Schilder an der Grenze zwischen Deutschland und Österreich zwischen Mittenwald (D) und Scharnitz (AUT).
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Fernpass: In Tirol wird gehandelt – in Bayern wächst der Frust

Fernpass: In Tirol wird gehandelt – in Bayern wächst der Frust

Tirol plant ab 2029 eine Maut auf der Fernpassstraße – 14 Euro pro Fahrt. Die Tiroler wollen damit den Transitverkehr bremsen. Auch auf bayerischer Seite wird der Ruf nach einer Handhabe gegen den Verkehr lauter.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Die geplante Maut auf dem Fernpass liefert Gesprächsstoff in der bayerischen Grenzregion. Stephan Märkl, CSU-Bürgermeister von Grainau im Landkreis Garmisch-Partenkirchen, sieht die Pläne nicht als Schikane, sondern als konsequente Verkehrspolitik: "Ich würde einfach sagen, die Tiroler machen es besser als wir."

Neidischer Blick über die Grenze

Grainau, am Fuße der Zugspitze gelegen, leidet regelmäßig unter Blechlawinen. Lärm, Staus und Abgase machen der Bevölkerung zu schaffen. Märkl wünscht sich auch in Bayern die Möglichkeit für temporäre Straßensperrungen – doch das deutsche Straßenverkehrsrecht lässt solche Maßnahmen nur bei akuter Gefahr zu, etwa nach Unfällen. In Österreich hingegen kann die Politik mit Fahrverboten, Blockabfertigung oder Dosierampeln agieren.

Auch Märkls SPD-Kollege - Enrico Corongiu, Bürgermeister von Mittenwald - sieht sich machtlos. Sämtliche Vorstöße der Politiker aus dem Oberland für eine längerfristige Sperrung, vergleichbar der in Tirol, sind bisher gescheitert. Das bayerische Staatsministerium für Verkehr verweist nach Berlin. Und im Bundesverkehrsministerium wird wiederum auf die Straßenverkehrsordnung verwiesen. In dieser nimmt der freie Verkehr einen hohen Stellenwert ein. Dass hier etwas geändert wird, hält Bürgermeister Stephan Märkl für utopisch. Dafür sind wir einfach zu klein und zu weit weg von Berlin, sagt er.

Tirol verstärkt sogar die Kontrollen

Ab Karfreitag gilt in vielen Teilen Tirols wieder an Wochenenden und Feiertagen ein Abfahrverbot von Hauptstraßen. Ziel dieser Maßnahme ist es, den Verkehr auf den großen Straßen zu halten und die Dörfer und Städte vor dem zusätzlichen Verkehr zu schützen. Rund eine halbe Million Euro wird für die Kontrollen zur Verfügung gestellt. Fast doppelt so viel wie im vergangenen Jahr.

Polizei und beauftragte Sicherheitsfirmen werden unterwegs sein, um Verstöße zu verhindern. Das Sommerabfahrverbot schließt nahtlos an die Winterregelungen an, die von Dezember bis Mitte April galten. Für Tirol haben sie den gewünschten Erfolg gebracht: Rund 250.000 Fahrzeuge wurden im vergangenen Winter auf die Hauptstraßen zurückgewiesen. Landeshauptmann Anton Mattle spricht von einer spürbaren Entlastung von Anwohnern und Gemeinden.

Tunnel, Maut, Fahrverbot – Tirol investiert weiter

Tirol will den Fernpass entlasten – mit einem neuen 1,4 Kilometer langen Tunnel. Die Strecke soll sicherer und flüssiger werden, Höhenmeter und Kurven entfallen. Trotz des Ausbaus bleibt das bestehende Lkw-Fahrverbot über 7,5 Tonnen bestehen. Ein Gutachten zeigt: Ohne Verbot würde sich der Schwerverkehr verdoppeln. Finanziert werden Tunnel und Infrastruktur über eine geplante Maut – 14 Euro pro Fahrt oder rund 140 Euro im Jahr. In Bayern sorgt das für Kritik. Dort warnt man vor mehr Ausweichverkehr über die ohnehin stark belastete B2 und den Zirler Berg. Bürgermeister Enrico Corongiu spricht von teils chaotischen Zuständen an Reisewochenenden. Auch der ADAC befürchtet zusätzliche Belastungen für Pendler und Urlauber.

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Eine mögliche Umfahrung des Fernpasses könnte auf Kosten könnte über Garmisch-Partenkirchen, Mittenwald und Zirl gehen.

Grenzüberschreitende Lösungen gefordert

Der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) warnt vor Nachteilen für Bayern durch die geplante Fernpass-Maut in Tirol. In Gesprächen mit Tirols Verkehrslandesrat Zumtobel machte er klar: Die Maßnahmen dürften Bayern nicht zusätzlich belasten. Bernreiter fordert, möglichst ganz auf die Maut ab 2029 zu verzichten – bislang ohne Erfolg. Auch Kommunalpolitiker wie Enrico Corongiu verlangen ein gemeinsames, grenzüberschreitendes Verkehrskonzept. Zitat: "Wir müssen das gemeinsam planen – nicht jeder für sich." Hoffnung setzt er auf die neue Bundesregierung in Berlin.

Fazit: Der Verkehr bleibt – die Lösungen fehlen

Der Fernpass bleibt ein neuralgischer Punkt im Alpenverkehr – und ein Dauerbrenner im politischen Austausch zwischen Tirol und Bayern. Während Tirol mit Maut, Blockabfertigung, Tunnel und Verboten vorangeht, fühlt sich Bayern zunehmend abgehängt. Die Folge: Frust auf der einen Seite, Druck auf der anderen – und mittendrin tausende Autofahrer und Anwohner, die mit Staus, Lärm und Abgasen leben müssen.

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