Sicherheits-Experte Edgar Schweininger vor dem Eingang zur Augsburger Arena
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Sicherheitsexperte Edgar Schweininger weiß, wie Böller, Pyro oder Tennisbälle ins Fußballstadion gelangen - ganz zu verhindern sei das nicht.

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Böllerwurf im FCA-Stadion – warum das kaum zu verhindern ist

Böllerwurf im FCA-Stadion – warum das kaum zu verhindern ist

14 Menschen sind im November bei einem Spiel des FC Augsburg durch einen Böller verletzt worden. Obwohl verboten, gehört Pyrotechnik für die aktive Fanszene mit dazu. Eine 100-prozentige Sicherheit könne es im Stadion nicht geben, sagen Experten.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

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Der Böllerwurf in der Augsburger Arena am 11. November 2023 beschäftigt auch Monate danach die Fußballszene – heute wird der Prozess vor dem Augsburger Landgericht fortgesetzt. Edgar Schweininger erlebte den Böllerwurf daheim in Täfertingen vor dem Fernseher. Im Frühsommer 2021 hat er seine Tätigkeit als Sicherheitsbeauftragter beim FC Augsburg nach 25 Jahren beendet. Im Ruhestand ist er dennoch nicht: Bis heute schult er Ordnungspersonal und nimmt Sicherheitsprüfungen für den Deutschen Fußballbund DFB ab.

Dimension des Böllerwurfs überraschend

Mutmaßlich vier Männer hatten einen selbstgebauten Böller mit hoher Sprengkraft aus dem Hoffenheimer Fanblock Richtung Spielfeld geworfen, morgen stehen sie deswegen in Augsburg wieder vor Gericht. Edgar Schweininger verfolgt das Geschehen sehr genau. Die Tatsache, dass solch ein Vorfall im Fußballstadion passiert, überrascht den Sicherheitsexperten nicht – die Wucht und die Dimension des Vorfalls aber schon: "Ich habe so etwas in meiner ganzen Laufbahn nicht erlebt. Und da sieht man halt, wie gefährlich solche Sachen sein können, wenn sie von den falschen Händen gemacht oder auch geworfen werden. In dem Fall war er (der Werfer) nicht einmal in der Lage, richtig zu werfen und hat andere Personen massiv gefährdet."

Der Böller aus dem Hoffenheimer Fanblock detoniert unterhalb des Fanblocks am Rande des Spielfelds, wenige Meter von der Eckfahne entfernt. 14 Menschen, darunter viele Kinder, erleiden Trommelfell-Verletzungen, Blutergüsse bis hin zu Fleischwunden, nicht wenige müssen im Krankenhaus behandelt werden.

Pyrotechnik gehört für "Ultras" dazu

Für die aktive Fanszene, so Schweininger, gehört Pyrotechnik "zu ihrer Präsentation". Sie machen aus der Fankurve heraus die Stimmung im Stadion, sorgen mit ihren Choreografien für spektakuläre Bilder, welche die Bundesliga gerne vermarktet. Dazu benutzen sie aber auch oft verbotene Bengalo-Fackeln, die bis zu 1.000 Grad heiß werden können. Allein der FC Augsburg hat für diese verbotene Pyrotechnik in der vergangenen Saison 100.000 Euro Strafe an den DFB gezahlt.

Edgar Schweininger will die Benutzung von Bengalos nicht gutheißen, sagt in Bezug auf den Böllerwurf vom 11. November aber auch: "Ich persönlich meine, dass einer aus der aktiven Szene so etwas nicht machen würde. Die haben auch ihre Spielregeln. Und die wissen, wie sie sich zu verhalten haben. Und ich sage immer, wenn ein Ultra ein Bengalo in der Hand hat, ist es was anderes wie beim normalen Zuschauer. Die wissen damit umzugehen. Die kennen sich aus und deswegen passiert da relativ wenig." Ganz im Gegensatz zu den Böllerwerfern aus dem Hoffenheimer Fanblock: "Da hast du jetzt Fans, die selbstgebastelte Sachen mit ins Stadion bringen. Das ist natürlich höchst gefährlich, nicht nur hier beim Abwurf, sondern auch schon beim Bauen. Also sie begeben sich in eigene Gefahr mit solchen Dingen. Das muss man halt klar sagen."

Wie kommen die Böller ins Stadion?

