Archivbild: Aiwanger und Söder bei einer Pressekonferenz der Bayerischen Staatsregierung am 14.03.2023 in München.
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CSU und Freie Wähler: So ist die Lage vor dem Sondierungsstart

CSU und Freie Wähler: So ist die Lage vor dem Sondierungsstart

Die schwarz-orange Koalition will weiterregieren, am Donnerstag gibt es erste Gespräche. Warum sie komplizierter werden könnten als 2018, wo die inhaltlichen Knackpunkte zwischen Söder und Aiwanger liegen – und wo die personellen? Ein Überblick.

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Nun geht es also los: CSU und Freie Wähler treffen sich zu einem ersten Sondierungsgespräch. Die Wahl ist zwar erst wenige Tage her – beide Parteien hatten aber bereits seit Langem bekundet, zusammen weiterregieren zu wollen.

Also alles reine Formsache? Ganz und gar nicht: Die Regierungsbildung zwischen den Parteichefs Markus Söder (CSU) und Hubert Aiwanger (Freie Wähler) könnte sich weitaus komplizierter gestalten als noch vor fünf Jahren. Antworten auf die wichtigsten Fragen im Überblick:

Warum so eilig?

Endlos lange Koalitionsverhandlungen sind im Freistaat nicht vorgesehen. In der Bayerischen Verfassung steht zur Wahl eines neuen Ministerpräsidenten: "Kommt die Neuwahl innerhalb von vier Wochen nicht zustande, muss der Landtagspräsident den Landtag auflösen." Söder muss also spätestens einen knappen Monat nach der Landtagswahl vereidigt werden – bis dahin sollte idealerweise auch der Koalitionsvertrag stehen.

Laut Verfassung muss das Parlament "spätestens am 22. Tag nach der Wahl" zusammenkommen – in diesem Jahr ist das der 30. Oktober. Ziel ist es laut Söder, einen Tag später den Ministerpräsidenten zu wählen. Sollte das gelingen, würden CSU und Freie Wähler den gleichen Zeitplan wie bei der Regierungsbildung 2018 einhalten.

Wie schwierig werden die ersten Gespräche?

Ziemlich schwierig – zumindest, wenn man die Aussagen der vergangenen Tage zugrunde legt. Nach Kritik aus der CSU über die Wahlkampfführung der Freien Wähler hatte Aiwanger dem Koalitionspartner empfohlen, "nicht so mädchenhaft aufzutreten". Darauf gab Söder den Ratschlag zurück, "nicht pubertär zu agieren". Nach der ersten CSU-Fraktionssitzung am Dienstag hatte der Ministerpräsident gesagt, man müsse mit den Freien Wählern vor den eigentlichen Koalitionsverhandlungen "nochmal grundsätzlich reden".

Konkret forderte Söder ein Bekenntnis des Koalitionspartners: "Was ist der Standpunkt der Freien Wähler? Wo geht die Reise hin? Ist das eine Reise, die auf Stabilität setzt, die fest im demokratischen Spektrum verankert ist, wovon wir fest ausgehen, oder gibt es da andere stärkere Tendenzen?" Söder sagte zwar auch, er gehe davon aus, dass das geklärt werden könne – zum Start einer "Wunschkoalition" sind das aber doch sehr grundlegende Fragen.

Der frisch gewählte Fraktionschef der Freien Wähler, Florian Streibl, zeigte sich am Mittwoch irritiert und sagte, er wünsche sich "mehr Respekt von der CSU" und "Verzicht auf gegenseitige Demütigungen".

Was ist anders als 2018?

Vor fünf Jahren hatte sich Aiwanger nach dem ersten Sondierungsgespräch für den "respektvollen Umgang" bedankt – nun ist die Tonlage eine andere. Zwar liegt die CSU nach Wählerstimmen weiterhin klar vor den Freien Wählern, trotzdem hat sich das Kräfteverhältnis verändert. Der Juniorpartner konnte mehr als vier Prozentpunkte zulegen (15,8 Prozent) und tritt entsprechend selbstbewusst auf, die CSU hat hingegen nach dem für ihre Verhältnisse historisch schlechten Ergebnis von 2018 nochmal leicht verloren (37 Prozent). Es scheint, als würden die Freien Wähler die Aufteilung in "Koch und Kellner" nicht mehr so einfach hinnehmen. Das macht Fraktionschef Streibl deutlich: "Es ist klar, dass wir nicht nur der kleine Koalitionspartner sind, sondern wir sind der Koalitionspartner in Bayern."

Gleichzeitig plädieren namhafte Christsoziale wie Manfred Weber oder Theo Waigel für eine härtere Gangart mit dem Koalitionspartner. Diese Forderungen gibt es möglicherweise auch mit Blick auf die Bundestagswahl 2025 - da könnten die Freien Wähler der CSU ebenfalls gefährlich werden.

