Um den Forschungsreaktor FRM2 in München gibt es Streit. Zwar werden dort unter anderem Krebs-Medikamente erforscht, allerdings mit hochangereichertem Uran. Nach fünf Jahren Stillstand soll der Reaktor nun wieder in Betrieb gehen.
Um den Forschungsreaktor FRM2 in München gibt es Streit. Zwar werden dort unter anderem Krebs-Medikamente erforscht, allerdings mit hochangereichertem Uran. Nach fünf Jahren Stillstand soll der Reaktor nun wieder in Betrieb gehen.
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Um den Forschungsreaktor FRM2 in München gibt es Streit.
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Forschungsreaktor Garching: Weiter mit hochangereichertem Uran?

Forschungsreaktor Garching: Weiter mit hochangereichertem Uran?

Nach fünf Jahren Stillstand geht der Forschungsreaktor Garching demnächst wieder ans Netz. Immer noch mit hochangereichertem Uran. Kritiker bemängeln: Eine Umstellung auf niedrig angereichertes Uran hätte längst erfolgen müssen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 TV am .

Wie lassen sich radioaktive Medikamente zur Krebsbehandlung herstellen? Wie docken Medikamente im Körper an, und wie wirken sie dort? Unter anderem solche Fragen werden am Forschungsreaktor Garching bei München untersucht – und zwar mithilfe von Neutronen.

Um die Neutronen zu erzeugen, arbeiten die Forscher mit hochangereichertem Uran, das in Reaktor-Brennstäben enthalten ist, in denen dann auch die Atomspaltung stattfindet. Doch um dieses Uran gibt es Streit.

Weltweit nur wenige Forschungsreaktoren

Denn: Nach fünfjährigem Stillstand wegen Reparaturen soll der Reaktor demnächst wieder in Betrieb gehen – mit hochangereichertem Uran. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München hatte das vergangenes Jahr genehmigt.

Neutronen können nur durch Atomspaltung erzeugt werden. "Nur an wenigen Forschungsreaktoren weltweit kann man das herstellen", sagt der stellvertretende wissenschaftliche Direktor des Garchinger Forschungsreaktors, Michael Schulz. Über 2.000 Krebspatienten konnte laut Schulz schon geholfen werden.

Auch Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) lobt: Der Forschungsreaktor in Garching sei die "weltweit erfolgreichste und leistungsfähigste Forschungsinfrastruktur", wo mit schnellen Neutronen gearbeitet werde.

Streit um Anreicherungsgrad des Urans

Von den Grünen im Landtag kommt Kritik: "In anderen Ländern ist das längst kein Problem mehr, mit niedrig angereichertem Uran den Betrieb zu fahren. Da machen wir uns ja international lächerlich, wenn wir das über die Jahre nicht hinbekommen", sagt die Landtagsabgeordnete Claudia Köhler.

Die Technische Universität München (TUM), die den Reaktor betreibt, räumt ein: Weltweit wurden in den vergangenen Jahren 72 Forschungsreaktoren auf niedrig angereichertes Uran umgestellt, unter anderem ein Reaktor in Ghana.

Diskussion um atomwaffenfähiges Material

Umweltschützer wie der Bund Naturschutz oder das Umweltinstitut München kritisieren, dass der Reaktor mit atomwaffenfähigem Material betrieben werde. Der Stoff könne "auch für Atombomben missbraucht werden", sagt Hauke Doerk vom Umweltinstitut München.

Der Vorsitzende des Bund Naturschutz, Richard Mergner, fordert die TU auf, sich an "internationalen Konsens" zu halten, wonach Forschungsreaktoren auf niedrig angereichertes Uran umrüsten müssten.

Umrüstung sehr aufwändiger Prozess

Doch der technische Direktor des Forschungsreaktors, Axel Pichlmaier, rechnet frühestens "Anfang der 2030er Jahre" mit einer Umrüstung. In Garching sei das "deutlich aufwändiger und technisch anspruchsvoller" als bei anderen Reaktoren, weil man spezielle, besonders kleine Brennstäbe benötige: "Diese Brennelemente gibt es auf der ganzen Welt noch nicht, die müssen komplett neu entwickelt werden", so Pichlmaier.

Bayerische Regierung sieht keine Eile

Europaweit gebe es neben dem Garchinger drei weitere Forschungsreaktoren, die auf niedrig angereichertes Uran umstellen, so die TU. In Belgien sei man "kurz davor", allerdings mit größeren Brennstäben. Die beiden Reaktoren in Frankreich hätten laut TU eine "ähnliche Zeitschiene" wie Garching.

Wissenschaftsminister Blume sieht bei der Uranfrage keine Eile: "Das Ziel muss sein, dass der Forschungsreaktor so schnell wie möglich wieder für die Forschung zur Verfügung steht, und alles Weitere wird man dann, wenn er wieder am Netz ist, entscheiden können."

Ungelöstes Atommüll-Problem

Auch um den Atommüll, der über die Jahre angefallen ist, gibt es Streit. Laut TU lagern in dem Reaktor 48 abgebrannte Brennstäbe, womit die Lagerkapazität von 50 fast ausgeschöpft ist. Sie sollen noch dieses Jahr in ein Zwischenlager ins nordrhein-westfälische Ahaus transportiert werden.

Das kann Köhler von den Grünen nicht nachvollziehen: "Auf Vorrat jetzt mal Platz zu schaffen, nachdem man es mehrere Jahre nicht geschafft hat, den Reaktor wieder zum Laufen zu bekommen, das ist für mich indiskutabel." Laut TU wurde der Vertrag mit Ahaus bereits vor 25 Jahren geschlossen. Auch das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) hat grünes Licht für zwei anstehende Transporte gegeben.

Im Video: Proteste gegen Castor-Transport am Forschungsreaktor Garching

Proteste gegen Castor-Transport am Forschungsreaktor Garching
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Proteste gegen Castor-Transport am Forschungsreaktor Garching

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