Mehr als 39.000 Mandatsträger sucht der Freistaat bei den Kommunalwahlen im nächsten Jahr. Es gilt, Städte- und Gemeinderatsposten zu besetzen, es werden Bürgermeister und Kreistage gewählt. Gleichzeitig wollen immer weniger Menschen die Verantwortung für ein politisches Ehrenamt übernehmen. Der Bayerische Gemeindetag will das ändern - unter anderem mit einer Art Jobbörse für Kommunalpolitiker, die am Mittwoch in der Münchner Residenz stattfand.
Politisches Ehrenamt wird immer unbeliebter
Stadtrat Michael Schaller von der CSU weiß, warum viele zurückhaltend sind, wenn es um ein Amt als Kommunalpolitiker geht. "Man hat familiär zu tun, man hat beruflich zu tun und will sich das Ehrenamt dann nicht antun im wahrsten Sinne des Wortes", so Schaller. Er selbst schreckt vor der Aufgabe trotzdem nicht zurück: Schaller will bei den Wahlen im März 2026 Bürgermeister werden,
Tatsächlich werde es immer schwieriger, den Städte- oder Gemeinderat zu besetzen, sagt auch Doris Götz (SPD), Gemeinderätin aus dem fränkischen Güntersleben: "Es ist nicht nur einmal die Sitzung, es hängt viel mehr dran."
Das politische Klima in Deutschland verunsichert viele – das erleben auch Kommunalpolitiker. Manche berichten von einer zunehmenden Demokratiefeindlichkeit, die bis in die Städte und Gemeinden reicht. "Das häufigste ist, dass man angeblafft wird, weil man in einer 15.000-Einwohner-Stadt fast jeden kennt", sagt Stadtrat Schaller aus Burglengenfeld. Auch Gewaltandrohungen sei seine Partei schon ausgesetzt gewesen.
"Einer von uns" statt "die da oben"?
Dabei war es lange der persönliche Kontakt zu den Gewählten, der besonderes Vertrauen versprach: Kommunalpolitiker waren dadurch lange verschont geblieben von dem allgemeinen Vertrauensverlust in die Politik. Eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der Körber-Stiftung unter Stadt- und Gemeinderäten zeigt nun: Die wachsende Unzufriedenheit der Bürger mit ihren Repräsentanten in der Politik hat auch die Kommunen erreicht.
Der Umfrage zufolge wurde ein Viertel der ehrenamtlichen Kommunalpolitiker schon einmal wegen ihres Engagements beleidigt oder bedroht. Ebenso sei eine große Mehrheit besorgt wegen zu klammer Gemeindekassen. Damit könnten Vorhaben nicht umgesetzt werden – und das wiederum lasse das Vertrauen der Bürger in ihre unmittelbarsten Repräsentanten schwinden.
Herrmann: Entwicklungen, die wir ernst nehmen müssen
Bis zu den Kommunalwahlen in elf Monaten will Bayerns Innen- und Kommunalminister Joachim Herrmann (CSU) das Problem in den Griff bekommen: "Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die ihr Amt niederlegen und sagen 'Ich kann nicht mehr', das sind Entwicklungen, die wir schon ernst nehmen müssen", betonte der Minister in der Münchner Residenz.
Bei der Auftaktveranstaltung zur Kommunalwahl warb er für das politische Ehrenamt – und lobte es als Wurzel der Demokratie. Sie lebe davon, dass Freiwillige sich beteiligen. Doch "wenn wir auf dieser Ebene schon erleben, dass Menschen damit nichts mehr zu tun haben wollen, dann ist klar, dass sich das auf höheren Ebenen erst recht fortsetzt."
Immerhin: Wer sich für ein kommunales Amt in Bayern bewerben will, kann sich das noch in Ruhe überlegen. Wahlvorschläge können bis 59 Tage vor dem Urnengang gemacht werden – das wäre der 8. Januar 2026.
Im Video: Auftakt der Kommunalwahl in Bayern
Es gibt immer weniger Bürger, die bereit sind, sich in der Kommunalpolitik zu engagieren.
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