Mitglieder der "Wehrsportgruppe Hoffmann" 1978 auf dem Grundstück von Karl-Heinz Hoffmann in Ermreuth bei Nürnberg.
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Mitglieder der "Wehrsportgruppe Hoffmann" 1978 auf dem Grundstück von Karl-Heinz Hoffmann in Ermreuth bei Nürnberg.

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Erlanger Doppelmord 1980: Brisantes Dokument verschwunden

Erlanger Doppelmord 1980: Brisantes Dokument verschwunden

1980 wurden der Rabbiner Lewin und seine Freundin in Erlangen von einem Neonazi ermordet. In dessen Umfeld bewegte sich ein V-Mann des Verfassungsschutzes. Die Regierung findet nun ein brisantes Dokument nicht mehr. SPD-Politiker stellen Fragen.

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Der Erlanger Doppelmord an dem Rabbiner Shlomo Lewin (69) und seiner Lebensgefährtin Frida Poeschke (57) von 1980 rückt immer mehr in den Fokus der bayerischen Landtagsopposition. Auslöser sind die Veröffentlichungen des gemeinsamen Rechercheteams von Bayerischem Rundfunk und Nürnberger Nachrichten über ein bislang geheimes Dokument des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz.

Laut der Akte hatte ein V-Mann des Geheimdienstes kurz vor dem Doppelmord mögliche Mordvorbereitungen von Neonazis der Wehrsportgruppe Hoffmann (WSG) beobachtet. Über das Geheimpapier hatte als erstes die Wochenzeitung "Die Zeit" berichtet.

Staatsregierung findet Geheimpapier nicht im Archiv

Nun wollen die SPD-Landtagsabgeordneten Alexandra Hiersemann, Horst Arnold und Florian Ritter wissen, was die Sicherheitsbehörden damals unternommen hatten, um gefährdete Menschen zu schützen. Und ob der Doppelmord womöglich hätte verhindert werden können. Doch die Staatregierung verweist darauf, dass sich das brisante Dokument "aus dem Archivgut nicht mehr rekonstruieren" lasse. Das geht aus der Antwort des Innenministeriums an die SPD-Politiker hervor.

Hinterbliebene hätten Recht auf Informationen

Alexandra Hiersemann kritisiert, dass die Staatsregierung auf ihre Fragen "wichtige Antworten schuldig bleibt". Hinterbliebene wie die Öffentlichkeit hätten ein Recht darauf zu erfahren, ob der Hinweis eines Spitzels aus der Neonaziszene auf mögliche (Mit-)Täter zu Konsequenzen geführt habe.

Als Todesschütze gilt bislang der Neonazi Uwe Behrendt. Er gehörte der rechtsextremen WSG von Karl-Heinz Hoffmann an. Behrendt, damals 29, wohnte zusammen mit Hoffmann und dessen Lebensgefährtin Franziska B. im Schloss Ermreuth in Oberfranken. Er soll nach der Tat in den Libanon gereist sein und dort Selbstmord begangen haben. Zweifel an dieser These wecken die Beobachtungen, die der V-Mann des Verfassungsschutzes am 12. Dezember 1980, sechs Tage vor dem Doppelmord, bei einem Besuch im Ermreuther Schloss gemacht haben will.

V-Mann beobachtete Neonazis beim Bau von Schalldämpfern

In seinem Bericht an den Verfassungsschutz heißt es: "In der Küche waren Franziska B. und Behrendt. Die B. räumte einige Metallstücke weg. Hoffmann arbeitete an zwei Rohren, die wie Wasserleitungsrohre aussahen. Eines dieser Rohre war an beiden Enden ganz offensichtlich abgesägt, circa 40 Zentimeter lang und neues Metall. Auffallend war, dass Hoffmann dieses Rohr mit Stahlwolle so sorgfältig säuberte, dass man keine Fingerabdrücke mehr feststellen konnte. Er hat dieses Rohrstück nur mit Hilfe von Stahlwolle angefasst und in einen gleichlangen, runden Behälter gesteckt und darauf geachtet, dass er das Metallrohr nicht mit blanken Fingern berührte. Den Abfall füllte die B. eilig in eine Plastiktüte, die Behrend im Auftrag von Hoffmann ´außer Haus` brachte und versteckte."

Mord-Prozess gegen Hoffmann endete mit Freispruch

Auch bei dem kurz danach verübten Doppelmord wurde ein selbst gebauter Schalldämpfer genutzt. Es steht also die Frage im Raum, ob der Geheimdienst wenige Tage vor dem Mord wusste, dass auf Schloss Ermreuth offenbar Schalldämpfer hergestellt wurden und von einer Gefährdungslage hätte ausgehen müssen. Denn solche Quellenberichte übermitteln V-Leute dem Verfassungsschutz in der Regel zeitnah.

Bei dem V-Mann soll es sich um Franz L. gehandelt haben, damals selbst Mitglied der WSG und enger Vertrauter von Hoffmann. Wenige Jahre nach dem Doppelmord wurde Hoffmann und Franziska B. der Prozess vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth gemacht, nachdem herauskam, dass die Tatwaffe aus Hoffmanns Besitz stammte und eine am Tatort gefundene Sonnenbrille Franziska B. gehörte. Beide wurden am Ende des Prozesses 1986 freigesprochen.

Verfassungsschutz befragte V-Mann Monate nach der Tat

Nun stellt sich heraus: Wenige Monate nach dem Doppelmord hatten auch die Verfassungsschützer ihren V-Mann Franz L. zu den Vorgängen im Schloss befragt. Dies geht aus dem Schreiben der Staatsregierung an die Erlanger Abgeordnete Alexandra Hiersemann hervor. Er habe aber das am Tatort gefundene Material, aus dem der Schalldämpfer hergestellt worden ist, nicht erkannt.

Hiersemann gibt sich mit diesen Antworten aber nicht zufrieden. Sie hakt mit einem neuen Fragenkatalog bei der Staatsregierung nach. Vor allem verlangt sie nach einer Erklärung, warum der Quellenbericht von Franz L., den das BR/NN-Rechercheteam zitieren, offenkundig im Archiv verschwunden sei.

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth prüft inzwischen, ob genügend Gründe für die Wiederaufnahme von Ermittlungen vorliegen. Dann könnte es zu einem neuen Prozess kommen. Der Erlanger FDP-Landtagsabgeordnete Matthias Fischbach forderte, dass "der Prozess neu aufgerollt werden" müsse.

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