Seit 20 Jahren wird über eine mögliche dritte Startbahn für den Flughafen München gestritten. Nun befasst sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit dem Thema. Konkret ging es dort am Dienstag um die Frage, wie lange die Baugenehmigung bestehen bleibt, wo doch mit dem Bau der zusätzlichen Piste noch gar nicht begonnen wurde.
Hat man mit dem Bau schon begonnen – irgendwie?
Die Experten diskutierten am Dienstag sehr detailliert einen Passus aus dem Luftverkehrsgesetz. Dort steht sinngemäß, dass man von einem Planfeststellungsbeschluss – also einer Baugenehmigung – wie im Fall der dritten Startbahn innerhalb von zehn Jahren "Gebrauch machen" muss. Ob das geschehen ist, auch wenn die Startbahn selbst noch nicht gebaut wird, darüber gingen die Meinungen im Gerichtssaal weit auseinander.
Das Luftamt Süd der Regierung von Oberbayern verwies darauf, dass die Genehmigung zum Beispiel auch einen S-Bahn-Tunnel und eine Erweiterung des Vorfelds umfasse, und dies sei eben schon alles in Angriff genommen worden. Auch Grundstücke seien gekauft worden. Die Genehmigung werde also sehr wohl genutzt und könne deshalb nicht mehr außer Kraft treten. So steht es auch im Bescheid des Luftamts Süd vom Herbst. Die Startbahngegner argumentieren dagegen, dass die genannten Projekte nicht wirklich mit der dritten Startbahn zu tun hätten, und deshalb müsse die Genehmigung für die Startbahn nach zehn Jahren - also im Frühjahr 2026 - sehr wohl verfallen. Hinzu komme, dass es auch entgegen früheren Prognosen gar keinen Bedarf für eine zusätzliche Piste gebe.
Und dann ist da noch der Bürgerentscheid
Dass trotz rechtskräftiger Genehmigung noch nicht mit dem Startbahn-Bau begonnen wurde, hat vor allem politische Gründe. Bei einem Bürgerentscheid in München 2012 hatte eine Mehrheit gegen die dritte Startbahn gestimmt. CSU und Freie Wähler haben auch in ihrem zweiten Koalitionsvertrag vereinbart, dass die Startbahn-Pläne in der laufenden Legislaturperiode nicht weiterverfolgt werden. Schließlich hat auch noch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) versichert, dass es in seiner ganzen Amtszeit keine dritte Startbahn geben werde. Die Startbahngegner wollen allerdings, dass das Projekt endgültig aufgegeben wird, und die Pläne auch nicht mit einer – wie sie fürchten – "ewigen" Genehmigung noch lange aus der Schublade geholt werden könnten.
"Damoklesschwert" über Attaching
Geklagt haben neben dem Bund Naturschutz, Stadt und Landkreis Freising sowie Berglern im Landkreis Erding auch Privatleute – unter anderem aus Attaching. Das Dorf wäre von der dritten Startbahn besonders betroffen. Die Stimmung unter den Anwohnern ist dort seit langer Zeit angespannt. Vor Ort kann man spüren, was es heißt, wenn Lokalpolitiker vom "Damoklesschwert" 3. Startbahn sprechen. Seit 20 Jahren leben sie im Ungewissen, ob und wann die zusätzliche Piste in ihrer Nachbarschaft kommt. Der "Ewigkeitsbescheid", wie sie ihn nennen, hat die Unsicherheit noch verstärkt.
Die Kläger fordern, den Bescheid aufzuheben. Alle Beteiligten haben nun zwei Wochen Zeit, um weitere Schriftsätze auszutauschen. Eine Entscheidung, wie es weitergeht, wird wohl erst Anfang August fallen.
Im Video: Streit um dritte Startbahn vor Gericht
MUC: Streit um dritte Startbahn
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