Die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach im Landtag
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Krankenhäuser: Gerlach warnt vor "Lauterbach'schem Desaster"

Krankenhäuser: Gerlach warnt vor "Lauterbach'schem Desaster"

Bayerns Gesundheitsministerin Gerlach warnt in einer Regierungserklärung vor den Folgen der Krankenhausreform des Bundes: Deren konkrete Folgen seien völlig unklar. Grüne und SPD werfen der Ministerin vor, Verantwortung abzuwälzen, statt zu handeln.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

In einer Regierungserklärung im Landtag hat die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) vollen Einsatz für eine flächendeckende Krankenhausversorgung in allen Regionen des Freistaats versprochen. Wenn in ländlichen Gebieten nach dem Metzger und Bäcker auch das Krankenhaus schließe, "besteht die Gefahr, dass diese Menschen sich abgehängt fühlen".

Bayern müsse überall lebenswert bleiben. Essenziell seien "leistungsfähige und gut erreichbare Krankenhäuser für alle", betonte Gerlach. Sie wolle dafür sorgen, dass diese Strukturen nicht durch "zentralistische Vorgaben aus Berlin gefährdet" werden. Die Staatsregierung werde ihre Unterstützung für Klinikträger und Kommunen intensivieren.

Gerlach beklagt "Blindflug"

Eine Krankenhausreform sei notwendig, sagte Gerlach. Das vom Bundestag kürzlich beschlossene Gesetz biete aber keine ausreichenden Antworten auf den Reformbedarf. Es bestehe die Gefahr, dass das Gesetz "zu einer Verschlechterung der Krankenhausversorgung führen wird". Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) habe angekündigt, dass es "ein paar Hundert Krankenhäuser weniger" geben werde und dies als "richtig" bezeichnet.

Die CSU-Politikerin betonte: "Ist das wirklich richtig so? Oder werden wir in zehn Jahren zurückblicken und es das Lauterbach'sche Desaster nennen?" Der Bundesminister wisse überhaupt nicht, was seine Reform mit den Krankenhäusern machen werde. Trotzdem habe der Bundestag dem Gesetz zugestimmt. Gerlach sprach von einem "Blindflug".

Sieben-Punkte-Plan für Krankenhäuser

Die Ministerin stellte klar, dass der Spielraum der Staatsregierung eingeschränkt sei. Der Freistaat betreibe - abgesehen von Universitätskliniken - keine Krankenhäuser. Er könne weder anordnen, wo welche Krankenhäuser stehen müssten, noch welche Leistungen sie jeweils anbieten müssten. Zuständig seien die kreisfreien Städte und Landkreise. Die Staatsregierung unterstützte sie aber "aktiv bei sämtlichen Zukunftsfragen".

Dafür gebe es ihren Sieben-Punkte-Plan, erläuterte Gerlach. Ziel sei, den Krankenhausträgern eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu geben: mit bayernweiten Daten über nötige und mögliche Leistungsangebote und über voraussichtliche Patientenzahlen in der Zukunft, mit Leitplanken zur unverzichtbaren Grundversorgung sowie mit regionalen Gutachten.

Im Video: Streit im Landtag über Zukunft der Krankenhäuser

Ein Schild mit der Aufschrift "Klinikum"
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Ein Schild mit der Aufschrift "Klinikum" (Symbolbild)

AfD verlangt Verfassungsklage

AfD-Gesundheitsexperte Andreas Winhart kritisierte, die Ministerin wolle jetzt Gutachten ohne Ende. "Sie hatten genug Zeit, diese Gutachten zu erstellen, um auf diese Lauterbach'sche Reform antworten zu können". Der Sieben-Punkte-Plan sei Symptomlinderung, aber keine Verbesserung für die bayerische Krankenhauslandschaft.

Winhart forderte eine Verfassungsklage. "Landeskrankenhausplanung ist Länderhoheit", sagte er. "Wir dürfen uns von einem Lauterbach nicht über Budget- und Taschenspielertricks reinreden lassen!"

CSU und FW: Kliniken auf dem Land schützen

Die CSU-Abgeordnete Tanja Schorer-Dremel betonte, Bayern habe als großes Flächenland andere Voraussetzungen als ein Stadtstaat oder das kleine Saarland. "Ein möglichst kurzer Anfahrtsweg ins Krankenhaus kann in Notsituationen lebensentscheidend sein." Sie lobte Gerlach dafür, "wie rasch Bayern nun reagiert und wie vorbereitet wir trotz des Ampel-Chaos sind".

Auch Freie-Wähler-Fraktionschef Florian Streibl warnte vor Folgen der Reform für Krankenhäuser im ländlichen Raum. Berlin sei auf dem Auge der gleichwertigen Lebensverhältnisse offensichtlich blind. Es dürfe keine Zweiklassengesellschaft in der medizinischen Versorgung geben. Deswegen sei Gerlachs Sieben-Punkte-Plan gut.

Grüne: Zu wenig

Grünen-Fraktionsvize Johannes Becher betonte, Krankenhaussteuerung sei Aufgabe der Länder. Wenn Gerlach Daten erheben wolle, stelle sich die Frage: "Auf welcher Basis hat denn bisher die Planung stattgefunden?" Im Sieben-Punkte-Plan stünden "banale Vorschläge".

In vielen Themengebieten rede die Staatsregierung mit, obwohl sie keine Regelungskompetenz habe, sagte Becher. "Aber wenn man dann einmal ein Themenfeld hat, wo man selber entscheiden kann, dann sagt man: 'Wir können nichts machen.'" Auf die Kommunen zu verweisen, sei zu wenig. Es sei Zeit für Entscheidungen.

SPD: Verantwortung nicht abwälzen

Ähnlich äußerte sich SPD-Gesundheitsexpertin Ruth Waldmann. "Sie sind der Entscheidungsträger, der sagen muss: Was braucht es wo?", rief sie der Ministerin zu. Statt die Verantwortung auf andere abzuwälzen, müsse die Staatsregierung handeln. Bayerns Städtetag habe bereits eine tragfähige Krankenhausplanung angemahnt.

Trotz vieler Betten gebe es auch im Freistaat unversorgte Regionen, kritisierte Waldmann. Eine Planung bleibe Gerlach weiter schuldig. Der Sieben-Punkte-Plan bestehe hauptsächlich aus Luftnummern.

Im Video: Interview mit Gesundheitsökonom Prof. Andreas Beivers

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Gesundheitsökonom Prof. Andreas Beivers

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