Der Freistaat Bayern macht von den verfügbaren Fördermitteln für den Ganztagsausbau bislang kaum Gebrauch. Das geht aus einer Anfrage der Landtags-SPD an die Staatsregierung hervor. Demnach seien von den rund 461 Millionen Euro, die der Bund bereitstellt, bislang gerade einmal 1,3 Prozent abgerufen. Immerhin 21,3 Prozent seien verplant. Bisher gelinge es in Bayern nicht, die Fördermittel des Bundes "rechtzeitig an die Schulen zu bringen", sagt SPD-Bildungspolitikerin Simone Strohmayr.
SPD: Ganztagsbetreuung droht zu scheitern
Die SPD fordert deshalb von der Staatsregierung, die Gemeinden über die Bezirksregierungen besser "im Ganztags-Förderdschungel" zu unterstützen. Bürokratische Hindernisse müssten abgebaut werden, andernfalls drohe der Ausbau der Ganztagsbetreuung zu scheitern, ehe ab dem Schuljahr 2026/27 der Rechtsanspruch eintritt, fürchtet Strohmayr.
Für sie wäre das "ein großer Rückschlag für die Familien, die auf das Einkommen beider Eltern angewiesen sind und für die Bildungsgerechtigkeit im Freistaat". Zuständig für die Abwicklung der Ganztagsförderung sind die Bezirksregierungen. Die dortigen Abteilungen sollten die Kommunen beim Ganztagsausbau besser beraten und unterstützen, so Strohmayr. Schließlich gebe es in Bayern allein sechs verschiedene Ganztagsangebote mit unterschiedlichen Fördermöglichkeiten. (Zu den Angeboten zählen: gebundener Ganztag, offener Ganztag, Mittagsbetreuung, verlängerte Mittagsbetreuung und kooperativer Ganztag. Zuständig sind je nach Angebot Kultus- oder Sozialministerium.)
Gemeindetagspräsident: Mehr Vertrauen, weniger Detailprüfung
Auch Gemeindetagspräsident Uwe Brandl (CSU) wünscht sich für die Kommunen als Träger der Schulen mehr Unterstützung von den Bezirksregierungen, vor allem in Form von "weniger Bürokratie" bei der Planung und Umsetzung der Ganztagsplätze. Im BR fordert Brandl: "Lasst uns Kommunen planen und vertraut uns, und schreibt uns nicht jeden Quadratmeter für die Betreuungsräume vor." Statt sich um die baulichen Details für Horte oder Mittagsbetreuungen zu kümmern, sollten sich die Bezirksregierungen nur darum kümmern, dass genügend Schüler am Nachmittag untergebracht werden können.
Zu hinterfragen sei auch, so Brandl, ob "sündteure" Maßnahmen zur Barrierefreiheit, also etwa Aufzüge oder breitere Türen, wirklich in jedem Stockwerk nötig seien. Einen weiteren Grund, warum die Bundesmittel noch immer nicht abgerufen seien, sieht Brandl auch in den komplizierten und teuren Vorplanungen auf dem Weg zu einem Förderantrag. Ein Verzicht auf öffentliche Ausschreibungen, etwa für die Beauftragung von Planern, würde sehr viel Zeit sparen, so Brandl. Dafür müsse aber an erster Stelle die Bundesregierung sorgen.
Die Bundesregierung hat bereits 2021 ein Investitionsprogramm über 3,5 Milliarden Euro zum Ausbau ganztägiger Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter beschlossen, auf Bayern entfallen davon rund 461 Millionen Euro. Das entsprechende Landesförderprogramm ist seit September 2023 in Kraft.
Reaktion des bayerisches Sozialministeriums
Das bayerische Sozialministerium teilte am Samstag mit, zum Zeitpunkt Ende Juli 2025 seien Mittel in Höhe von über 112.000.000 Euro bewilligt worden. "Diese Förderung bzw. die Bewilligungen setzen sich aus der Investitions- und der Ausstattungsförderung entsprechend dem Förderprogramm zum Ganztagsausbau in Bayern zusammen", so ein Pressesprecher des Ministeriums.
Mit dem sogenannten Werkzeugkasten der Ganztagsangebote hätten die Kommunen in Bayern volle Flexibilität. Sie könnten frei entscheiden, welches Angebot sie schaffen und eine entsprechende Förderung bei Freistaat beantragen. Hierzu würden die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe (Hort, Kombieinrichtungen) und die schulischen Angebote (offener Ganztag, gebundener Ganztag und Mittagsbetreuung) zählen. Bei Fragen zu den schulischen Angeboten für Grundschulkinder stünden die Ganztagskoordinatoren an den Bezirksregierungen zur Verfügung. Die Ganztagskoordinatoren würden Kommunen, Schulen und Träger beraten, so das Sozialministerium.
Weiter teilte das Ministerium mit, schon jetzt besuchten mehr als die Hälfte der Grundschulkinder in Bayern ein Angebot am Nachmittag – einen Hort, die offene oder gebundene Ganztagsschule oder eine Mittagsbetreuung. Zum Schuljahr 2026/2027 träte der Rechtsanspruch auf ganztägige Bildung und Betreuung von Kindern im Grundschulalter dann schrittweise ab der 1. Klasse in Kraft.
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