Auch wenn der Sommer gerade eine kleine Pause einlegt – es ist heiß und trocken. Die Trockenheit in Bayern wird nach Angaben des Augsburger Klimaforschers und Hydrologen Harald Kunstmann zunehmend zum Problem. "Wir haben bayernweit flächendeckend niedrige bis sehr, sehr niedrige Pegelstände. Und sehr niedrig bedeutet: Wir haben tatsächlich eine sehr, sehr problematische und anomale Pegel-Situation in Bayern im Moment." Kunstmann ist ein ruhiger, besonnener Wissenschaftler. Seit vielen Jahren forscht der gebürtige Nürnberger an der Universität Augsburg als Klimaforscher und Hydrologe zu den Folgen des Klimawandels. Die derzeitigen Pegelstände an Bayerns Flüssen und Seen aber bereiten ihm Sorge, sie liegen teils deutlich unter den niedrigsten Ständen der Vorjahre.
Vielfältige Gründe für niedrige Pegelstände
Die Gründe dafür sind vielfältig und bedingen sich zum Teil gegenseitig. Zum einen haben wir laut Kunstmann "nicht nur ein extrem hohes Niederschlagsdefizit schon seit dem Winter", durch "anomal hohe Temperaturen" stiegen auch der Wasserverbrauch und die Verdunstung deutlich an. Die hohe Bodenversiegelung verhindere zudem ein langsames Abfließen und vielerorts auch die Bildung von Grundwasser: "Diese Kombination führt dazu, dass wir tatsächlich eben diese sehr niedrigen Pegelstände haben."
Bewässerungsverbote, das "neue Normal"
Zwar regne es aktuell "ein bisschen", solange die Temperaturen aber weiter "rund ein bis zwei Grad über dem langjährigen Mittel liegen", werde dies laut Kunstmann aber zu keiner grundlegenden Verbesserung der Situation führen. Der Hydrologe rechnet daher mit einer dauerhaft anhaltenden Trockenheit, "zumindest bis August", mit vielfältigen negativen Folgen. Bewässerungsverbote für den eigenen Rasen und Befüllungsverbote für den eigenen Pool würden daher künftig eher die Regel als aktuell noch die Ausnahme.
Auswirkungen auf alle gesellschaftlichen Bereiche
Anders als etwa Starkregen oder Überschwemmungen hätten Dürre und Trockenheit dabei aber eher "stille Folgen: da sehen wir die Auswirkungen nicht so direkt", so Kunstmann. Trotzdem seien mit Wirtschaft und Landwirtschaft, der Ökologie aber auch Privathaushalten nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche von den Folgen der Wasserknappheit betroffen.
Nicht nur die Fische hätten Probleme, wenn ein Fluss trockenfalle, auch etwa Insekten und Pflanzen seien dann direkt betroffen. Außerdem seien nicht nur Land- und Forstwirtschaft vor Probleme gestellt und müssten mit Ertragseinbußen rechnen, auch die Wirtschaft stehe vor großen Herausforderungen. Vielerorts werde Flusswasser zur Kühlung etwa von Kraftwerken oder für Produktionsprozesse verwendet, fehlt es, drohen Verluste und damit letztlich Preiserhöhungen für den Verbraucher.
Wille zur Veränderung fehlt in Politik und Gesellschaft
Was dem Wissenschaftler fehlt, ist der grundlegende Wille zu breitflächigen Klima-Anpassungen, vor allem in der Landes- und Bundespolitik. "Was ich vermisse, ist, dass tatsächlich auch in der Landespolitik und der Bundespolitik die Ernsthaftigkeit letztlich übernommen wird, weil es ist tatsächlich auch nicht zum Spaßen. Klimaschutz wird immer noch leicht lächerlich gemacht", so Kunstmann. Letztlich seien es nämlich nicht mehr "nur die anderen", die vom Klimawandel betroffen sind: "Wir sehen ja aktuell wieder ganz deutlich, wie wir in Deutschland und auch in Bayern, in all unseren Regionen von den Auswirkungen betroffen sind."
Langfristig sei es notwendig, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, um die Klimaänderungen zu bekämpfen. "Hier haben wir in Deutschland viel erreicht. Wir müssen den Ehrgeiz aber auch aufrechterhalten", mahnt Kunstmann. Sonst würden Jahre mit trockenen Sommern einerseits und Hochwassern andererseits zum Normalfall werden.
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