Im Fall der vor knapp 23 Jahren verschwundenen und erst Jahre später tot aufgefundenen Peggy hat am Donnerstag ein Zivilprozess gegen einen früheren Verdächtigen begonnen. Die Mutter des damals neun Jahre alten Mädchens fordert von dem Mann Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 75.000 Euro, wie ein Sprecher des Landgerichts Hof mitteilte.
Güteverhandlung endete ohne Ergebnis
Die Güteverhandlung endete nach eineinhalb Stunden ohne Ergebnis. Nun muss die Kammer entscheiden, ob die Klage abgewiesen oder ob ihr stattgegeben wird. Möglich ist auch eine weitere Beweisaufnahme. Die Entscheidung soll am 22. Mai verkündet werden.
Mutter will Schmerzensgeld wegen psychischer Beeinträchtigungen
Der Mann hatte vor Jahren im Zuge einer zehnstündigen Vernehmung ein Geständnis abgelegt, dieses aber später widerrufen. Peggys Mutter begründet die Forderung demnach mit psychischen Beeinträchtigungen, da sie 15 Jahre keine Kenntnis über den Verbleib ihres Kindes gehabt habe.
Das widerrufene Geständnis des Beklagten hält Ramona Hoyer, Anwältin von Peggys Mutter, für hinreichend genug, von diesem das Schmerzensgeldgeld zu fordern. Außerdem, so sagte Susanne Knobloch heute vor dem Hofer Landgericht aus, sei sie in diesen 15 Jahren Anfeindungen und Verleumdungen ausgesetzt gewesen, habe Ängste ausgestanden und sei deswegen in therapeutischer Behandlung gewesen. Schließlich habe sie durch das Schweigen des Beklagten erst viel später mit der Trauerphase beginnen können.
Anwalt des Beklagten weist Klage zurück
Jörg Meringer, Anwalt von Manuel S., weist die Klage dagegen zurück. Das Geständnis vom September 2018 sei unter massiven Druck entstanden, seinem Mandanten sei ein Rechtsbeistand verwehrt worden, zudem fehle ihm jegliches Täterwissen. Manuel S. führte vor der Hofer Kammer aus, dass er von den vernehmenden Beamten immer wieder gedrängt worden sei, endlich eine schlüssige Geschichte zu erzählen. Schließlich habe er dem Druck nachgegeben, um endlich seine Ruhe zu haben. In der Folge konnte ihm eine Tatbeteiligung nicht nachgewiesen werden.
Der nun Beklagte hatte 2018 zunächst angegeben, Peggys Leiche im Mai 2001 in ein Waldstück geschafft zu haben. Dieses Geständnis hatte er später widerrufen und war auch aus der Untersuchungshaft freigekommen. Der Mann halte die Klage für rechtlich nicht begründet, teilte der Gerichtssprecher mit. Er gebe an, damals bei der Polizei falsche Angaben gemacht und später widerrufen zu haben.
Peggys Mörder ist bis heute nicht gefunden
Der Fall Peggy zählt zu den spektakulärsten Kriminalfällen Deutschlands: Das kleine Mädchen war im Mai 2001 auf dem Heimweg nach der Schule im oberfränkischen Lichtenberg im Landkreis Hof spurlos verschwunden. Zeugen gaben an, das Mädchen das letzte Mal gegen Mittag an einer Bushaltestelle im Ort gesehen zu haben. Am Abend meldete Peggys Mutter ihre Tochter als vermisst. Die Polizei ermittelte in alle Richtungen, eine Sonderkommission, die erste "Soko Peggy", nahm die Arbeit auf.
Großangelegte Suchaktionen auch im Ausland blieben ohne Erfolg. Erst 2016 entdeckte ein Pilzsammler in einem Waldstück an der Grenze zwischen Bayern und Thüringen Peggys Leiche. Der Fundort ist keine 20 Kilometer von Lichtenberg entfernt. Von der Lichtenberger Burg aus ist das Waldstück fast zu sehen.
Ein Täter ist bis heute nicht überführt. 2004 war ein geistig behinderter Mann aus Lichtenberg als Peggys Mörder verurteilt worden, in einem Wiederaufnahmeverfahren kam er zehn Jahre später wieder frei.
Der Artikel wurde in seiner ursprünglichen Version am Donnerstagvormittag publiziert. Nach dem Ende der Güteverhandlung ist der Artikel am Mittag mit neuen Informationen aktualisiert worden.
Mit Informationen von dpa
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