Sie sind trotz Regen gekommen. Auch wenn sich der eigentliche Grund für die Protestveranstaltung bereits erledigt hatte. Der süddeutsche Kampagnenauftakt eines österreichischen Desinformationskanals hätte an diesem Donnerstagabend (22.2.2024) in Greding stattfinden sollen. Doch aufgrund des öffentlichen Drucks war die Veranstaltung abgesagt worden. Dass sich in Greding trotzdem 80 Menschen zu einer Kundgebung versammelten, ist etwas Neues. Und hat mit den Entwicklungen der letzten Wochen zu tun.
Ausländerfeindliche Gesänge nach AfD-Parteitag
"Es war jetzt einfach zu viel", sagt Thomas Schmidt, CSU-Stadtrat in Greding. Seit rund sieben Jahren schon versammelt sich die AfD regelmäßig zu Parteitagen in der mittelfränkischen Kleinstadt. Doch beim letzten Mal, Mitte Januar, waren Parteitagsteilnehmer in einer Gredinger Disco mit ausländerfeindlichen Gesängen aufgefallen.
Die AfD radikalisiere sich, sagt er. Dass nun auch noch ein rechter Sender in Greding aufgetreten wäre, war für ihn Motivation, auf die Straße zu gehen. "Verschwörungsmythen mit sehr oft antisemitischem Hintergrund gehen mir sowas von gegen den Strich", sagt Schmidt.
"Greding ist bunt" gewinnt Unterstützer
Organisiert hat die Kundgebung "Gegen rechte Verschwörungstheorien - für eine aufgeklärte Gesellschaft" die kleine Initiative "Greding ist bunt". Schon beim ersten Parteitag der Bayerischen AfD im Jahr 2017 war sie am Start. Allerding oft nur mit kleinem Zuspruch. "Wir sind eigentlich bisher nur ein Freundeskreis", sagt Manuela Beck. Doch nach den jüngsten Vorfällen in der Disco war für sie klar, dass "etwas passieren muss". Sie organisierte eine Info-Veranstaltung zu Rechtsextremismus und rechten Mediennetzwerken in der kleinen Stadt mit 4.000 Einwohnern. Zu dem Vortrag am vergangenen Wochenende (17.2.) kamen etwa 100 Menschen, der Saal war voll.
Gespräch mit dem Bürgermeister Gredings
Anfang der Woche hatte sich die Initiative "Greding ist bunt" mit Gredings Bürgermeister Manfred Preischl (Freie Wähler) zu einem Gespräch getroffen. Dies sei sehr konstruktiv gewesen, sie sei mit vielen Erkenntnissen aus dem Rathaus herausgegangen, sagt Manuela Beck. Und Bürgermeister Preischl erklärte dem Bayerischen Rundfunk, er könne sich vorstellen, dass man für künftige Äußerungen mit "Greding ist bunt" an einer Seite stehe. Auch das ist neu. Bisher hatte Bürgermeister Preischl gebetsmühlenartig betont, dass der Stadt gegen die AfD-Veranstaltungen im Gredinger Hippodrom "die Hände gebunden" seien.
Stadträte und Gredinger Migranten bei der Kundgebung
"Mir ist jetzt wichtig, dass wir was machen“, sagt CSU-Stadtrat Thomas Schmidt bei der Kundgebung. Die AfD sei in vielen Bundesländern schon als verfassungsfeindlich eingestuft. "Und nach den Entgleisungen in Gredingen, ist es für mich wichtig und in Ordnung, auf der Straße zu stehen“, sagt er vor den vielen Regenschirmen. Der Turn- und Sportverein Greding und die Kolpingfamilie waren ebenfalls mit Redebeiträgen vertreten. "Es ist wichtig, dass die Leute jetzt nicht mehr nur zugucken“, sagt der Gredinger Nedim Dönmez dem Bayerischen Rundfunk. "Wir sind für Freiheit und Zusammenleben, und wollen uns das auch nicht nehmen lassen".
"Wir Ausländer haben Angst"
Dass in Greding "Ausländer raus“ gegrölt wurde, habe ihn schon verletzt, sagt Süleyman Usta. "Wie oft soll man noch beweisen, dass man integriert ist?“, sagt er. Die Familie sei in Greding aufgewachsen, Brüder und Schwestern hätten Firmen gegründet. "Wir haben wirklich bisschen Angst, was in der Zukunft passiert“, sagt Süleyman Usta. Wenn man sehe, wie die AfD in die Parlamente einziehe, mache man sich schon seine Gedanken. "Es ist höchste Zeit, aufzustehen und zu sagen, bis hier hin, aber nicht weiter“. Usta will sich an nächsten Aktionen von "Greding ist bunt“ beteiligen.
Stadtratsparteien unterstützen die Kundgebung
Auf dem digitalen Flyer für die Kundgebung am Donnerstag sind immer neue Logos dazugekommen. Die Freien Wähler und die CSU, FDP und SPD Greding, der Kreisverband der Grünen. Veranstalterin Manuela Beck zeigte sich mit der Kundgebung am Marktplatz sehr zufrieden. "Wir haben einige neue Leute dazu gewonnen und einige Kontakte geknüpft", sagte sie dem Bayerischen Rundfunk. "Wenn man sieht, wie viel Unterstützung es inzwischen gibt, geht man positiver in die Zukunft", so Beck. Und CSU-Stadtrat Thomas Schmidt hofft auf ein Einsehen des Eigentümers der Veranstaltungshalle Hippodrom. Er vermietet den Saal an die Bayerische AfD. "Vielleicht können wir dem Betreiber deutlich machen, dass wir es wirklich nicht mehr wollen“.
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