Eine Christusfigur in einer Kirche
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In Inkofen im Kreis Landshut lebt an Christi Himmelfahrt eine uralte Tradition wieder auf.
Bildrechte: BR/Fabian Schöpf
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In Inkofen im Kreis Landshut lebt an Christi Himmelfahrt eine uralte Tradition wieder auf.

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Himmlisches Theater: Wenn Jesus durchs Heilig-Geist-Loch fliegt

Himmlisches Theater: Wenn Jesus durchs Heilig-Geist-Loch fliegt

Aus Christi Himmelfahrt wird im niederbayerischen Inkofen ein echtes Spektakel. Hier fährt Jesus in der Kirche tatsächlich vor den Augen der Gläubigen zum Himmel auf. Eine uralte Tradition lebt wieder auf – nicht ganz ohne Risiken.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau - Der Süden am .

Die Anspannung ist groß zwischen Himmel und Erde. Der Mesner von Inkofen im Kreis Landshut, Paul Maier, schaut mit seinen beiden Helfern vom Dachboden der Pfarrkirche durch das sogenannte Heilig-Geist-Loch tief hinunter in den Kirchenraum. Langsam lassen sie ein langes Seil hinunter. Unten vor dem Altar steht die über 400 Jahr alte barocke Christusfigur von Inkofen. Die soll an Christi Himmelfahrt vor den Augen der Gläubigen wieder in den Himmel auffahren.

Gewisses Risiko bei der Himmelfahrt

Damit dieses Himmelfahrtskommando auch unfallfrei funktioniert, muss vorher nochmal geübt werden. Als das Heilig-Geist-Loch in der Kirchendecke vom Dachboden aus geöffnet wird, erklärt Paul Maier: "Das große Risiko ist, dass die Figur 400 Jahre alt ist und nicht mehr ganz neu. Und damit ihr nichts passiert, habe ich ihr hinten ein Gestell gemacht, damit er ein bisschen unterfangen ist. Und jetzt kann er da nicht mehr aus und jetzt könnte ihm nichts passieren." Betonung auf "könnte": Unten vor dem Altar wird das von oben heruntergelassene Seil an der barocken hölzernen Heiligenfigur eingehängt.

Alte Tradition in Inkofen

Seit rund 400 Jahren steigt Jesus einmal im Jahr aus dem Kirchenraum im niederbayerischen Labertal in den Himmel auf – doch seit den 1960er-Jahren dann vorübergehend nicht mehr.

Der aus Indien stammende, neue Pfarrer von Inkofen, Saju Thomas, ist schon viel herumgekommen in der Welt. Aber so eine Himmelfahrt hat auch er noch nie erlebt, und er lässt die Figur für die Test-Himmelfahrt unten vor dem Altar vorsichtig los: "Für mich ist das das erste Mal, dieses Erlebnis hier in Inkofen. So etwas habe ich noch nie gesehen oder gehört. Und ich bin so fasziniert, dass es so einen Brauch in unserem Land gibt." Es sei wichtig, so der Geistliche, dass man Glauben mit allen Sinnen erleben kann.

Himmelfahrt durch Muskelkraft

Ganz ohne menschliche Hilfe funktioniert diese Himmelfahrt nicht. Langsam steigt die Christusfigur im Kirchenschiff vor dem Altar auf und verschwindet durch das Heilig-Geist-Loch hoch ober in der Decke. Mesner Paul Maier und seine Helfer müssen mit Muskelkraft anpacken und dabei ganz genau aufpassen. In doppelter Hinsicht: "Dass das Seil nicht reißt. Und das Holz an der Kurbel ist auch nicht mehr das jüngste", sagt der Mesner, während er mit zwei Helfern die Christusfigur unsichtbar für die Kirchenbesucher nach oben zieht.

Glaube trifft Aberglaube

Und dann der vielleicht sogar wichtigste Moment: Wenn die Christusfigur das Heilig-Geist-Loch schwebt, schauen alle Gottesdienstbesucher ganz genau hin. "Weil aus der Richtung, in die der Auferstandene hinschaut, da kommen im kommenden Sommer die schweren Unwetter her", erklärt der Mesner. "Es ist zwar ein Aberglaube", sagt der Mesner, "aber die Menschen achten bis heute ganz genau darauf".

Nach erfolgreicher Auffahrt dann regnet es Blumenblüten das Heilig-Geist-Loch hinunter auf den Altar und die Gläubigen. Dann wird die Öffnung in der Kirchendecke wieder für ein Jahr verschlossen.

Tradition ist heute fast verschwunden

Bis zum 2. Vatikanischen Konzil (1962-1965), so Maier, gab es diese Himmelfahrten in vielen bayerischen Kirchen. Dann wurden sie aber weitgehend abgeschafft.

In Inkofen wurde die Auffahrt an Himmelfahrt auch dank des Bayerischen Rundfunks wieder belebt. Bei den Aufnahmen für das Zwölf-Uhr-Läuten vom BR im Jahr 2012 hatte Autor Christan Jungwirth den Mesner gefragt, was das für ein Loch sei oben in der Kirchendecke. "Dann hab ich erzählt, dass an Himmelfahrt da früher der Auferstandene raufgezogen wurde und das früher so Brauch war bis in die 1960er-Jahre", erzählt der Mesner. Als der BR-Autor dann fragte, warum das nicht mehr gemacht wird, dachte sich der Mesner: "Das könnten wir eigentlich wieder machen."

Und so ist auch die Himmelfahrt von Inkofen wieder auferstanden. Sie sorgt jedes Mal wieder an Christi Himmelfahrt für Andacht und Nervenkitzel in der Kirche.

Mittenwald hielt an Himmelfahrts-Brauch fest

In Mittenwald im Landkreis Garmisch-Partenkirchen zum Beispiel ist diese Art der Himmelfahrt sogar nie verschwunden. Dort wird Jesus bei seiner Auffahrt an Christi Himmelfahrt auch noch von zwei Engeln begleitet, berichtet uns die Pfarrsekretärin bei unseren Recherchen.

Im Inkofen sparen sie noch an den Engeln. Dafür hat der Pfarrer bei unserem Besuch angekündigt, dass er für kommendes Jahr ein neues Seil für die Auffahrt spendieren will. Und dann soll sogar der Bischof an Himmelfahrt in das kleine Inkofen im niederbayerischen Labertal kommen.

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Eine alte Tradition lebt wieder auf: In Inkofen "fliegt" die Christusfigur durch ein Loch in der Kirchendecke in den Himmel.

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