ARCHIV - 21.09.2019, Bayern, München: Besucher stoßen auf dem Münchner Oktoberfest mit Bier an. (zu dpa: «Bier schon ab 14? «Begleitetes Trinken» auf dem Prüfstand») Foto: Matthias Balk/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Deutschland bei Alkohol "Hochkonsumland"

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Lauterbach gegen "betreutes Trinken" für unter 16-Jährige

Lauterbach gegen "betreutes Trinken" für unter 16-Jährige

"Betreutes Trinken" – so heißt manche Kneipe ironisch. Wenn jedoch Bundesgesundheitsminister Lauterbach davon spricht, meint er Alkoholkonsum durch unter 16-Jährige in Begleitung ihrer Eltern. Von der Ausnahmeregelung hält der Minister gar nichts.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

In Deutschland wird weltweit mit am meisten Alkohol getrunken. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hervor. Rechnerisch trank in Deutschland 2019 demnach jeder, der über 15 Jahre alt ist, etwas mehr als zwölf Liter Reinalkohol. Weltweit lag der Konsum im Schnitt bei 5,5 Litern. Neuere Daten hätten aufgrund der Corona-Pandemie nicht zuverlässig ausgewertet werden können.

Gerade für Jugendliche birgt Alkohol erhebliche gesundheitliche Gefahren. Deshalb sollten unter 16-Jährige, wenn es nach Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geht, gar nichts trinken. Auch nicht, wenn die Eltern dabei sind und ihr Ja zu einem Glas Bier oder Wein geben.

Jugendschutzgesetz erlaubt Alkohol unter Aufsicht

Genau das erlaubt bislang das Jugendschutzgesetz (externer Link): 14- bis 16-Jährige dürfen, sofern ein Elternteil dabei ist und es erlaubt, in der Öffentlichkeit Wein oder Bier trinken. Dazu zählt etwa ein Bier beim Essen im Restaurant. Ansonsten dürfen sie in der Öffentlichkeit weder Alkohol trinken noch welchen kaufen. Erst ab 16 bekommen sie legal Wein und Bier im Handel, hochprozentigen Alkohol erst ab 18 Jahren.

Gesundheitsminister gegen "begleitetes Trinken"

Für Lauterbach ist die Lage eindeutig: "Aus gesundheitspolitischer Sicht kann es zu diesem Thema keine zwei Meinungen geben. Das sogenannte 'begleitete Trinken' sollte untersagt werden." Denn die Anwesenheit von Erwachsenen ändere nichts daran, dass Alkohol für Kinder schädlich sei, sagte der Gesundheitsminister den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.

Ähnlich wie Lauterbach sieht das auch die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU). Gerlach fordert ebenfalls ein Aus für die bisherige Ausnahmeregelung. Denn diese ergebe mit Blick auf die Präventionsziele keinen Sinn.

Auch die WHO ist in ihrer Einschätzung eindeutig und nennt Alkohol "eine toxische, psychoaktive und süchtig machende Substanz". Zwar gehe der Alkoholkonsum insgesamt zurück. Die WHO empfiehlt dennoch: "Weniger ist mehr." Denn einen risikofreien Alkoholkonsum gebe es nicht.

Zuspruch von Suchtberatungsstellen

Zuspruch für Lauterbachs Pläne gibt es ebenso von der Organisation "Blaues Kreuz München e. V", die Suchterkrankte und Angehörige unterstützt. Sie koordiniert etwa 70 Selbsthilfegruppen im Münchner Raum und bietet Präventionsangebote an Schulen. Er habe gejubelt, als er von Lauterbachs Verbots-Plänen gehört habe, sagte Sprecher Norbert Gerstlacher dem BR. Gerstlacher verweist auf die Risiken von Alkohol gerade für junge Menschen. "Alkohol ist ein Nervengift und kann gerade bei jungen Menschen Schädigungen des Gehirns verursachen", betont er.

