Arztbesuch: Patient im Gespräch mit einem Arzt (Symbolbild)
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Vorerkrankungen: Die Angst, nicht verbeamtet werden zu können

Vorerkrankungen: Die Angst, nicht verbeamtet werden zu können

Psychotherapie-Patienten, Menschen mit Rückenleiden, Adipositas oder anderen Problemen berichten von Gerüchten, sie könnten wegen ihrer Erkrankung Schwierigkeiten bei der Verbeamtung bekommen. Andere sagen: alles nur Panikmache. Was stimmt?

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Während ihres Studiums zur Grundschullehrerin erleidet Lisa einen Schicksalsschlag. Um mit der psychischen Belastung besser umgehen zu können, entscheidet sie sich zu einer Psychotherapie. Dort rät ihr die Therapeutin, ihre Behandlung lieber bar zu zahlen, damit die Psychotherapie nicht in den Akten erscheint. Der Staat solle besser nichts erfahren. Der Grund: Lisa ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht verbeamtet.

Wer wird verbeamtet?

Lisa heißt in Wirklichkeit anders. Sie möchte anonym bleiben. Sie fürchtet, als ehemalige Psychotherapie-Patientin stigmatisiert zu werden. So denken auch andere Auszubildende im Staatsdienst, also Lehrer, Förster, Juristen, Verwaltungsbeamte oder Zöllner. Der Grund: Alle müssen vor der Verbeamtung zum Amtsarzt. Der prüft ihre Eignung für den Staatsdienst. Außerdem stellt jeder, der einmal in psychiatrischer Behandlung war, aus Sicht des arbeitgebenden Staates ein potenzielles Kostenrisiko dar. Er oder sie könnte in Zukunft einen Rückfall erleiden. Dann würden hohe Gesundheitskosten fällig werden.

Gleiches gilt für Erkrankungen wie beispielsweise Übergewicht, Bandscheibenvorfall, Asthma oder Diabetes. Darum war für Lisa klar: "Ich wollte auf keinen Fall die Verbeamtung aufs Spiel setzen. Deswegen habe ich entschieden, selbst zu zahlen und es nicht offiziell zu machen." Eine teure Entscheidung, die bei einer längeren Psychotherapie schnell in die Tausende gehen kann.

Teuer kann auch die Versicherung werden

Die Furcht vieler Beamtenanwärter betrifft aber nicht nur die Verbeamtung selbst. Auch mit der Krankenversicherung könnte es Probleme geben: Die meisten Beamten sind nicht in der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) versichert, wie es bei Angestellten üblich ist. Sie sind privat krankenversichert (PKV). Mit der sogenannten "Beihilfe" übernimmt der Staat einen Teil der PKV-Beiträge. Bevor man aber in die PKV aufgenommen wird, findet eine Gesundheitsprüfung statt. Erst danach entscheidet die Versicherung, ob man aufgenommen wird und wie hoch die Beiträge sind.

In der Praxis bedeutet das: Ein junger, gesunder Anwärter wird zu einem günstigen Preis versichert. Wer älter ist oder Vorerkrankungen hat, wird ganz abgelehnt oder muss höhere Beiträge zahlen. So eine Gesundheitsprüfung muss übrigens jeder machen, der sich privat krankenversichern will, auch Nicht-Beamte.

Für Beamte gibt es Sonderregelungen

Einen Vorteil haben Beamte allerdings gegenüber anderen privat Versicherten: Bei einigen privaten Versicherungsanbietern gibt es die sogenannte Öffnungsklausel, speziell für Beamte mit Vorerkrankungen. Wer die Öffnungsklausel in Anspruch nimmt, darf nicht abgelehnt werden, erhält aber einen besonderen Tarif. Tariferhöhungen wegen Vorerkrankungen sind auf 30 Prozent gedeckelt. Damit bleiben finanzielle Risiken begrenzt - allerdings gibt es auch bestimmte Sonderleistungen nicht, die für Gesunde möglich sind. Dazu gehört zum Beispiel der Bereich der wahlärztlichen Behandlung oder die Unterbringung im Einbettzimmer.

