Es sind richtig dicke Fische, die Kevin Pommerenke aus dem Fischzuchtbetrieb Wasserwiesen bei Rosenheim aus seinen Teichen holt. Darunter Namen, die der Laie eher selten hört: Zeiler, Goldarmur oder Tigerhecht. Hier verwirklicht sich der 32-Jährige einen Lebenstraum: die naturnahe Karpfenteichwirtschaft. Doch dieser Traum wird immer mehr zum Albtraum. Schuld ist laut Pommerenke der Fischotter.
Fischotter sorgt für wirtschaftlichen Verlust
Mindestens fünfzehn Fischotter vermutet Kevin Pommerenke auf dem Betrieb in Wasserwiesen. Seit fünf Jahren ist er hier Betriebsleiter. Eigentlich wollte er die Fischzucht von den Eigentümern übernehmen. Inzwischen sind ihm die Verluste durch die Otter einfach zu hoch. Pommerenke rechnet mit 70.000 Euro Verlust in diesem Jahr. Bei den Karpfen hätten die Otter rund 50 Prozent gefressen oder angebissen. Die endgültige Bilanz wird im Dezember vorliegen. "Das bringt Verzweiflung und Wut", sagt Pommerenke, "und irgendwann nimmt es den Sinn". Pommerenke ist selbstständig und sieht seine langen Arbeitstage bei weitem nicht bezahlt. Angestellte könne er sich bei dieser Bilanz nicht leisten.
Im Video: Kann Kevin die Fische fangen, bevor es der Otter tut?
Fischwirt Kevin Pommerenke muss heute versuchen, so viele Fische wie möglich aus seinen Teichen zu holen, bevor der Otter ihm zuvorkommt.
Otter verursacht bayernweit Schäden in Millionenhöhe
Wegen Schäden von Fischottern muss der Freistaat Bayern immer mehr Ausgleichszahlungen an Teichwirte leisten. 2024 hat der Freistaat 2,25 Millionen Euro gezahlt. Damit habe man den Betrieben 97 Prozent der Verluste erstattet, so das Bayerische Landwirtschaftsministerium. Zum Vergleich: 2023 waren es laut Bayerischer Landesanstalt für Landwirtschaft noch 1,9 Millionen Euro und 80 Prozent Ausgleichsquote.
Seit 2016 greift ein Fischottermanagement, das bei der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft angesiedelt ist. Es besteht aus drei Säulen: Beratung, Zaunbau, Entschädigung. Elektro- und feste Schutzzäune werden mit 60 Prozent gefördert. Für Teichwirte, die sich zukunftsfähig aufstellen wollen, seien Schutzzäune unabdingbar, gerade in der Karpfenteichwirtschaft, so ein Sprecher.
Verbände wollen Fischotter weiterhin streng schützen
Der Fischotter ist eine streng geschützte Art, weil seine Population in der Vergangenheit stark zurückgegangen ist – aufgrund von Jagd, Verschmutzung und Lebensraumverlust. Seit Jahren erhitzt der Otter die Gemüter: Die einen wollen einzelne Otter zum Abschuss freigeben. Die anderen wollen, dass das Tier auf alle Fälle weiterhin streng geschützt bleibt. Umweltverbände klagten bereits erfolgreich gegen bayerische Regeln für den Abschuss in einzelnen Regierungsbezirken.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof beschäftigt sich mit Otter
Jetzt haben die Deutsche Umwelthilfe und der Bund Naturschutz Bayern einen Normenkontrollantrag beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingereicht. Er soll prüfen, ob einzelne "Entnahmen" von Fischottern – also ihr Abschuss – mit dem Artenschutzrecht und dem Jagdrecht vereinbar sind, heißt es vom Bund Naturschutz Bayern. Es gelte zu prüfen, ob dadurch der Erhaltungszustand dieser geschützten Art beeinträchtigt werde, so Beate Rutkowski vom Bund Naturschutz Bayern. Nötig dafür: ein genaues Bild, wie viele Otter es in welchen Regierungsbezirken überhaupt gibt. Um einen aktuellen Überblick zu bekommen, startet im Herbst 2025 eine landesweite Fischotter-Zählung, organisiert vom Landesamt für Umwelt in Augsburg.
Entnahmen dürften nur im Ausnahmefall genehmigt werden, wenn alle Alternativen geprüft sind, so der Bund Naturschutz. Er fordert die Politik auf, die Kosten für Zaunbau zu einhundert Prozent zu fördern. Möglich wären auch Ablenkteiche, damit sich der Otter seine Nahrung woanders suche als in Zuchtanlagen. "Wir haben Bereiche in Europa, wo schon immer Teichwirtschaft betrieben wurde und der Fischotter noch nie ausgestorben war", sagt Rutkowski. Das setze allerdings eine intakte Natur rund um die Teichwirtschaft voraus.
Zukunft von Wasserwiesen ungewiss
32 Hektar Teichfläche umfasst die riesige Teichlandschaft zwischen Rosenheim und Bad Feilnbach. Hier Schutzzäune zu errichten hält Betriebsleiter Pommerenke für nicht praktikabel und sehr teuer. Es bräuchte acht bis zehn Kilometer Zaun, der nie von einem umgefallenen Baum beschädigt werden dürfte. Außerdem hätte der 32-Jährige die Sorge, dass man den Otter mit einzäune, was in anderen Anlagen bereits passiert sei.
Und so sieht Kevin Pommerenke keine Hoffnung für seine naturnahe Karpfenteichwirtschaft: Ende des Jahres wird er voraussichtlich den Job als Betriebsleiter in Wasserwiesen an den Nagel hängen.
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