Jung trifft auf Alt in der Pfarrei "Zu den heiligen 14 Nothelfern" im Münchner Stadtteil am Hart. Denn Gemeindereferentin Ina Hofstaedter hat ihre Firmlinge heute zum Singen mit Senioren eingeladen. Während Hofstaedter jede einzelne Person begrüßt, schenken die neun Firmlinge bereits Kaffee aus und kommen mit den älteren Menschen ins Gespräch. "Gerade hier ist die Essenz des Berufes so spürbar", schwärmt die Gemeindereferentin.
Gemeindereferentinnen und -Referenten sind echte Allround-Talente
Von der Seelsorgerin bis hin zur Kirchenmanagerin: Hofstaedter ist als Gemeindereferentin vieles in einem. Sie führt Ehe- und Taufgespräche, bereitet Gottesdienste vor, ist aber auch Ansprechpartnerin für die Sorgen und Nöte innerhalb der Gemeinde. Seit Kurzem leitet die Gemeindereferentin sogar zwei Pfarrverbände im Münchner Norden. Vor allem in Zeiten des Priestermangels ist die Kirche auf nicht geweihte Seelsorger und Seelsorgerinnen wie Hofstaedter angewiesen. Alleine könne der Pfarrer es gar nicht mehr managen, sagt Hofstaedter.
Als Berufstätige, Mutter und Ehefrau, ist Hofstaedter an den Gemeindemitgliedern oft näher dran als Priester. Diese seien oft erhöht, quasi den Altar hinauf, beschreibt Pfarrvikar Martin Schubert die Situation. "Ohne sie könnten wir Kirche heute praktisch nicht mehr", betont der Priester mit Blick auf die Gemeindereferentinnen und -referenten.
Frauen als Unterstützung in der Seelsorge haben Tradition
Seit über 100 Jahren unterstützen Frauen katholische Pfarrer bereits bei ihrer Arbeit, als sogenannte Seelsorge-Helferinnen. Der Grund: Anfang des 20. Jahrhunderts zogen immer mehr Menschen in die Städte, weshalb sich viele Priester nicht mehr ausreichend um ihre Gemeindemitglieder kümmern konnten.
Die Stellung der Laien gegenüber den geweihten Priestern und Bischöfen wurde nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 – 1965) stärker. Nach der Würzburger Synode (1971 - 1975), die sich mit der Umsetzung der Beschlüsse beschäftigte, entstand der Beruf des Gemeinde- sowie des Pastoralreferenten.
Der Unterschied zwischen den beiden Berufen? Während für Pastoralreferenten ein Theologiestudium Voraussetzung ist, studieren Gemeindereferenten Religionspädagogik, sie beschäftigen sich mit der angewandten Theologie. In der Praxis sieht der Beruf in vielen Fällen aber gleich aus.
Erste Gemeindereferenten vor 50 Jahren
1975 kam es schließlich zum ersten Jahrgang, der im Erzbistum München und Freising die Ausbildung zum Gemeindereferenten abgeschlossen hat. 266 Gemeindereferenten und -referentinnen sind es heute, unter ihnen 45 Männer. Von der Krankenhausseelsorge bis hin zur Leitung von Pfarrverbänden: Die Aufgabenbereiche der Gemeindereferenten werden immer vielfältiger.
Wie unverzichtbar Gemeindereferenten in der Kirchenarbeit sind, betont auch Sabine Spangler, die im Erzbistum die Berufseinführung des Nachwuchses betreut. Ohne Gemeinde- oder Pastoralreferenten würde vieles in der Kirche fehlen, gerade aus diakonischer Sicht. "Beraten, Begleiten, das würde alles wegfallen, weil das Personal nicht mehr da ist", so Spangler. Priester würden reduziert auf ihre sakramentalen Handlungen. "Das sind eher Gottesdienst-Hopper, die von einer Pfarrei zu dem nächsten springen, aber für ihre Arbeit als Seelsorger gar keine Zeit mehr haben."
Sakramente spenden? Der Wunsch ist da
Eines dürfen Gemeindereferentinnen und -referenten aber weiterhin nicht: Sakramente spenden, also zum Beispiel trauen oder taufen. Doch genau das wollten viele Gemeindereferentinnen und -referenten, sagt Danijela Pöschl, Abteilungsleiterin der Gemeindereferenten im Erzbistum München und Freising. "Ich glaube, da gäbe es gute Möglichkeiten, dass die Kirche unsere Professionalität, unsere Ausbildung, unsere Charismen besser nutzt", sagt Pöschl. Schließlich werde das auch immer wieder aktiv von den Gemeindemitgliedern gewünscht. "Dir vertraue ich, kannst du mein Kind taufen", dies sei ein Satz, den Gemeindereferentinnen und -referenten immer wieder hörten, so Pöschl.
Im Video: 50 Jahre Gemeindereferenten
Sie sind Seelsorger, Religionslehrer und vieles mehr: Die Gemeindereferenten und -referentinnen in der katholischen Kirche.
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