In einigen Bundesländern können angehende Beamte mit dem "Hamburger Modell" wählen, ob sie sich privat krankenversichern oder in die gesetzliche Krankenkasse wollen. In insgesamt sieben Bundesländern wird diese Wahlfreiheit angeboten: Sachsen, Hamburg, Bremen, Brandenburg, Berlin, Baden-Württemberg und Thüringen.

Für Menschen mit Vorerkrankung liegt der Vorteil auf der Hand: Bei der PKV richtet sich der Beitrag nach dem Risiko, also unter anderem den Vorerkrankungen. Bei der GKV richtet sich der Beitrag ausschließlich nach dem Einkommen. Wer viel verdient, zahlt viel. Wer wenig verdient, zahlt weniger, unabhängig von seiner Gesundheit. Trotz Öffnungsklausel könnte es also auch für Beamte sinnvoll sein, in die GKV zu gehen.

De-facto-PKV-Pflicht in Bayern

Bayerische Beamte haben diese Wahlfreiheit nicht. Wer hier freiwillig in die GKV geht, bei dem streicht der Staat den Anspruch auf Beihilfe. Er müsste den Gesamtbeitrag, also Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil, komplett selbst zahlen. Das wäre so teuer, dass das einer De-facto-PKV-Pflicht für bayerische Beamte gleichkommt.

"Wir haben schon 2018 das Hamburger Modell auch für Bayern vorgeschlagen", sagt Simone Strohmayr, die für die SPD im bayerischen Landtag sitzt. "Das wurde im Landtag aber abgelehnt." Nach wie vor stehe die SPD für eine Wahlfreiheit für Beamte, sich privat oder gesetzlich zu versichern. Der Bayerische Beamtenbund (BBB) sieht das anders, wie der Vorsitzende Rainer Nachtigall gegenüber dem BR äußert: "Es macht auch die Attraktivität des Status als Beamter aus, privat versichert zu sein." Das wolle man beibehalten.

Außerdem befürchtet der BBB, dass die Krankenversicherungsbeiträge für ältere Beamte steigen könnten, wenn in Zukunft viele junge in die gesetzlichen Krankenkassen gingen. Auf BR-Anfrage erklärt eine Sprecherin der CSU-Landtagsfraktion, warum sie die Wahlmöglichkeit nicht will und den entsprechenden Vorschlag der SPD mit Regierungsmehrheit im Landtag abgelehnt hat: "Dieses Modell führt zu einem einseitigen Vorteils-Hopping, was dem Solidaritätsgedanken widerspricht. In einem Flächenland wie Bayern würde es zu nicht kalkulierbaren Folgen führen."

Wer krank ist, sollte sich behandeln lassen

In einem anderen Punkt sind sich aber alle einig: Jeder solle sich im Krankheitsfall behandeln lassen. Das gelte auch für junge Menschen, die Beamter werden wollen. Die Vermeidung von Spätfolgen ginge immer vor. Dank der Öffnungsklausel kann auch kein Beamter von der Versicherung ausgeschlossen werden, auch nicht bei schweren Vorerkrankungen.

Was die Verbeamtung selbst betrifft, so hat sich die Lage für Menschen mit Vorerkrankung im Jahr 2013 verbessert. Da hat das Verwaltungsgericht in einem Fall entschieden, bei dem die Verbeamtung wegen Übergewicht zunächst verweigert wurde. Seitdem muss der Amtsarzt beweisen, dass ein Bewerber nicht bis zum Pensionsalter arbeiten kann. Solche Prognosen sind kaum zu begründen und damit eine Ablehnung aus Gesundheitsgründen in der Praxis fast unmöglich. So sind auch Befürchtungen vieler Beamtenanwärter mit Vorerkrankungen unbegründet.

Selbstzahlen sollte man nicht

Dass sie frühzeitig eine Psychotherapie gemacht hat, sei eine gute Entscheidung gewesen, findet Lisa noch heute. Auch seelische Leiden können nämlich chronisch werden, wenn man sie nicht zeitig behandelt. Aus heutiger Sicht hätte sie die Behandlung aber nicht selbst zahlen müssen, denn Beamtin wäre sie trotzdem geworden.

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