Die Intendantin des BR, Dr. Katja Wildermuth.
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BR-Intendantin warnt: Desinformation so gefährlich wie Drohnen

BR-Intendantin warnt: Desinformation so gefährlich wie Drohnen

Künstliche Intelligenz bündelt Wissen, verschleiert Quellen und verschiebt Macht – das ist das Fazit von BR-Intendantin Katja Wildermuth. Sie warnt vor wachsender Desinformation und fordert endlich entschiedene Maßnahmen der Politik.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Thema des Tages am .

Es ist ein neues Feature von Google und anderen Suchmaschinen: Statt Links auf andere Webseiten und Quellen werden bereits fertige Antworten geliefert, generiert mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz. Seit kurzem bietet Google auch einen KI-Modus an. Dabei kann man wie bei Chat GPT und anderen KI-Plattformen direkt in Frage-Antwort-Form interagieren. Auch hier: keine offensichtlichen Hinweise auf Quellen. Die Intendantin des Bayerischen Rundfunks, Katja Wildermuth, sieht darin eine Gefahr. "Solche KI-generierten Zusammenfassungen sind bequem – und zugleich sehr gefährlich."

Zahl der Suchvorgänge geht durch KI zurück

Wildermuth warnt vor einer schleichenden Monopolisierung von Wissen: Medieninhalte würden ungefragt verarbeitet und Quellen verschwänden hinter generierten Texten. Statistiken unterstreichen dies. Zahlen aus den USA zeigen, dass durch den KI-Überblick die Zahl der Suchvorgänge, bei denen auf Links geklickt wird, deutlich zurückgeht. Je nach Datengrundlage um fast 40 Prozent [externer Link]. Kommerziellen Medienhäusern gehen damit auch Werbeeinnahmen verloren.

BR-Intendantin befürchtet Zunahme von Desinformation

Das Problem geht allerdings über journalistische oder ökonomische Belange hinaus, stellt Katja Wildermuth fest: "Wenn KI-Systeme bestimmen, was sichtbar ist, was wir für wichtig und richtig halten, dann geht es um Macht im Informationsraum." Dadurch gehe nicht nur die Quellenvielfalt verloren, sondern auch die Möglichkeit, Meinungen kritisch zu überprüfen – ein zentrales Prinzip der demokratischen Öffentlichkeit. So könnte Desinformation zunehmen, so das Fazit der BR-Intendantin.

Kritik an der Politik: Lässt zu viel Spielraum

Einen Tag vor dem Beginn der Münchner Medientage fordert Katja Wildermuth daher ein stärkeres Eingreifen. Die bisherigen Maßnahmen zur Regulierung, etwa die von Kulturstaatsminister Weimer vorgeschlagene Digitalsteuer, reichten nicht aus: "Die Politik lässt den wenigen Großkonzernen zu viel unregulierten Spielraum."

Desinformation betrachtet Katja Wildermuth als eine Gefahr von nationaler Tragweite: "Die Politik muss sich mit derselben Leidenschaft um Desinformation kümmern, mit der sie sich um Drohnen kümmert." Man brauche endlich "klare Regeln und Gesetze" und "vor allem auch einen Gesetzgeber, der das dann gegen die Großkonzerne durchsetzt", betont Katja Wildermuth, die seit 2021 BR-Intendantin ist.

Chancen von KI verantwortungsvoll nutzen

Zudem sieht sie Qualitätsjournalismus und öffentlich-rechtliche Medien wie den Bayerischen Rundfunk als Bollwerk gegen Manipulation: Nur verlässliche Informationsquellen und überprüfbare Fakten seien ein wirksamer Schutz vor Populismus und gesellschaftlicher Spaltung.

Es geht Katja Wildermuth allerdings nicht darum, Künstliche Intelligenz zu verteufeln. Auch der Bayerische Rundfunk möchte die Chancen, die KI bietet, nutzen. Es komme aber darauf an, öffentlich-rechtliche Standards auch in diesem Bereich zu beachten. Für die BR-Intendantin bedeutet ein verantwortungsvoller Umgang mit KI vor allem Transparenz, Urheberrechtsschutz und Kooperation. "Wir müssen erklären, woher unsere Quellen stammen, wie recherchiert wurde, und dürfen keine Filterblasen verstärken." Der BR arbeite zudem mit anderen Medienhäusern zusammen, um Qualitätsjournalismus zu sichern, erklärt Katja Wildermuth.

Pilotprojekt zur Wiesn: Der BreznBot

Wie das aussehen kann, hat der BreznBot vor Kurzem gezeigt. Nutzer konnten Fragen rund um das Oktoberfest stellen. Die Antworten wurden dann mit KI automatisiert aus Inhalten des BR erstellt. Auch Informationen von Münchner Merkur oder tz wurden vom BreznBot berücksichtigt. "Wir entwickeln kleinere, aber verlässlichere Chatbots, mit denen unser Publikum direkt auf unsere Inhalte zugreifen kann." Dies sei die Maßgabe für den BR, so die Intendantin. Diese Eigenentwicklungen sollten ein Gegengewicht zu den undurchsichtigen Systemen internationaler Konzerne schaffen und zeigen, wie die Technik fair genutzt werden könne.

KI auch Top-Thema auf den Münchner Medientagen

Fragen zum Umgang mit Tech-Konzernen und Künstlicher Intelligenz werden auch die Diskussionen auf den Münchner Medientagen bestimmen. Diese beginnen am Mittwoch und dauern bis Freitag.

Die Medientage gelten als eines der größten Treffen der Branche in Europa. Über 5.000 Teilnehmer werden dazu erwartet. Auf dem Programm steht dabei auch ein Panel, bei dem ein Vertreter von Google die KI-Strategie seines Unternehmens erklärt. Neben Künstlicher Intelligenz und Digitalisierung beschäftigen sich über 300 Speaker auf mehr als 100 Panels auch mit Themen wie der Zukunft des Lokaljournalismus, der Games-Entwicklung oder Förderung von Medienkompetenz.

Im Video: Digitale Desinformation - Experte Holnburger im Talk

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In unberechenbaren Zeiten haben die Medien eine entscheidende Rolle. Demokratische Werte geraten weltweit unter Druck, Plattformen definieren Spielregeln neu, Fakten drohen wertlos zu werden. Wie können Medien Demokratie und Gesellschaft aktiv unterstützen? Die Eröffnung der 39. Medientage München steht unter dem Motto "WTFuture?!" und dreht sich um die Zukunft sowie Strategien für das Unplanbare. Auf dem Podium: Experten aus Politik, Kultur, Journalismus und Medienwirtschaft. BR24 streamt die Eröffnung am Mittwoch, 22. Oktober, ab 10.20 Uhr live.

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