Die Frage, wie die verbotenen Böller und Pyrotechnik überhaupt in die Stadien kommen, beschäftigt Polizei, Vereine und Sicherheitskräfte seit vielen Jahren. Allerdings sind die Böller derart klein und handlich, dass sie bei den obligatorischen Sicherheitskontrollen vor den Bundesligaspielen kaum zu finden sind. Eine Bengalo-Fackel etwa sei kaum größer als ein Labello-Lippenstift und könne somit sehr leicht an den Sicherheitskontrollen vorbeigeschmuggelt werden, so Schweininger: "Der Sicherheitsdienst kann das checken, das tut er auch, aber es sind halt Grenzen gesetzt von der Gesetzgebung. Die dürfen nicht zwischen den Schritt fassen oder Frauen an die Brust. Und das sind natürlich gute Versteckmöglichkeiten."

Die organisierten Fans wüssten sehr genau, was das private Sicherheitspersonal bei den Personenkontrollen darf und was nicht: "Versuchen sie mal einem Fan zwischen den Schritt zu langen. Dann hat der Sicherheitsmitarbeiter sofort seine Anzeige, von daher sind die auch sehr vorsichtig im Umgang." Außerdem, so der Sicherheitsexperte weiter, würden die meisten Gegenstände gar nicht am Spieltag ins Stadion gebracht, sondern bereits unter der Woche.

So auch bei den massiven Protesten mit Tennisbällen gegen den Einstieg eines Investors bei der deutschen Fußballliga DFL vor wenigen Wochen: "Wenn ich dann Leserbriefe lese, 'Wie kann das sein, dass am Spieltag Tausende Tennisbälle reinkommen?', die kommen nicht am Spieltag rein! Unter der Woche ist das Stadion einfach offen, da kann jeder reinfahren, da wird keiner kontrolliert. Und die haben ihre Deponie-Möglichkeiten und dort bedienen sie sich dann. Sie sind eigentlich immer einen Schritt vor uns."

Ständige Anpassung der Sicherheitskonzepte

Den Vereinen und dem DFB sind diese Praktiken natürlich bekannt. Der FC Augsburg teilt auf BR-Anfrage mit: "Den Vorfall rund um das Spiel gegen die TSG Hoffenheim haben wir zum Anlass genommen, unsere Prozesse erneut zu überprüfen." Fest stehe aber auch: "Bei den Kontrollen sind uns zeitliche, aber vor allem auch rechtliche Grenzen gesetzt". Bei Körperkontrollen am Eingang durch das Sicherheitspersonal gebe es deutliche Beschränkungen. Nur sogenannte Bodyscanner könnten da Abhilfe leisten, heißt es aus Sicherheitskreisen. Dann müssten die Fans am Einlass aber auch deutlich länger warten.

Rechtliche Grenzen der Kontrolle

Seit 2016 führt der DFB eigene Schulungen für den privaten Sicherheitsdienst in den Bundesligastadien durch. Edgar Schweininger nimmt die Prüfung für diese "Qualifizierung Sicherheits- und Ordnungsdienst" ab und ist von dem System überzeugt: "Das ist ein eigenes Video, mit dem wir schulen. Das ist ein supertolles Tool, was fußballspezifisch extra gemacht worden ist, um die Sicherheit da mehr zu gewährleisten." Die rechtlichen Lücken bei den Sicherheitskontrollen blieben aber bestehen. Kontrollen im Intimbereich darf in Deutschland nur die Polizei durchführen, "und die mischt sich beim Veranstaltungsschutz nicht ein", so Schweininger.

Vorfälle kaum zu verhindern

Aus jahrzehntelanger Erfahrung empfiehlt der Sicherheitsexperte den intensiven Austausch mit der "aktiven Fanszene" schon im Vorfeld der Spiele. Ein Entgegenkommen, etwa bei den Choreografien, erzeuge oft auch Verständnis hinsichtlich sicherheitsrelevanter Bedenken, etwa bei der Pyrotechnik.

Trotz aller Bemühungen werden Vorfälle wie der Böllerwurf vom November aber auch künftig kaum zu vermeiden sein, davon ist Edgar Schweininger leider überzeugt: "Ich möchte niemanden an den Pranger stellen. Aber man muss ja sehen, was teilweise Mitarbeiter an so einem Spieltag verdienen. Und wenn dann ein "Ultra" kommt und sagt 'Da hast du 500 Euro, nimm das Zeug mit rein', dann macht der das. So einfach funktioniert das." Nach den aktuellen Tarifverträgen der Gewerkschaft Verdi verdienen Mitarbeitende in der Wach- und Sicherheitsbranche zwischen 14 und 18 Euro Stundenlohn.

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