Sollten Aiwanger und Co. in allen Bundesländern antreten und der Union Stimmen abluchsen, könnte die nur in Bayern vertretene CSU bundesweit unter die Fünf-Prozent-Hürde rutschen. Trotz vieler gewonnener Direktmandate würde die Partei dann aus dem Bundestag fliegen - vorausgesetzt die im März beschlossene Wahlrechtsreform der Ampel hält vor dem Bundesverfassungsgericht stand.

Warum könnte es zwischen den Wunschkoalitionären rumpeln?

Söder sagte mit Blick auf die anstehenden Verhandlungen: "Ganz am Ende kommt dann der Vormittag oder der Nachmittag oder der Abend, wo es dann um Personal geht." Doch bereits jetzt streiten CSU und Freie Wähler um Posten. Der kleinere Koalitionspartner meldete aufgrund des Stimmenzuwachses schon Anspruch auf ein viertes Staatsministerium an. Momentan besetzen die Freien Wähler die Ministerien für Wirtschaft, Umwelt und Kultus. Obendrauf hätte die Partei am liebsten das Landwirtschaftsministerium. Diese Forderung hat Söder im Wahlkampf aber bereits klar zurückgewiesen und Ministerin Michaela Kaniber öffentlich eine Jobgarantie ausgesprochen.

Auch einem Großteil seiner sonstigen Parteifreunde im Kabinett hat der CSU-Chef bereits eine Weiterbeschäftigung zugesichert: Innenminister Joachim Herrmann, Finanzminister Albert Füracker, Staatskanzleichef Florian Herrmann, Bauminister Christian Bernreiter, Wissenschaftsminister Markus Blume und Sozialministerin Ulrike Scharf.

Der Posten des Gesundheitsministers ist nach Klaus Holetscheks Wechsel auf den CSU-Fraktionsvorsitz vakant. Sollte die CSU am Ende ein Ministerium abgeben müssen, könnte es Justizminister Georg Eisenreich oder Europaministerin Melanie Huml treffen. Zwar gab es auch für Digitalministerin Judith Gerlach keine öffentliche Söder-Garantie, ihr Verbleib gilt jedoch als wahrscheinlich – zumindest für den Fall, dass das Ministerium in dieser Form bestehen bleibt.

Der Ressortzuschnitt könnte ein weiterer Streitpunkt in den Verhandlungen werden. Darf Aiwanger sein Superministerium behalten oder wird der Bereich "Energie" aus dem Wirtschaftsministerium herausgelöst? Mal eben ein neues Ressort gründen und so die Forderung der Freien Wähler nach einem zusätzlichen Ministerium erfüllen, wäre nicht so einfach – dann müsste man einen Staatssekretär streichen. Laut Verfassung sind neben dem Ministerpräsidenten nämlich nur bis zu 17 Staatsminister und Staatssekretäre erlaubt. Im letzten Kabinett wurde diese Zahl voll ausgeschöpft.

Wo liegen die inhaltlichen Knackpunkte?

Vor lauter Zwist und Zank in den vergangenen Tagen, vor lauter Vorhaltungen über Stil und Umgangsformen geriet eine Tatsache beinahe in den Hintergrund: Inhaltlich sind sich CSU und Freie Wähler in den meisten Bereichen einig. Bei großen Themen wie Migration, innerer Sicherheit, Energie, Gesundheitsversorgung oder Gesellschaftspolitik verfolgen beide Parteien einen sehr ähnlichen Kurs.

Unterschiede gibt es nur in Detailfragen: Die CSU ist für eine dritte Startbahn am Münchner Flughafen, die Freien Wähler dagegen. Die CSU will die sogenannte "Grundsteuer C" auf unbebaute Grundstücke einführen - sie soll einen Anreiz geben, Wohnraum zu schaffen. Die Freien Wähler glauben nicht, dass das Konzept funktioniert und sind gegen die Steuer.

Auf der anderen Seite hatte Aiwanger den Landwirten in der Vergangenheit Lockerungen bei der Düngemittelverordnung in Aussicht gestellt, was in der CSU kritisch gesehen wurde. Außerdem konnten sich beide Parteien in der abgelaufenen Legislatur nicht darauf einigen, wie genau ein queerer Aktionsplan in Bayern umgesetzt werden soll. Allein diese Liste zeigt aber schon: Der inhaltliche Dissens liegt eher in den Spiegelstrichen.

Grafik: Vorläufiges amtliches Endergebnis der Landtagswahl

Im Video: Interview mit Florian Streibl

Hubert Aiwanger (l), Vorsitzender der Freien Wähler, und Florian Streibl, Fraktionschef der bayerischen Freien Wähler
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Hubert Aiwanger (l), Vorsitzender der Freien Wähler, und Florian Streibl, Fraktionschef der bayerischen Freien Wähler

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