Die reiche Großstadt Ingolstadt, mit finanziellen Rücklagen in Millionenhöhe – diese Zeiten sind vorbei. Im Gegenteil, die Finanzkrise verschärft sich. Schon vor zwei Jahren war klar, dass Ingolstadt massiv sparen muss. Doch seitdem verschlechterte sich die Lage immer weiter. Nun steht fest: Im kommenden Jahr 2026 kann die Audi-Stadt erstmals in ihrer Geschichte keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Die Lage sei dramatisch wie nie zuvor, heißt es von Seiten der Stadt.
Ingolstadt bricht wegen Autokrise Gewerbesteuer weg
Als die Automobilindustrie boomte, flossen hohe Gewerbesteuereinnahmen in die Stadtkasse. In Spitzenzeiten, wie beispielsweise 2012, verzeichnete Ingolstadt Einnahmen in Höhe von 242 Millionen Euro an Gewerbesteuer. Hauptzahler ist der VW-Konzern, über den fließt die Steuer von Autobauer Audi in die Stadtkasse.
Doch die deutsche Automobilindustrie steckt in der Krise. Die Gewerbesteuer in Ingolstadt bricht massiv ein. Lediglich mit 70 Millionen Euro für 2026 rechnet die Stadt aktuell. 150 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen wären für die Stadt auskömmlich, erklärte ein Sprecher der Stadt. Eine schnelle Besserung sei aber nicht in Sicht, so Oberbürgermeister Michael Kern (CSU).
Viele Großstädte in Finanznöten
Neben den drastisch sinkenden Einnahmen steigen in Ingolstadt die Ausgaben bei Personal und Sachkosten. Nun kann Ingolstadt keinen ausgeglichenen Haushalt für das nächste Jahr vorlegen. Damit ist die oberbayerische Großstadt nicht allein. Aus einer Umfrage des Deutschen Städtetags Anfang des Jahres ging hervor, dass von den 100 Großstädten, die teilgenommen haben, 37 Prozent keinen ausgeglichenen Haushalt mehr vorlegen können. Weitere 47 Prozent schaffen es nur, indem sie auf finanzielle Rücklagen zurückgreifen.
Doppelt so viel sparen wie gedacht?
Für Ingolstadt bedeutet das: Sparen, wo immer es geht. Bislang gingen die Verantwortlichen davon aus, dass man in den Jahren 2026 bis 2028 pro Jahr rund 30 Millionen Euro einsparen muss, und hatten schon erste Sparmaßnahmen getroffen – wie sozialverträglicher Stellenabbau in der Verwaltung und Kürzungen bei Vereinen und Kultur.
Doch das wird nicht reichen. Aktuell geht die Stadt davon aus, dass sie 60 bis 80 Millionen pro Jahr sparen muss. Mehr als doppelt so viel wie gedacht. Laut Oberbürgermeister Kern muss daher nun alles auf den Prüfstand: auch die anstehenden Großprojekte.
Zahlreiche Großprojekte auf dem Prüfstand
Die Sparmaßnahmen treffen Ingolstadt hart. Denn gleichzeitig warten Millionenprojekte, die eigentlich dringend in Angriff genommen werden müssten. An zahlreichen Ingolstädter Schulen stehen Sanierungen oder Erweiterungen an, die man schon im Juli priorisiert und teilweise verschoben hatte.
Dazu kommen die Pläne für das Stadttheater: Vorgesehen war, nach einer Planungszeit von über zehn Jahren, bei der Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes voranzukommen. Das Gebäude aus den 1960er-Jahren gilt als dringend renovierungsbedürftig. Viele technische Anlagen stammen noch aus der Zeit der Eröffnung und sind heute weder instandzuhalten noch betriebssicher. "Die Betriebserlaubnis läuft 2027 aus. Eine grundlegende Sanierung ist daher nicht nur sinnvoll, sondern zwingend notwendig", betont OB Kern noch im Juli. Doch wie es nun weitergeht, ist noch offen.
Ein weiteres Millionenprojekt ist der laufende Bau des MKKD, des Museums für Konkrete Kunst und Design. Man wolle keine Bauruinen, betont Stadtkämmerer Franz Fleckinger.
Sparen bei freiwilligen Leistungen
Auch die freiwilligen Leistungen sollen nochmal auf Einsparpotenzial geprüft werden. Dort hatte die Stadt bereits gekürzt. Dazu zählen beispielsweise der Betrieb von Museen, Theatern und die Förderung von Sportvereinen, Musikschulen und Stadtbibliotheken. Bereits im April berichteten die Verantwortlichen der Kammerphilharmonie Ingolstadt (früher Georgisches Kammerorchester) von drastischen Kürzungen im Etat, was weniger Konzerte zur Folge hatte. Ähnlich ergeht es dem Intendanten des Stadttheaters, Oliver Brunner: "Bei allen Planungen überlege ich genau: Leiste ich mir das? Kann ich mir das leisten? Da ist ein Filter im Kopf." Im Sportbereich wurden die Zuschüsse zu Energie- und Wasserkosten gekürzt. Außerdem sank bereits die Vereinspauschale.
Konkrete Entscheidungen, wo und wie hoch gespart werden muss, trifft der Stadtrat erst noch. Die Bürgerinnen und Bürger in Ingolstadt müssen wohl mit höheren Gebühren, höheren Steuern und weniger städtischen Leistungen rechnen. Städtisches Personal soll allerdings nicht entlassen werden.
Dieser Artikel ist erstmals am 23. September 2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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