Drei Tage nach dem tödlichen Bergunfall der früheren Top-Biathletin Laura Dahlmeier in Pakistan hat sich ihre Seilpartnerin Marina Krauss zu dem Unglück geäußert. In einer improvisierten Presserunde in der Stadt Skardu am Fuße des 6.069 Meter hohen Laila Peak, bei dem das ARD-Team Neu-Delhi zugegen war, schilderte Krauss den Hergang des tödlichen Unfalls.
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Sie selbst sei am Laila Peak im Karakorum-Gebirge bereits an der nächsten Abseilstelle gewesen, Dahlmeier sei nachgekommen, schildert Krauss. Die beiden Frauen hätten sich entschieden, umzudrehen – vor Erreichen des Gipfels.
Stein traf Laura Dahlmeier am Kopf
"Ich habe beobachtet, wie die Laura ein riesengroßer Stein getroffen hat und wie sie dann gegen die Wand geschleudert wurde", schildert die junge Frau sichtbar erschüttert. Sie habe gesehen, dass Dahlmeier am Kopf getroffen worden sei.
"Ich habe gerufen und es kam keine Reaktion"
"Und von dem Moment an hat sie sich auch nicht mehr bewegt. Und für mich war es auch nicht möglich, irgendwie da sicher hinzukommen." Sie habe einen Notruf abgesetzt. Krauss: "Sie hat sich nicht mehr bewegt, sie hat keine Anzeichen von sich gegeben. Ich habe (nach) ihr gerufen und es kam keine Reaktion." Für sie habe es keine Möglichkeit gegeben, Dahlmeier zu erreichen, ohne ihr eigenes Leben in Gefahr zu bringen. Nachdem sie alles versucht habe, begann sie mit dem Abstieg.
"Wenn wir eine halbe Stunde früher dran gewesen wären..."
Die Bedingungen im Vorfeld seien laut Wetterbericht gut gewesen, Krauss und Dahlmeier seien sich sicher gewesen, dass sie diese Route "technisch auf jeden Fall draufhaben". Doch im Laufe des Tages hätten sich die Bedingungen verschlechtert, der Schnee sei weicher geworden. "Wir haben uns vorzeitig, bevor wir den Gipfel erreicht haben, entschieden, umzudrehen. Wenn wir eine halbe Stunde früher dran gewesen wären, dann wären wir auch sicher runtergekommen."
Der Unfall ereignete sich am Montag auf 5.700 Metern Höhe – an einer ausgesetzten Stelle, mit Schnee und eisigen Temperaturen. Dahlmeier war mit ihrer Seilpartnerin im alpinen Stil unterwegs, das heißt Klettern wie in den Alpen; die Verpflegung und die gesamte alpine Ausrüstung werden selbst mitgeführt. An der Suche beteiligte sich auch der Profibergsteiger Thomas Huber, der bei dem Interview in Skardu ebenfalls anwesend war.
Thomas Huber: Laura war ein "Bergmädel"
Thomas Huber sagte, dass er im Vorfeld mit den beiden Bergsteigerinnen in Kontakt gewesen sei, weil sie Erfahrungen brauchten. "Ich weiß aber von Laura, dass sie immer nur von einem Berg geschwärmt hat, und das ist der Laila Peak. Das ist ein wunderschöner Berg", sagte Huber mit heiserner Stimme. "Ich bekam auch Nachrichten von Laura, dass sie die beste Zeit hatten am Berg." Laura sei ein "Bergmädel" gewesen. "Wenn sie in die Berge geht, hat sie gestrahlt." Er habe sich "so gefreut für sie", dass sie nun an ihrem Traumberg gewesen sei.
Die beiden Frauen hätten alles richtig gemacht, betonte Huber. Sie seien "Instinktmädchen" gewesen, hätten sich vor dem Gipfel zum Umkehren entschieden. "Nicht der Gipfel ist das Ziel, sondern das Leben", so Huber. Auch Marina Krauss habe nach dem Unfall alles richtig gemacht. Huber, der selbst gerade auf einer Expedition in Pakistan unterwegs ist, sagte, er werde nun zurück zu seinen Bergpartnern gehen. "Ich weiß, es werden viele nicht verstehen, was ich tue, aber Laura, die versteht das", sagte Huber. "Man muss es akzeptieren, wir sind vielleicht ein bisschen anders gestrickt."
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Thomas Huber
US-Bergsteiger Marvell: Bergsteigen ist gefährlich
US-Bergsteiger Jackson Marvell, der ebenfalls dem Rettungsteam angehörte und mit dem Hubschrauber des pakistanischen Militärs über die Unglücksstelle geflogen ist, sagte, Bergsteigen sei gefährlich. "Wir alle hoffen, dass sowas nicht passiert, aber es passiert." Es gebe auch bei den besten Bergsteigern und trotz des besten Equipments immer wieder Unfälle.
Dahlmeiers Leichnam wird vorerst nicht geborgen
Die Leiche von Dahlmeier konnte wegen der schwierigen Bedingungen nicht geborgen werden.
Bergsteigen und Klettern waren Dahlmeiers große Leidenschaft. Die 31-Jährige war staatlich geprüfte Berg- und Skiführerin, aktives Mitglied bei der Bergwacht und galt als erfahrene und risikobewusste Bergsteigerin.
Mit Informationen von dpa
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