Zu Beginn der Ferienzeit wird verstärkt für Hausnotrufe geworben – und immer mehr Menschen entscheiden sich für einen Vertrag. Hausnotrufe funktionieren als leicht zu bedienende Notrufarmbänder, -uhren oder -halsketten. Viele Familien wollen ihre Angehörigen während ihrer Abwesenheit daheim gut versorgt wissen. Auch Karl Weigt aus Augsburg hat seine Schwiegermutter vom Hausnotruf überzeugt. "Als sie mit 92 Jahren gebrechlicher wurde haben wir gesagt: Komm, das ist doch auch was für dich. Wenn wir mal unterwegs sind und du bist schwindelig, fällst hin", so Weigt.
Das Bayerische Rote Kreuz (BRK) versorgt in Bayern rund 75.000 Haushalte mit Notrufen, dafür sind rund 500 Mitarbeiter und ebenso viele Ehrenamtliche im Einsatz. Auch die Johanniter mit 35.000 und die Malteser mit 31.000 Kunden bieten ein breites Hausnotruf-Netz an. Das Angebot der Arbeiterwohlfahrt in Bayern ist besonders im Norden des Freistaats verankert, aktuell nutzen knapp 11.000 Menschen den Hausnotruf des Arbeiter-Samariter-Bund (ASB). Dazu kommen weitere private Anbieter wie beispielsweise Vitakt oder Luada.
Mit der Zahl Alleinlebender steigt der Bedarf
Die Nachfrage nach dem Service nehme seit Jahren kontinuierlich zu, erklärt Julia Eisenhut vom Landesverband der Johanniter-Unfall-Hilfe. "Etwa 70 Prozent der Verträge kommen über Angehörige zustande, ca. 30 Prozent über die Senioren selbst." Ein wichtiger Grund: Immer mehr Menschen leben alleine. Laut Mikrozensus 2024 gab es im Freistaat rund 2,7 Millionen Haushalte mit nur einem Bewohner. Matthias Neuf vom ASB ergänzt: "Der Bedarf an Hausnotrufsystemen steigt stetig. Im Juli hat allein der Regionalverband Coburg e.V. über 60 Neuanschlüsse getätigt. Diese Dienstleistung entlastet pflegende Angehörige, den Rettungsdienst und Hausarztpraxen. Wir sind oft das letzte Glied in der Kette und knüpfen für die Teilnehmer das soziale Netz."
Hausnotruf-Teams kommen ohne Blaulicht
Die Zentralen sind rund um die Uhr besetzt. Bei Alarm werden die Kunden entweder automatisch mit der Telefonzentrale verbunden oder zeitnah zurückgerufen. Bei großen Hilfsorganisationen sind Name, Adresse, Gesundheitszustand sowie die Kontaktdaten von Bezugspersonen hinterlegt. Viele Notrufe werden bei Stürzen ohne ernsthafte Verletzungen ausgelöst. Die Nutzerinnen des BRK-Hausnotrufs sind durchschnittlich 83 Jahre alt – mit zunehmendem Alter steigt die Gefahr, dass Seniorinnen nach einem Sturz nicht mehr alleine aufstehen können. Im Gespräch entscheiden qualifizierte Mitarbeitende sofort, welche Hilfe notwendig ist. Sie organisieren entweder einen Rettungswagen oder schicken speziell geschultes Personal, das Erste Hilfe leistet.
Nachfrage zeigt Lücken in der Versorgung
"Oft passiert es, dass Kunden den Anschluss zunächst nur für die Urlaubszeit ihrer Angehörigen nutzen möchten, sich dann aber entscheiden, dabei zu bleiben", erlebt Matthias Neuf vom ASB in Coburg. "Viele Hausnotrufnutzer finden keinen ambulanten Pflegedienst mehr. Zum Teil haben wir Kunden, die eigentlich nicht mehr zu Hause versorgt werden können, weil sie mehrmals am Tag stürzen, aber keinen Pflegeheimplatz bekommen."
In der Ferienzeit verschärft sich der ohnehin verbreitete Mangel an Fachkräften – es fehlen Kapazitäten bei mobilen Pflegediensten und Kurzzeitpflegeplätzen, um Angehörige zu entlasten. Das erklärt auch Wilhelm Horremann vom Malteser Hilfsdienst. "In den Pfingst- und Sommerferien konnten wir einen durchschnittlichen Zuwachs von 760 Anschlüssen im Monat verzeichnen." Doch er betont: "Noch leisten sich zu wenige Angehörige die Sicherheit, um unbesorgt in den Urlaub zu gehen und selbst wieder Kraft für die Betreuungsaufgaben schöpfen zu können."
Wichtig: Den passenden Hausnotruf-Anbieter wählen
Die Verbraucherzentrale München rät: Wichtig sei eine kostenfreie Beratung vor dem Vertragsabschluss. Simone Bueb von der Verbraucherzentrale: "Wenn Sie nur kurzfristig einen Vertrag bräuchten, dann müssen sie darauf achten, dass der keine Festlaufzeit hat, dass sie gut beraten werden, es gut eingestellt ist, und auch, dass der Anbieter vor Ort ist, regional ist das er schnell da ist und geschulte Fachkräfte hat, wenn einmal etwas passiert."
Ein Hausnotruf-Basispaket wird für Personen mit Pflegegrad von der Pflegekasse übernommen. Ein umfangreiches Hausnotruf-Paket, mit hinterlegtem Wohnungsschlüssel und geschulten Einsatzkräften vor Ort, kann bis zu rund 80 Euro monatlich kosten.
Kleine, günstigere Online-Anbieter stellen dagegen beispielsweise nur ein Notfallgerät und die Weiterleitung des Alarms zu Angehörigen oder der 112, also dem regulären Rettungsdienst, sicher. Wichtig sind auch die Vertragsklauseln: Für Anschluss, Geräte oder Fehlalarme berechnen einige Anbieter zusätzliche Kosten.
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