Es war die Eisenbahn, die, in diesem Fall mit der Fertigstellung der Strecke München – Salzburg, die Menschen in die Berge brachte und den ersten großen Boom des Bergsteigens auslöste. Also mussten Wege her und Hütten. So bestand das erste große Projekt der neuen Alpenvereinssektion Berchtesgaden 1875 darin, das Steinerne Meer mit Wegen zu erschließen. 35 Ehrenamtliche pickelten darum den Übergang über die Ramseider Scharte zurecht, ein bis dahin gefährlicher Pfad, den laut der Vereinschronik hauptsächlich Wilderer und Schmuggler benutzt hatten.
Wege- und Hüttenbau
Wildererpfade zu Wanderwegen, so lautete das Programm. Und oben in der Höhe wurden Hütten zusammengezimmert: Zuerst diente ein altes Forsthaus als Unterschlupf am Funtensee, nach mehrmaligen Umbauten wurde daraus das nach dem damaligen Sektionsvorsitzenden Kajetan Kärlinger benannte Kärlingerhaus. Vor über 20 Jahren wurde es dann mit Solaranlage und Abwasserklärung auf einen modernen Stand gebracht. Fünf Hütten und 250 Kilometer Wege betreut die Sektion Berchtesgaden heute in ihrem weitgefächerten Arbeitsgebiet. Darunter beliebte Routen wie der Mandlgrat auf den Hohen Göll, den der legendäre Bergführer Franz Rasp 1982 in der Bergsteigersendung des BR als alpinen Klassiker vorgestellt hat, der perfekt der Natur angepasst und "mit Liebe ins Gelände gelegt wurde".
Frühe Stationen der Naturschutzgeschichte
Schon 1910 beginnt mit einem sogenannten "Pflanzenschonbezirk" auch die alpine Naturschutzgeschichte in den Berchtesgadener Alpen. 1920 kam das erste Naturschutzgebiet dazu. Aus dieser Keimzelle ist dann 1978 der einzige Alpennationalpark Deutschlands entstanden. Prominente Sektionsmitglieder wie Profikletterer Thomas Huber von den Huberbuam haben beispielsweise am Kletterkonzept im Nationalpark mitgearbeitet, um Bergsport und Naturschutz auszubalancieren. Trotz Sperrung einiger Gebiete blieben den Bergsportlern genug Felswände fürs ganze Leben, so Thomas Huber.
Der Watzmann
Und die berühmteste Felswand steht natürlich mittendrin und ist durch zahlreiche Bergmenschen intensiv mit der DAV-Sektion durch ihre gesamte Geschichte verbunden. Johann Grill, nach dem Hofnamen Kederbacher genannt, stieg 1881 als erster durch die Watzmann-Ostwand und wurde erster offizieller Bergführer Deutschlands. Genauso wie die Bergrettung war auch das Bergführerwesen anfangs Sache des Alpenvereins. 1890 muss der Kederbacher den ersten Toten bergen, einen jungen Münchner. Nach dem Absturz wurde den Berchtesgadener Bergführern die Durchsteigung der Wand bis 1909 verboten.
Bei einer Führung am Neujahrstag 1988 stürzte Franz Rasp mit einem Gast in der Watzmann-Ostwand tödlich ab. 297 Mal war er bis dahin erfolgreich durchgestiegen. Den Beinamen "Watzmann-König" trägt heute indes ein anderes Sektionsmitglied, Heinz Zembsch, mehr als 400 Mal ist er hinaufgeklettert; beim ersten Mal am Seil von Franz Rasp, nachdem er sich mit 14 Jahren zu Hause in Regensburg vom Balkon abgeseilt hatte und zur Ostwand ausgebüxt war.
Mit Leib und Seele für die Berchtesgadener Berge
Vom jugendlichen Ausreißer zum Watzmannkönig und zu einem prominenten Mitglied der DAV-Sektion, die eine Reihe bekannter Namen versammelt. Sie erscheinen verwegen, kantig, wild – aber sie tragen das Herz am rechten Fleck, so lässt sich die Mentalität vieler der Berchtesgadener Bergmenschen beschreiben. So ist die Alpenvereinssektion Berchtesgaden über ihre Mitglieder mit den Bergen verwachsen. Auch die einst jüngste Bergführerin Deutschlands, Nina Schlesener, zählt zu den bekannten Gesichtern der Sektion. In ihren Tourenführern hat sie ihr Bergheimatgefühl beschrieben, das sie auf ihren Touren erlebt. Und sei es manchmal so kitschig, dass sie glaube, sie sei in einem Heimatfilm unterwegs.
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