arendt hat Verständnis für den Frust der Landwirte, wehrt sich aber gegen pauschale Forderungen, etwa nach Abschüssen: "Nicht nur Kulturlandschaft, sondern wir brauchen auch Naturlandschaft." Es gebe genug Optionen, von Biber-Umsiedlungen ins Ausland bis zu genehmigten Damm-Entnahmen.
Mensch vs. Biber: Kein Hinterherkommen am Damm
Landwirt Heinzel hat sich kürzlich an einer Damm-Entnahme versucht – mit überschaubarem Erfolg. Nur wenige Stunden später war alles wieder wie vorher. "Gar keine Chance", sagt Heinzel, den Kampf gewinne immer der Biber, "weil ich habe ja Landwirtschaft daheim und andere Sachen auch zu tun." Nur wenige Meter weiter dasselbe Bild.
Auch Hundhammer durfte neulich einen Damm entfernen. Doch nur Tage später hatte der Biber einen neuen gebaut – "so dicht, der Bach war restlos zu. Da ist hinten kein Wasser mehr gelaufen, da sind die Muscheln so 'rumgelegen."
Die Aufräumarbeiten werden ihm die Behörden ersetzen. Der Bauernverband teilt Kontrovers auf Anfrage aber mit, dass das nicht immer vollumfänglich geschehe.
Jagen für das Gleichgewicht?
Aus dem einstigen Biotop des Baches ist ein Biber-Paradies geworden. Hundhammer würde etwa umgestürzte Pappeln gerne neu pflanzen. Doch was werden die Biber wohl mit der Neupflanzung tun?
So gehe das nicht weiter, finden Hundhammer und der örtliche Bürgermeister. Ihre Forderung: Biber-Abschuss. "Er muss einfach so bejagt werden, dass die Natur wieder im Gleichgewicht ist," findet Hundhammer. Auch Bayerns Jagdminister Hubert Aiwanger (FW) fordert den Biber-Abschuss: "3.000 bis 5.000 werden im Jahr geschossen. In meinen Augen müssten deutlich mehr geschossen werden."
Für Bibermanagerin Arendt sind solche Aussagen lediglich Populismus. Das Biber-Töten sei eine Ausnahme, der Biber-Schutz unterliege dem EU-Recht. Wenn Aiwanger etwas tun wolle, solle er die Entschädigungsgelder erhöhen. Menschen müssten "auch lernen, dass es manchmal zugunsten der Tiere ausgehen kann". So ganz fair scheint Georg Hundhammer diese Definition von Natur nicht zu finden: "Wenn ein Mensch den Schaden an der Natur angerichtet hätte, würde er bestraft werden. Und der Biber wird geschützt."
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