Juni 2025 in Buttenheim im Landkreis Bamberg: Martin Pley ist Vorstand des einzigen oberfränkischen Cannabisclubs – er und seine Mitglieder sind zuversichtlich. Denn Pley hat mit seinem Verein eine Anbaugenehmigung für sieben Jahre erhalten. Nun sollen rund 100 Setzlinge gepflanzt werden.
Alarmsystem und Kameras: Cannabis-Halle muss aufgerüstet werden
Fast ein Jahr war der promovierte Chemiker mit der Genehmigung für diesen Cannabisclub beschäftigt. Für die Geräte in der Halle hat er eigenen Angaben zufolge einen sechsstelligen Betrag investiert: Fenster vergittern, Alarmsystem einbauen, Kameraüberwachung einrichten – so lauten die Vorgaben des Gesetzgebers für einen Cannabisclub. Die ersten Cannabispflanzen wachsen in der Halle. Für Pley, der einen von den acht genehmigten Cannabisclubs in Bayern anleitet, läuft es im Juni erstmal nach Plan.
Freistaat Bayern fordert "baurechtliche Sondergebiete"
Doch die Landratsämter schreiten ein. Sie untersagen den Anbau unter anderem aus baurechtlichen Gründen. Die Behörden begründen den Schritt sinngemäß so: Der Freistaat Bayern verlangt, dass die Anbauvereine ihre Gewächshäuser nur in baurechtlichen Sondergebieten aufstellen dürfen – die müssen allerdings erst von der Stadt oder Gemeinde neu ausgewiesen werden.
Auch bei Vereinsvorstand Martin Pley hat sich das zuständige Landratsamt gemeldet und mit einer Nutzungsuntersagung für die genehmigte Halle gedroht. "Ich habe darauf mit einem Schreiben geantwortet. Und anscheinend haben meine rechtlichen Argumente das Landratsamt überzeugt, uns in Ruhe zu lassen", sieht sich Pley im Juni noch im Recht. Für ihn ist die bürokratische Hürde erst einmal erledigt.
Bauministerium: Halle nur für "Lagerung von Nutzhanf" genehmigt
Zwei Monate später: Im August kann das Marihuana geerntet werden. Der Cannabisclub in Buttenheim ist der erste in Bayern, der Marihuana an seine Mitglieder ausgibt. Doch danach schalten sich die Behörden erneut ein und untersagen wieder den Anbau aus baurechtlichen Gründen: Die Anlage von Pley sei aktuell nur für die Lagerung von Nutzhanf genehmigt, heißt es vom Bauministerium – nicht aber für den Anbau und die Ausgabe von Cannabis. Deshalb wurde dem Vorstand die Nutzung der Halle untersagt. Doch ganz aufgeben will Pley noch nicht.
Auch Emilio Fischer aus Gemünden in Unterfranken hat mehrere Tausend Euro in seinen Cannabisclub gesteckt. Er hat eine Vermutung, warum die Behörden in Bayern immer wieder mit juristischen Beschränkungen argumentieren, damit die Vereine kein Marihuana anbauen können. "Mir scheint es so, als hätte man ein Problem geschaffen, um dann zu sagen: 'Die Legalisierung ist gescheitert'", sagt Fischer. Sein Vorwurf lautet: Wenn Cannabisclubs in Bayern blockiert werden, wird der Schwarzmarkt gefördert.
Im Video: Bayerns harter Kurs gegen Cannabis
Der Cannabisclub in Buttenheim musste wegen bürokratischer Hürden aufgeben.
Gesundheitsministerium: Cannabisgesetz schadet innerer Sicherheit
Der Freistaat Bayern sieht das anders. "Das Justizministerium geht davon aus, dass die Cannabis-Freigabe zu einer Steigerung des Konsums und – trotz Eigenanbau und Anbauvereinigungen – zu einem Wachsen des Schwarzmarkts führen wird", begründet das Gesundheitsministerium auf BR24-Anfrage und schiebt nach: Das Cannabisgesetz schade der inneren Sicherheit und mache Deutschland auch für die organisierte Kriminalität attraktiver.
Für die Landesregierung stehen der Gesundheits- und Jugendschutz sowie die Suchtprävention in der Cannabis-Debatte an erster Stelle. Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) sagte bereits im Frühjahr, dass das Cannabisgesetz "ein schwerer Fehler" sei. Sie hält es für "abschaffungswürdig".
Cannabispflanzen müssen vernichtet werden
Martin Pley will die bürokratischen Hürden nicht akzeptieren und klagt im August gegen die Behörden. Ein Gericht lehnt jedoch einen Eilantrag ab. Und Pley gibt vorerst auf: "Die Klage haben wir wieder zurückgezogen, weil es zeitlich keinen Sinn macht, in das Verfahren zu gehen. In der ersten Instanz muss man von einer Verfahrensdauer von rund drei Jahren rechnen."
Der Unternehmer will die Halle jetzt anders nutzen – davor muss er aber alle Cannabispflanzen mit Wasserstoffperoxid vernichten. Die Erntemenge von sechs Kilogramm Marihuana hätte auf dem legalen Markt einen Wert von etwa 80.000 Euro gehabt.
Zwischenbericht zum Cannabisgesetz wird erwartet
Jetzt hofft Pley auf das Bundesbauministerium in Berlin. Im Oktober soll dort ein erster Zwischenbericht zum Cannabisgesetz in Deutschland vorgelegt werden. Bis dahin bleibt es dabei: Cannabis ist zwar legal, darf von den Anbauvereinen in Bayern aber gerade weder angebaut noch ausgegeben werden.
Dieser Artikel ist erstmals am 26.09.2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.
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