Ein Luftreinigungsgerät in einem Klassenzimmer im Marie-Therese-Gymnasium in Erlangen
Ein Luftreinigungsgerät in einem Klassenzimmer im Marie-Therese-Gymnasium in Erlangen
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Im Erlanger Marie-Therese-Gymnasium stehen die Luftfilter noch. Sie sind aber alle außer Betrieb. Zum Verschrotten fehlt der Stadt das Geld.
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Im Erlanger Marie-Therese-Gymnasium stehen die Luftfilter noch. Sie sind aber alle außer Betrieb. Zum Verschrotten fehlt der Stadt das Geld.

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Corona-Luftfilter in Schulen – reif für den Elektroschrott?

Corona-Luftfilter in Schulen – reif für den Elektroschrott?

Während Corona wurden viele Klassenzimmern in Bayern mit Luftfiltern ausgestattet. Die Pandemie ist vorbei, die Wartung zu teuer. Die Stadt Erlangen muss sparen und wollte die Geräte trotz Protesten verschrotten. Warum es jetzt doch nicht dazu kommt.

Über dieses Thema berichtet: Stadt Land Leute am .

Es ist das permanente Rauschen, das Lehrer und Schüler nervt. Vor allem bei Klassenarbeiten. Der Lärm kommt vom Luftfilter hinten im Klassenzimmer. Er ist etwa zwei Meter hoch und sieht aus wie ein großer Gefrierschrank. Die Stadt Erlangen hat eine Umfrage unter den Schulen gemacht. "Da war überwiegend die Aussage, wir wollen die nicht mehr, die stören uns, die sind laut, die nehmen Platz weg und wir brauchen sie ja auch nicht mehr", sagt Erlangens Schulreferentin Anke Steinert-Neuwirth (SPD).

Über 100.000 Unterschriften für Luftfilter

766 mobile Luftreinigungsgeräte hatte die Stadt Erlangen im Jahr 2021 für alle Schulen angeschafft. So, wie viele anderen Kommunen im Freistaat auch. Die Initiative #ProtectTheKids hatte damals mehr als 100.000 Unterschriften für den Einsatz von Filtern gesammelt. Das Kultusministerium hatte insgesamt 142 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um "Kommunen und privaten Schulträger bei der Beschaffung von technischen Maßnahmen zum infektionsschutzgerechten Lüften zu unterstützen", wie es auf Nachfrage heißt. Wie viele Luftfilter damit in bayerischen Schulen angeschafft wurden, ließ der Ministeriumssprecher offen.

Erlangen leidet unter massivem Steuereinbruch

Im Jahr 2021 sahen die Erlanger Stadtfinanzen noch gut aus. Inzwischen ist die Gewerbesteuer massiv eingebrochen, die Stadt musste einen Sparhaushalt auflegen. Jede einzelne Ausgabe kommt auf den Prüfstand. Auch der Wartungsvertrag für die Luftreinigungsgeräte, der jährlich eine sechsstellige Summe verschlingt. Der Vorschlag der städtischen Schulverwaltung im Bildungsausschuss der Stadt: weg damit.

Zusätzlicher Schutz vor Pollen und Schadstoffen

Dagegen protestiert die Initiative #ProtectTheKids. Deren Sprecher Stefan Hemler appelliert an die Erlanger Stadtpolitik, die Filter weiterhin betriebsbereit zu halten. Er befürchtet, dass das Erlanger Beispiel in ganz Bayern Schule machen könnte. "Auch wenn die Pandemie zum Glück vorbei ist, brauchen wir die Filter, um die Luftqualität in Innenräumen zu verbessern", sagt er. Es gehe dabei beispielsweise auch um Pollen und Schadstoffe in der Luft, aber auch um andere Viren, zum Beispiel bei Erkältungswellen, die jedes Frühjahr auftreten würden.

Verschenken ist nicht erlaubt

Schulreferentin Steinert-Neuwirth kann diese Argumente verstehen. "Das mag wissenschaftlich begründet sein. Aber wir sehen da keinen zwingenden Handlungsbedarf", sagt sie. Viel drängender sei der Zwang zum Sparen. So hat die Stadtverwaltung geprüft, ob die Geräte verschenkt oder verkauft werden könnten. Eine Schenkung sei nach den Vorschriften der Gemeindeordnung nicht zulässig, heißt es in der Verwaltungsvorlage. Und verkaufen? "Der Markt gibt leider nichts her. Der Bedarf an diesen Geräten ist anscheinend sehr gesättigt", sagt die Referentin.

Verschrotten ist zu teuer

Bleibt noch die Option: verschrotten. Auch die hat die Verwaltung geprüft. Resultat: Die fachgerechte Entsorgung aller Geräte kostet etwa 115.000 Euro brutto. Geld, das die Stadt nicht hat. Selbst das Einlagern der Geräte oder das Wegräumen in den Keller komme nicht infrage. "Natürlich wäre das der Wunsch der meisten Schulen, weg mit den Dingern", sagt Steinert-Neuwirth. Doch dabei würden Kosten anfallen, "die wir aufgrund unserer Haushaltslage, wir unterliegen der vorläufigen Haushaltsführung, gerade nicht zwingend tätigen müssen".

Geräte bleiben in den Klassenräumen

Die Konsequenz: Schalter aus, Stecker raus, die Geräte bleiben in den Klassenzimmern. "Ja, dann stehen sie rum", sagt Steinert-Neuwirth. Das sei nicht schön, sie könne die Kritik der Schulen verstehen. "Aber viele sagen, wir haben uns schon dran gewöhnt." Und bei der nächsten Erkältungswelle könnten die Luftreiniger ja wieder in Betrieb genommen werden. Der Wartungsvertrag sei zwar gekündigt, die Geräte seien jedoch weiterhin betriebsbereit und es gebe noch Ersatzfilter, sagt Steinert-Neuwirth.

Initiative sieht Freistaat in der Pflicht

Stefan Hemler von der Initiative #ProtectTheKids sieht den Freistaat in der Pflicht. Wenn Städte und Gemeinden kein Geld für den Betrieb und die Wartung der Geräte hätten, müsse eben das Ministerium einspringen. Denn die Erfahrungen in der Pandemie hätten gezeigt, dass Lehrkräfte gefehlt hätten. Hemler: "Als Dienstherr der Lehrkräfte profitiert es davon, wenn Krankheitswellen gesenkt werden und weniger Lehrkräfte ausfallen."

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