Eine Flasche Frittieröl aus Hefe steht in der Backstube
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Aus altem Brot gewonnenes Hefeöl in der Backstube von Bäcker Gerboin

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Ersatz für Palmöl: Hefeöl aus altem Brot

Ersatz für Palmöl: Hefeöl aus altem Brot

Es könnte eine echte Alternative zum umstrittenen Palmöl werden: Hefeöl wird aus altem Brot gemacht, ein Rohstoff, den es im Überfluss gibt. Die Forscher der TU München sehen großes Potential für ihr Öl, in eineinhalb Jahren soll es zu kaufen sein.

Über dieses Thema berichtet: Notizbuch am .

Biotechnologie-Professor Thomas Brück von der TU München will das Massenprodukt Palmöl in Backstuben ablösen und durch Hefeöl aus altem Brot ersetzen. Er sieht großes Potential, immerhin bleiben in Deutschland jedes Jahr um die 500.000 Tonnen Backwaren übrig.

Erfolgreiche Tests in der Bäckerei

Brücks Partner in der Praxis ist Bäckermeister Ludovic Gerboin. Von Anfang an hat er das Hefeöl getestet. Wenn Gerboin seine Krapfen ins heiße Fett zum Frittieren legt, kommt er fast ein wenig ins Schwärmen. Für seine Fritteuse braucht er 60 Liter Öl, gemacht aus 110 Kilo altem Brot. Von der Qualität her ist es sogar besser als Palmöl, sagt der gebürtige Franzose, der 2010 die Bäckerei in Moosinning bei München übernommen hat.

Das Hefeöl sei wie Palmöl geschmacksneutral, aber dazu noch viel haltbarer. Außerdem könne es öfter als alle anderen konventionellen Öle zum Frittieren genutzt werden.

Zufallsbekanntschaft legt den Grundstein

Schon lange hatte der Bäcker mit deutschen und französischen Meistertitel versucht, möglichst viel altes Brot zu verarbeiten, um nichts wegschmeißen zu müssen. Doch das Ergebnis war letztendlich nicht zufriedenstellend - zu viel Arbeit und zu teuer. Als er dann Thomas Brück in der Schule seiner Tochter kennenlernt, ist plötzlich alles anders. Der Biotechnologe nahm Gerboins altes Brot geröstet mit ins Labor, nach einer Woche kam es als Öl zurück.

Ungefähr zehn bis 15 Kilo nicht verkauftes Brot reibt und röstet er am Tag, das sind bei uns ungefähr zehn Prozent. In Supermärkten dürften es mehr sein, Schätzungen zufolge bis zu 30 Prozent.

Prof. Thomas Brück über das Bäckerhandwerk
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Prof. Brück in der Backstube von Ludovic Gerboin.

Öl aus Altbrot mit großem Potential

Derzeit ist Ludovic Gerboin Deutschlands einziger Bäcker, der Hefeöl zum Backen hernehmen kann. Doch schon bald soll es in großen Mengen für die Industrie produziert werden. So der Plan des Forscherteams an der Technischen Universität München. Ein geradezu revolutionärer Plan, der in Sachen Nachhaltigkeit viel verändern wird. Denn kein anderes Lebensmittel wird in Deutschland in so großen Mengen weggeworfen wie altes Brot.

  • Zum Artikel: Kampf gegen Lebensmittelverschwendung: Kann ich das noch essen?

Die Hefe ist der Schlüssel des Erfolgs

Seit Jahren erforscht und entwickelt Professor Thomas Brück, Leiter des Werner-Siemens-Lehrstuhls für Synthetische Biotechnologie nachhaltige Verfahren, um unterschiedlichste Reststoffe sinnvoll wiederzuverwerten. Der Vorteil: Reststoffe wie altes Brot konkurrieren nicht mit der Nahrungsmittelproduktion und haben auch keinen direkten Einfluss auf Landnutzung oder Wasserverbrauch. Aus altem Brot Hefeöl herzustellen funktioniert ähnlich wie Bierbrauen: Durch Fermentierung, das heißt, dem fein gemahlenen Brot werden spezielle Hefebakterien und Enzyme zugesetzt, erklärt der Wissenschaftler: "Man hat also eine Zuckerlösung, wirft Hefe drauf und die Hefe vermehrt sich und bildet dann Öle."