Wie der Alkohol die Gesundheit schädigen könne, werde zu wenig thematisiert, kritisiert Gerstlacher. Zwei weitere Punkte sind aus seiner Sicht ebenfalls problematisch: Trinken unter 16-Jährige mit ihrer Familie in einer angenehmen Situation Alkohol, werde der Konsum für sie positiv besetzt. Dann könne es später naheliegen, zu Alkohol zu greifen, um dieses Gefühl zu reproduzieren. Und: Je früher junge Menschen trinken dürften, desto eher stelle sich ein Gefühl von Normalität ein. Mit 14 trinken zu dürfen, könne außerdem einen Eindruck von "Willkommen in der Erwachsenenwelt" vermitteln.

Für Gerstlacher ist klar: Die Sondererlaubnis für 14- bis 16-Jährige sollte abgeschafft und darüber hinaus vielmehr für die Risiken und Gefahren von Alkoholkonsum sensibilisiert werden. Denn das komme oft zu kurz, auch in der Familie.

Jugendlichen seltener mit Alkoholvergiftung in Klinik

Das Statistische Bundesamt stellte in den vergangenen Jahren mit Blick auf den Alkoholkonsum von Jugendlichen aber auch eine positive Entwicklung fest: So sank zum dritten Mal in Folge die Zahl der Jugendlichen, die zu viel getrunken hatten und mit einer akuten Alkoholvergiftung im Krankenhaus behandelt werden mussten. 2022 waren das demnach etwa 11.500 junge Menschen zwischen zehn und 19 Jahren. Das waren zwar nur 1,3 Prozent weniger als 2021, aber 43,1 Prozent weniger als vor der Pandemie im Jahr 2019.

Ebenfalls als positive Entwicklung hält die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in ihrem Bericht "Ergebnisse des Alkoholsurveys 2018 und Trends" (externer Link) fest: "Immer weniger 12- bis 17-jährige Jugendliche haben schon einmal Alkohol getrunken." Auch der regelmäßige Alkoholkonsum in der Altersgruppe seit zuletzt zurückgegangen.

Kampagne "Kenn dein Limit" will auch Eltern Aufklären

Mit der Kampagne "Alkohol? Kenn dein Limit" will die Bundeszentrale junge Menschen über die Folgen und Risiken von Alkoholkonsum aufklären. Und so zu einem maßvollen Umgang – oder dem Verzicht – ermuntern. "Mindestens bis zum Alter von 21 Jahren erfolgen im Gehirn wichtige Umbauprozesse, die durch Alkohol gestört werden können. In dieser Zeit kann Alkohol schon in kleinen Mengen erheblichen Schaden anrichten", heißt es.

Die Kampagne zielt auch auf die Eltern - konkret empfehlen ihnen die Experten etwa, mit ihren Kindern Gespräche auf Augenhöhe über Alkohol zu führen und ein gutes Vorbild zu sein. Das bedeute zum einen, selbst nicht zu viel zu trinken und Gästen nicht ständig Alkohol anzubieten. Weiter sollten sie ihr Kind "nicht auf die Anklagebank" setzen, wenn es Alkohol trinke. Statt das Kind mit Vorwürfen zu überhäufen, sollen Eltern besser die eigenen Sorgen formulieren. Ein weiterer Tipp: Nachfragen, aus welchen Gründen die Kinder trinken und darüber sprechen. Für zu Hause empfehlen die Experten klare Regeln zum Umgang mit Alkohol und ein "absolutes Alkoholverbot", bis das Kind 16 Jahre alt ist.

Wer sich über den eigenen Alkoholkonsum, den der Kinder oder der Eltern Gedanken macht, kann sich beispielsweise an eine Familien- oder Erziehungsberatungsstelle wenden. Hilfe bei Alkoholproblemen bieten zudem Suchtberatungsstellen. Viele ermöglichen auch eine niedrigschwellige, anonyme Unterstützung per Mail, Chat oder Telefon.

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