Jugendliche nehmen in der bayerischen Landeshauptstadt mit Plakaten und Transparenten an einem bayernweiten Schulstreik gegen den neuen Wehrdienst in Deutschland teil
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Jugendliche in München demonstrieren gegen Wehrdienst-Gesetz
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Jugendliche in München demonstrieren gegen Wehrdienst-Gesetz

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Schulstreiks gegen neuen Wehrdienst – auch in Bayern

Schulstreiks gegen neuen Wehrdienst – auch in Bayern

Der Bundestag hat das neue Wehrdienst-Gesetz beschlossen. Am gleichen Tag demonstrieren an vielen Orten in Bayern junge wie alte Menschen dagegen – teilweise mit drastischen Plakaten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Radio am .

Der Bundestag hat am Freitag für die Neuregelung des Wehrdienstes gestimmt. Fast zeitgleich sind bundesweit Schülerinnen und Schüler, aber auch ältere Menschen dagegen auf die Straße gegangen: in Bayern kamen beispielsweise in Würzburg rund 40 Menschen, in Nürnberg 400, in München 1.300, in Augsburg 350, in Kempten 110, in Rosenheim 70.

Schulstreiks gegen Wehrpflicht an vielen Orten in Bayern

"Nie, nie, nie wieder Wehrpflicht", skandierten Demo-Teilnehmer in München Giesing und "Wehrpflicht ist scheiße, führt euren Krieg alleine". Einige Schülerinnen und Schüler unterstrichen ihr Anliegen mit teilweise drastischen Plakaten, etwa: "Kein Werben fürs Sterben", "Lieber Hausaufgaben statt Schützengraben", "Friedrich an die Front", "Zivildienst = Lohndumping".

"Wir wollen unser Leben selbstbestimmt führen und nicht Befehle befolgen in einer Kaserne", sagt eine Teilnehmerin. Ein Schüler schlägt versöhnliche Töne an: "Ich kann Leute verstehen, die zur Bundeswehr gehen, ich habe mir das auch überlegt, aber Leute dazu zu zwingen, ist nicht die richtige Herangehensweise."

Gesetz sieht keine Wehrpflicht vor

Vielerorts standen die Demos unter dem Motto "Schulstreik gegen Wehrpflicht" – obwohl das neue Gesetz keine Wiederaufnahme der Wehrpflicht vorsieht. Nun sollen ab Januar alle jungen Menschen, wenn sie volljährig werden, einen Fragebogen zu ihrer Motivation und Eignung bekommen. Für Männer ist das Ausfüllen – ebenso wie eine Musterung – verpflichtend, für Frauen freiwillig.

Unterstützt wurden die Demos von heterogenen Gruppen, einige aus dem linken Spektrum, von den Gewerkschaften GEW und Verdi bis zur Linksjugend Solid und der DKP.

Schülerinnen und Schüler fühlen sich übergangen

Selina aus Würzburg war dabei, weil sie das Gefühl hat, dass über die Köpfe junger Menschen hinweg entschieden wird. "Wir sind eh schon benachteiligt in der Politik", sagte sie. In Nürnberg bastelten einige Schüler bereits seit 8 Uhr morgens Plakate, unter anderem mit der Aufschrift: "Ich will leben, nicht dienen müssen" und "Warlords go home". Ein junger Mann hat Angst, dass er oder seine Freunde im Krieg sterben müssen.

Es gibt aber durchaus auch von Jüngeren Kritik an den Streiks. So sieht die "Auszubildenden und Schüler Union in Bayern" die Schulstreiks "mit großer Sorge", spricht von "Angstmacherei" und erklärte: "Wer Sicherheitspolitik als 'Zwang in den Krieg' darstellt, verzerrt die Realität und schürt unnötige Panik."

In München erste Demo bereits am Donnerstagabend

In München hatten bereits am Donnerstagabend rund 1.500 Menschen gegen das Gesetz demonstriert – ein Großteil von ihnen Erwachsene aus dem linken Spektrum. Kritik am Wehrdienst-Gesetz mischte sich teilweise mit grundsätzlicher Kritik wie: "Hinter dieser Wehrpflicht steht das Kapital", "Die Reichen wollen Krieg, die Jungen eine Zukunft".

Verteidigungsminister setzt weiter auf Freiwilligkeit

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) setzt darauf, dass sich auch ohne Wehrpflicht künftig genug Freiwillige für den Dienst an der Waffe finden. Im Juli hieß es, dass die Zahl der freiwillig Wehrdienstleistenden im ersten Halbjahr 2025 um 15 Prozent auf 11.400 gestiegen sei. Laut Bundeswehr (externer Link) gab es zuletzt 12.062 freiwillig Wehrdienstleistende.

Bei der Bundestagsdebatte vor der Abstimmung ging Pistorius auf die Demonstrationen ein. Er finde es "großartig", dass junge Leute demonstrierten. Aus Gesprächen wisse er aber auch, dass viele junge Menschen bereit seien, Verantwortung zu übernehmen.

Umfragen ergeben: Zustimmung für Wehrdienst altersabhängig

Laut einer aktuellen Befragung der Uni Bielefeld ist die Gesellschaft uneins beim Thema Wehrdienst. Eine Mehrheit (52 Prozent) befürwortet demnach grundsätzlich einen militärischen Dienst für junge Menschen, etwa ein Drittel (31 Prozent) ist dagegen, etwa jeder Fünfte (17 Prozent) unschlüssig. Allerdings befürworten nur 32 Prozent der 18- bis 24-Jährigen die Wiedereinführung eines militärischen Pflichtdienstes, bei den über 60-Jährigen waren es 67 Prozent.

Eine ähnliche Tendenz sieht der ARD-Deutschlandtrend: Dort sprachen sich im Juli über alle Altersgruppen hinweg 73 Prozent für eine Wiedereinführung des verpflichtenden Wehr- oder Zivildienstes aus. Bei den 18- bis 34-Jährigen ist das Bild geteilt: 45 Prozent wollen an der Aussetzung festhalten, eine knappe Mehrheit von 51 Prozent kann sich eine Wiedereinführung der Wehrpflicht vorstellen.

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Jugendliche in München demonstrieren gegen das neue Gesetz zum Wehrdienst.

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