María Teresa Montaño lebt in Bayern – doch wo genau soll geheim bleiben. Denn noch immer erhält die mexikanische Schriftstellerin und Journalistin Drohungen aus ihrer Heimat. Regelmäßig wird ihre Webseite 'The Observer' (externer Link) gehackt, ihre Texte werden gelöscht und sie muss Sorge um ihren erwachsenen Sohn haben, der weiterhin in Mexiko lebt. Weil die Gefahr für sie selbst zu groß wurde, ergriff sie die Chance, die ihr der internationale Schriftstellerverband "PEN" angeboten hatte und ging ins Exil.
Traumatische Entführung
Montaño hat einen international beachteten Bericht über die Verquickungen zwischen der Regierung und Scheinfirmen veröffentlicht. Sie hat recherchiert, wie hohe Summen von Steuergeldern in Firmen verschwinden, die es gar nicht gibt. Kurz darauf wurde sie auf dem Weg zu einem Arzttermin von mehreren Männern gekidnappt. Sie fuhren mit ihr zu Montaños Haus, stahlen ihren Computer, ihr Handy, ihre Rechercheergebnisse und sogar ihr Auto. Stunden später ließ man sie frei. Montaño schildert, dass sie gedacht hatte, sie würde sterben. Die Männer drohten ihr, dass sie wiederkommen würden. Trotzdem arbeitete sie nach dem traumatischen Erlebnis weiter.
Massive Drohungen gegen die Familie
Als sie zwei Jahre später erneut massive Drohungen erhält, beschließt sie, sich in Sicherheit zu bringen: "Ich habe Mexiko verlassen, weil ein Lokalpolitiker mich angerufen und mir gedroht hat, mein Sohn sei nun in einem Alter, in dem ihm auch etwas passieren könne." "Etwas passieren" heißt in Mexiko, ihr Sohn könnte verschwinden oder auch getötet werden. Nach Angaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wurden allein im Jahr 2022 rund 30.000 Menschen in dem mittelamerikanischen Land getötet. Mehr als 110.000 Menschen gelten als vermisst. Montaño kam über Spanien nach Bayern, ihre Tochter verließ ebenfalls das Land und lebt heute in Italien.
Programm für gefährdete Schriftsteller stand kurz vor dem Aus
Insgesamt halten sich vier Schriftstellerinnen und Schriftsteller auch aus Myanmar, dem Iran und Syrien in Bayern auf, bundesweit sind es 15. Sie bekommen vom PEN im Rahmen des Programms "Writers in Exile" eine Wohnung und den Lebensunterhalt gestellt.
Doch im vergangenen Jahr geriet das Programm massiv unter Druck. Die Vize-Präsidentin des deutschen PEN-Zentrums, Astrid Vehstedt, erklärt, dass die Mittel seitens der Bundesregierung um 30 Prozent gekürzt werden sollten. "Das hätte das Programm existentiell gefährdet, dabei nehmen die Krisen und die autoritären Systeme in der Welt zu. Das Programm ist wichtiger denn je." Bis auf Weiteres sind die Kürzungen zurückgenommen worden. "Wir sind sehr froh, dass wir doch weitermachen können", so Vehstedt.
Exil in Bayern – einsam, aber frei
Auch für Maria Teresa Montaño ist das Programm derzeit überlebenswichtig. Sie ist froh, in Deutschland in relativer Sicherheit zu sein - fühlt sich aber dennoch oft einsam. Die Sprache zu lernen fällt ihr schwer und die Mexikaner würden auch in schwierigen Situationen nie ihren Humor verlieren. Sie vermisst ihre Kinder und Freunde. Auf der anderen Seite seien Journalisten hier so frei, wie fast nirgends auf der Welt. Sie kann von hier aus weiter recherchieren und schreibt gerade ein Buch über die Korruption in Mexiko. Rückblickend sagt sie: "Ich bin froh, dass ich diese Dinge aussprechen kann. Trotz all der Gefahren würde ich das Gleiche immer wieder tun und es sogar noch besser machen."
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!