Seit wenigen Tagen greift im Gazastreifen eine Waffenruhe, die allerdings fragil ist. Bereits in der ersten Woche wurde sie mehrmals gebrochen. Viele Menschen im Gazastreifen nutzen die Atempause dennoch, um dorthin zurückzukehren, wo sie einstmals gelebt haben. Doch oft ist es eine Rückkehr in die Trümmer.
Mehr als zwei Drittel der Gebäude im Gazastreifen beschädigt oder zerstört
Wie sehr der Gazastreifen beschädigt oder gar zerstört ist, zeigt eine Untersuchung von BR Data und dem ARD Studio Tel Aviv, bei der auf eine Auswertung von Satellitendaten des Analyseunternehmens Vertical 52 zurückgegriffen wurde. Die Analyse basiert auf den Daten von Radar-Satelliten, die regelmäßig die Erdoberfläche aufgenommen haben – unabhängig von Wetter und Tageszeit. Dabei wurden zwischen dem Ausbruch des Krieges im Oktober 2023 bis September dieses Jahres rund 325.000 Gebäude im Gazastreifen erfasst.
Die Auswertung zeigt, dass mindestens 70 Prozent aller Gebäude eine Beschädigung aufweisen. Blickt man auf die einst stark besiedelten Gebiete, ist der Grad der Zerstörung sogar höher. In Gaza-Stadt sind etwa 85 Prozent aller Gebäude beschädigt.
Zerstörung in Gaza-Stadt
Rafah: Fast die Hälfte aller Gebäude in fünf Monaten weitgehend zerstört
Die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens war im Jahr 2024 Schauplatz einer mehrmonatigen Offensive der israelischen Armee. Nach der Analyse von BR Data wurden allein von Mai bis September des Jahres etwa 40 Prozent der Gebäude beschädigt. Heute sind in Rafah, im Süden des Gazastreifens, etwa 80 Prozent der Gebäude beschädigt oder zerstört.
Zerstörung in Rafah
Auch der Vergleich der Satellitenbilder von Gaza zeigt drastisch die Folgen des Krieges. Vor Kriegsbeginn sieht man im Norden und Osten des Küstenstreifens deutlich Grünflächen. Zwei Jahre danach – im September 2025 – ist jegliches Grün verdorrt oder von der israelischen Kriegsmaschinerie zerstört.
Auch die Satellitenbilder des Hafens in Gaza-Stadt belegen die großflächige Zerstörung der Gebäude und der Bausubstanz. Rund um den Hafen und der Strandpromenade gab es bis Kriegsbeginn eine dichte Besiedelung. Entlang der Promenade gab es zahlreiche Freizeiteinrichtungen, die vor allem von den Familien genutzt wurden. Die aktuellen Satellitenbilder zeigen eine Trümmerlandschaft. Weite Teile des Areals wurden im Kriegsverlauf dem Erdboden gleichgemacht. Nur wenige intakte Gebäude scheinen noch zu stehen. Auch die Hafeninstallationen weisen deutliche Schäden auf.
Trümmermenge im Gazastreifen entspricht 13 Pyramiden
Experten der Vereinten Nationen schätzen, dass im Gazastreifen aktuell 55 Millionen Tonnen Trümmer liegen. "Das entspricht 13 Pyramiden von Gizeh, um nur einen Eindruck der Herausforderung zu vermitteln", sagt Jaco Cilliers vom UN-Entwicklungsprogramm UNDP. Er macht gleichzeitig deutlich, dass mit einem Wiederaufbau der Infrastruktur im Küstenstreifen erst begonnen werden kann, wenn alle Trümmer und der Schutt beseitigt sind. Noch ist nicht absehbar, wie hoch die Kosten des Wiederaufbaus sein werden. Experten der Vereinten Nationen hatten im Frühjahr die Kosten auf etwas über 50 Milliarden US-Dollar geschätzt. Die Summe dürfte inzwischen deutlich darüber liegen.
Im Video: Nahost - 70 Prozent des Gazastreifens zerstört
Wenn die Menschen zurückkehren in ihre Heimatorte, finden sie fast nur noch Trümmer vor, Ruinen und Schutt.
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