Das Schlimmste, was man tun kann, ist nichts zu tun – so lautet die wichtigste Botschaft, die Hermann Meyer von der Garmisch-Partenkirchener Firma "Alpine Erste Hilfe" in seinen Erste-Hilfe-Kursen vermitteln will. Denn wer im Gebirge verunglückt, ist ohne fremde Hilfe schnell verloren. Deshalb übt Meyer mit seinen Kursteilnehmern im alpinen Gelände in Fallbeispielen, wie man reagiert, wenn man am Berg plötzlich einen abgestürzten Bergsteiger findet.
Ruhe bewahren
Zuerst gilt es, sich in Ruhe einen Überblick zu verschaffen: Befindet man sich etwa in gefährlichem Gelände? Kann man selbst abstürzen? Steht man sicher? Danach empfiehlt Hermann, den Verunfallten – falls möglich – anzusprechen und einen Bodycheck zu machen. Das bedeutet, dass man Kopf bis Fuß des Verletzten untersucht, um zu sehen, was ihm fehlt. Dafür sollte man am besten Handschuhe im Rucksack mit dabei haben. Im Kurs wird auch vermittelt, wie man Platzwunden behandelt oder einen Druckverband anlegt. Eine große Herausforderung ist für viele, die eigene Angst zu überwinden, als Ersthelfer etwas falsch zu machen.
Man muss keine Diagnosen stellen
Herz-Kreislauf-Probleme verursachen statistisch die meisten Notfälle im Gebirge. Wie aber kann man erkennen, ob es sich möglicherweise um einen Herzinfarkt handelt? Oberbauchschmerzen können dafür gerade bei Frauen ein Anzeichen sein. Bauchschmerzen können aber auch andere Ursachen haben, etwa einen Magendarm-Infekt oder einen gynäkologischen Hintergrund.
Viele Kursteilnehmer tun sich schwer, die Situation richtig zu beurteilen. Aber Ausbilder Hermann Meyer, der auch Sportwissenschaftler und Rettungssanitäter ist, betont: Als Passant muss man keine Diagnosen stellen. Wenn man merkt, dass es einer Person nicht gut geht, soll man Hilfe anbieten. Und wenn man das Gefühl hat, dass es etwas Ernstes ist, immer professionelle Hilfe holen.
Notruf 112 so schnell wie möglich
Die 112 ist im Notfall so schnell wie möglich anzurufen, Infos zur Verletzung und vor allem Standortkoordinaten sind durchzugeben. Dafür gibt es auch spezielle Apps wie beispielsweise die kostenlose "SOS-EU-ALP" für Bayern, Tirol und Südtirol, die alle Bergbegeisterten auf dem Handy haben sollten. Außerdem sollte man wissen, wie man auf dem Smartphone seine aktuellen Standortdaten abliest.
Einen Notruf abzusetzen, wenn man im unwegsamen Gelände ist, keinen Empfang hat oder ohne Handy unterwegs ist, stellt eine ernste Herausforderung dar. Erste Hilfe am Berg erfordert oft selbständiges Handeln und Entscheiden. Als Ersthelfer ist man möglicherweise ganz auf sich allein und sein Bauchgefühl und Urteilsvermögen gestellt. Improvisation ist gefragt. Auch das wird in dem "Alpinen Erste Hilfe"-Kurs geübt.
Rettungsdecke verhindert Auskühlen
Wichtig ist auch das Thema Wärme. Eine Notfalldecke gehört deshalb unbedingt in das Erste-Hilfe-Set im Rucksack. Wie man die Rettungsdecke um den Körper wickelt, damit Verletzte oder Erschöpfte nicht auskühlen, muss man üben. Erste-Hilfe-Kurse bietet zum Beispiel das Bayerische Rote Kreuz an. Speziell mit dem Fokus Erste Hilfe am Berg gibt es Kurse beim Roten Kreuz Innsbruck. Auch die Sektionen des Deutschen Alpenvereins vermitteln in Kursen, wie man Notfallsituationen erkennt und wie man hilft, bis die Bergrettung oder andere professionelle Hilfe eintrifft. Zur Auffrischung ist es ratsam, den Erste-Hilfe-Kurs regelmäßig zu wiederholen. Oder alternativ sein Wissen mit Hilfe von Broschüren oder Büchern zu prüfen.
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