Auch bei der heutigen Verhandlung haben die Plädoyers im sogenannten Doppelgängerinnen-Mordprozess nicht begonnen. Seit Wochen warten die Prozessbeteiligten darauf.
Grund für die Verzögerung war der angebliche Magier, den die Angeklagte kontaktiert haben soll und der heute als Zeuge vernommen wurde. Der 53-jährige Mann aus dem Irak hatte eine Dolmetscherin, die seinen Dialekt nicht ausreichend verstanden hat. Der Mann lebt derzeit in Hessen und bezeichnet sich als Scheich. Darunter versteht er einen religiösen Ansprechpartner und ein Oberhaupt der jesidischen Gemeinde. Der Prozess wird am 5. November fortgesetzt.
Angeblicher Magier schrieb Briefe
Auf Anfrage bete und verfasse er Briefe mit Bitten an Gott. Diese Briefe verfasse er in einer von ihm erfundenen Sprache. So auch bei den Briefchen, die im Auto der Angeklagten gefunden wurden. Die zwei Briefchen mit kryptischen Zeichen hatten zuletzt das Gericht beschäftigt. Die Fingerabdrücke auf den "magischen Briefchen" stammten laut LKA von dem "Magier", den die Angeklagte Chatnachrichten zufolge aufgesucht hatte.
Bei den Fragen, ob er die Angeklagte und ihre Eltern, die im Gerichtssaal anwesend waren, kenne, widersprach er sich. Zunächst meinte er nein. Dann meinte er sich an die Familie zu erinnern, sei sich aber nicht sicher und könne den Zusammenhang nicht mehr nachvollziehen. Allerdings wusste er, dass es zwei Jahre her war, dass er die Briefchen verfasst habe. In den Briefen habe er um gute Gesundheit gebeten, was auch die psychische Gesundheit und das Zusammenführen eines Paars einschließe. Es seien Bitten an Gott. Der Zeuge gab an, weder lesen noch schreiben zu können.
Dolmetscherin kann Dialekt des "Magiers" nicht verstehen
Viel Diskussion gab es wegen der vom Gericht bestellten Dolmetscherin, die offensichtlich Probleme hatte, den Dialekt des Zeugen zu verstehen. Deshalb legten die Verteidiger der Angeklagten einen Widerspruch der Verwertung der Aussage ein.
Vater der Angeklagten stört Aussage
Die Verteidigung des Angeklagten schloss sich an. Der im Saal anwesende Dolmetscher der Nebenklage bestätigte in seiner Aussage, dass die Dolmetscherin lückenhaft übersetzt habe und den Zeugen "nicht verstanden" habe. Die Verteidigung der Mitangeklagten teilte mit, man wolle ordentlich arbeiten, daher sei es unerlässlich, den Mann nochmals mit einem besseren Dolmetscher zu befragen. Auch die Eltern der Angeklagten waren im Saal. Der Vater warf Kommentare während der Aussage des Zeugen ein und verließ nach Aufforderung des Richters den Saal.
Viele offene Fragen trotz langer Prozessdauer
Seit Anfang des Jahres hat das Gericht zahlreiche Zeugen vernommen, Chatnachrichten vorgelesen und Sachverständige angehört. Trotzdem sind noch immer viele Fragen ungeklärt - vor allem, warum die 23-Jährige aus Baden-Württemberg sterben musste.
Sie sah der Angeklagten zum Verwechseln ähnlich, deshalb der Name des Prozesses, der überregional für Aufmerksamkeit sorgt. Über die sozialen Medien hatte die Angeklagte in den Wochen vor der Tat gezielt nach einer Frau gesucht, die ihr äußerlich ähnelt. Das belegen ihre drei ausgewerteten Handys. Während die Angeklagte sich schon mehrfach geäußert und die Schuld allein ihrem Mitangeklagten zugewiesen hat, schweigt dieser bisher.
Vor der Bluttat: Gezielte Suche nach der Doppelgängerin
Zum Hintergrund: Im August 2022 sollen die Angeklagte und der Mitangeklagte eine 23-jährige Frau aus Eppingen an ihrem Wohnort in Baden-Württemberg abgeholt haben. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die beiden Angeklagten ihr Opfer in einem Waldstück zwischen Eppingen und Heilbronn mit 56 Messerstichen getötet haben. Danach soll die Angeklagte in ihrem Wagen zurück nach Ingolstadt gefahren seien. Dort wohnten beide Angeklagte zur Tatzeit im Sommer 2022. Der Komplize soll auf dem Beifahrersitz gesessen, die Tote auf der Rückbank gelegen haben.
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