Gute Bilanz gegenüber Palmöl

Statt immer mehr Palmölplantagen anzubauen, kann künftig weltweit Hefeöl aus Reststoffen produziert werden. Denn neben den Umweltschäden, die durch die Monokultur der Palmölplantagen entstehen, hat Hefeöl einen klaren Vorteil:

"Etwa vier Tonnen Öl holt man auf einem Hektar Palmölplantage heraus. Wenn wir jetzt unser Hefeöl nehmen und es pro Hektar rechnen, dann ist es mit bis zu 80.000 Hektar Palmölplantage vergleichbar. Wir schützen also damit den Regenwald, weil keine Abholzung mehr notwendig ist." Professor Thomas Brück, Leiter des Werner-Siemens-Lehrstuhls für Synthetische Biotechnologie nachhaltige Verfahren

Auch andere Rohstoffe sind denkbar

Bislang gab es für die Industrie keine echte Alternative zu Palmöl. Denn die Palmölpflanze ist die Pflanze mit dem höchsten Ölertrag. Jetzt hat Hefeöl ganz klar die beste Bilanz von allen. Auch das heimische Rapsöl kann da nicht mithalten: ein Hektar Hefe-Öl sind mit 240.000 Hektar Rapsölplantage zu vergleichen, erklärt Brück.

Biotechnologe Thomas Brück ist überzeugt, dass mit der Hefeöl-Herstellung auch mindestens vier Millionen Tonnen CO2 eingespart werden können. Zudem wären außerhalb der Lebensmittelproduktion auch andere Abfallstoffe denkbar, nicht nur altes Brot: Stroh, Holzschnitz, Makroalgen als Reststoffe vom Strand, Weizenkleie, Weizenspelze, alles wäre möglich. "Aber man muss natürlich schauen, welche Substrate lebensmitteltauglich sind. Wenn wir die Weizenkleie nutzen, dann ist das lebensmitteltauglich, aber beim Holz und beim Stroh aber nicht. Das geht dann eher in die Kosmetik rein."

Noch ein bis zwei Jahre bis zur Marktreife

Mit Unterstützung des Bundeswirtschaftsministeriums soll noch dieses Jahr eine Anlage gebaut werden, in der 100.000 Liter Hefeöl produziert werden sollen. Dass ist der Beginn, um die Erfindung auch vermarkten zu können. Er habe inzwischen viele Anfragen aus der Nahrungsmittelindustrie, aber auch aus der Kosmetik- und der Biokraftstoffindustrie. Ganz große Bäckereien aus der Schweiz und Deutschland seien interessiert, diese Technik auch umzusetzen.

Auch wenn die Biotechnologen an der Technischen Universität in München weiter am Prozess forschen, um diese Fermentierung kostengünstig zu optimieren, ist das Ziel in Sichtweite. 18 Monate bis zwei Jahre, so schätzt Wissenschaftler Brück, dauert es noch, bis alle im Laden Hefeöl kaufen können: "Es ist schon ein sehr gutes Gefühl zum Fortschritt der zirkulären Bioökonomie ein bisschen beitragen zu können. Das liegt mir sehr am Herzen."

Wie schnell Hefeöl dem Palmöl ernsthafte Konkurrenz machen wird, ist offen. Denn der Palmölkonsum wächst seit Jahren weltweit auf zuletzt über 76 Millionen Tonnen.

Nur 20 Prozent zertifiziertes Palmöl am Markt

Die Idee mit dem Hefeöl findet auch beim World Wildlife Fund (WWF) Anklang. Noch immer werden zum Beispiel in Malaysia und in Indonesien viele Urwälder für neue Palmölplantagen gerodet. Die Umweltschutzorganisation kritisiert seit Langem, dass viel zu wenig Palmöl zertifiziert wird. Nur etwa 20 Prozent werden ohne Rodung und ohne Einsatz von Pestiziden hergestellt. Einen Haken sieht Ilka Petersen vom WWF auch beim Hefeöl: nur wenn das verwendete Brot sonst im Müll gelandet wäre, hält sie es für eine gute Idee.

Professor Thomas Brück teilt diese Einschätzung nicht. Altes Brot wird in Deutschland in großem Stil in Biogasanlagen zur Energiegewinnung genützt. Anstatt es zu verbrennen hält er für viel sinnvoller, daraus wieder ein wertvolles Lebensmittel zu machen, das obendrein das ökologisch problematische Palmöl ersetzen kann.

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